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Sechs Frauen über Netzwerke: „Trau dich!”

Viele Menschen empfinden Netzwerken als anstrengend und nervig. Wir haben sechs Frauen gefragt, wie Netzwerke Spaß machen können und wie wir von ihnen profitieren können.

Smalltalk mit Fremden oder Kolleg*innen, die einem sonst nur in Meetings oder auf dem Flur begegnen: Wie ist der richtige Gesprächseinstieg, wo finde ich die richtigen Anknüpfungspunkte? Für manche ist es ein Vergnügen, für viele ist es Stress: Netzwerken.  

Doch unser Erfolg hängt oft maßgeblich von unseren Kontakten ab. Auch im Privatleben brauchen wir Menschen um uns herum: ihre Ratschläge und Ideen, ihr offenes Ohr. Doch wie spinnt man sie, diese Netzwerke? Und wie vernetzen wir uns mit anderen, ohne dabei den Spaß zu vergessen?

Wir haben die Psychologin Stephanie Cuff-Schöttle, die Bundesministeriumsmitarbeiterin Patricia Carl, die Journalistin Sheila Mysorekar, die Bloggerin Alu Kitzerow, die Filmemacherin Sunju Choi und die Prädikantin Sarah Vecera nach Tipps und Erfahrungen gefragt. Sie haben uns von empowernden Netzwerken und von ihren eigenen Fehlern erzählt. Am Ende sind sie sich einig: Netzwerken kann Spaß machen, man muss sich nur trauen.

Stephanie Cuff-Schöttle

Foto: privat

Stephanie Cuff-Schöttle arbeitete als Psychotherapeutin bereits in Familien- und Erziehungsberatungsstellen und später auch im Pflegekinderdienst. Aufgrund ihrer eigenen lebenslangen Erfahrungen mit rassistischer Diskriminierung wechselte Schöttle später in eine Beratungsstelle für Menschen, die von rassistischer Gewalt betroffen sind. Zusammen mit ihrer Kollegin Alina gründete sie die Plattform Myurbannology, um Schwarze Menschen und People of Color in Deutschland zu vernetzen und einen virtuellen Wohlfühlort zu schaffen. 

Welche Netzwerke haben dein Leben oder deine Karriere beflügelt? 

„Auch wenn viele Menschen Facebook nicht mehr nutzen, ermöglicht es mir aber als Schwarze Frau, Mutter und Gründerin, mich mit den verschiedensten Gruppen aus der Community gut zu vernetzen. Durch meine selbst ins Leben gerufene Gruppe ,Schwarze Eltern weißgelesener/whitepassing Kids‘ habe ich beispielsweise die Möglichkeit, mich mit anderen Eltern auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen mit ihren Kindern in unserer Gesellschaft machen. Dadurch kamen auch schon mehrere stärkende Treffen zustande.

Durch meine Mitgründerin Alina – wir betreiben zusammen die Onlineplattform MyUrbanology – entstand auf Facebook die Gruppe ,Schwarze Businessfrauen Germany‘, in welcher wir uns mit vielen Frauen zu beruflichen Themen besprechen und auch für den Austausch unserer Diskriminierungserfahrungen in der Arbeitswelt einen Raum schaffen. Im Zuge dieser Vernetzung haben wir auch bislang drei Businesswomen-Events organisiert, die für mich und alle Beteiligten viele Möglichkeiten zur bereichernden Vernetzung geschaffen haben.

Durch meine Arbeit als Diplom-Psychologin, systemische Therapeutin und Paartherapeutin bin ich natürlich auch beruflich mit anderen Therapeut*innen vernetzt. Die Vernetzung in den zahlreichen Gruppen ermöglicht es mir vor allem zu lernen, andere Erfahrungen mitzubekommen, andere Perspektiven kennenzulernen und Bedarfe zu erfassen und dadurch wieder neue Angebote umsetzten zu können.“

Welche Fehler hast du beim Netzwerken gemacht? 

„Manchmal gab es die Situation, in denen ich mir selbst Druck gemacht habe, mich schneller vernetzen zu müssen. Ich habe dann aber schnell verstanden, dass oft dort Vernetzung passiert, wo man sie vielleicht garnicht vermutet, oder dass ich auch ein wenig Geduld haben muss. Mittlerweile nehme ich Abstand von dem ,Muss‘ und vertraue darauf, dass, wenn ich meine Herzensprojekte mit Liebe umsetze und diese Energie andere Menschen erreicht, ein Großteil der Vernetzung einfach aus der Sache heraus kommt und sich beflügelnd anfühlen muss.“

Wie muss ein Netzwerk funktionieren und aussehen, damit es Spaß macht und Erfolg bringt? 

„Ich glaube, dass es da nicht den einen Weg gibt. Ich habe Netzwerke, die derzeit ruhen, aber in denen alle wissen, dass wir uns gut und schnell zusammen mobilisieren können, um Projekte umzusetzen, wenn unsere Zeit gekommen ist. Dann bin ich aber auch Teil von Netzwerken, die nur online vernetzt sind. Aber sobald eine Frage oder ein Problem aufkommt, gibt es dort sofort Hilfe. Und ich bin auch offline Teil von Netzwerken, die kontinuierlich an einer Sache zusammenarbeiten und jede*r seinen*ihren Teil dazu beiträgt, dass die Treffen konstruktiv sind und Spaß machen.

Netzwerken und zusammen was bewegen wollen bedeutet für mich auch, einen langen gemeinsamen Atem haben zu müssen und das geht nur mit Humor, einer gemeinsamen Vision und dem Gefühl der Machbarkeit in kleinen Schritten. Das jede*r Raum hat, seinen*ihren Platz mit seiner*ihrer Expertise und Erfahrungsfeld und kleinen Handlungsmöglichkeiten zu finden.“

Was sind deine Tipps für Frauen, um erfolgreich zu netzwerken?

„Tut das, was ihr tut, mit Liebe, Leidenschaft und einem festen Vertrauen in euch. Wenn ihr das tut, gelingt es euch, diese Leidenschaft zu transportieren und das wirkt wie ein Magnet auf andere Personen, die auch Teil deines Feuers werden möchten, oder sich durch dich auch in ihrer Kraft gesehen fühlen. Dadurch können wunderbare gemeinsame Projekte entstehen!“

Patricia Carl-Innig

Foto: Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de

Patricia Carl arbeitet im Bundesministerum für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Seit 2013 ist sie Vorsitzende des Bundesverbands Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien e.V. Carl setzt sich für einen inklusiven Austausch zwischen Menschen ein.  

Welche Netzwerke haben dein Leben oder deine Karriere beflügelt? 

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„Die starken Frauen, die ich im Rahmen meines Engagementpreises (Goldene Bild der Frau 2014) kennenlernen durfte, sind ein herausragendes Netzwerk. Zu sehen, was andere auf die Beine stellen und wie sie sich gegenseitig unterstützen, empfinde ich als sehr motivierend. Darüber hinaus hat mir ein Business-Netzwerk im Gesundheitssektor (Transektoris) geholfen zu verstehen, wie die anderen Akteur*innen in dem Bereich ticken. Für mich als ehrenamtliche Vorsitzende eines kleinen gemeinnützigen Vereins ist das eine sinnvolle Sache. Und darüber hinaus natürlich weitere Netzwerke im Bereich Inklusion und Selbsthilfe. Gerade die Unterschiedlichkeit der Netzwerke hat mich persönlich weitergebracht.“

Welche Fehler hast du beim Netzwerken gemacht? 

„Beim Netzwerken im Ehrenamt entstanden schon mehrere gute Kooperationsideen. Ich ärgere mich, wenn ich dann im Alltag zwischen Beruf und Familie nicht die Zeit finde, diese Ideen aufzugreifen und konkret anzupacken.“ 

Wie muss ein Netzwerk funktionieren und aussehen, damit es Spaß macht und Erfolg bringt? 

„Es sollte unkompliziert zugänglich sein, ohne Gefahr zu laufen, oberflächlich zu sein. Es muss ausreichend interessant sein, um auch in stressigen Zeiten nicht in Vergessenheit zu geraten, aber gleichzeitig auch eine gewisse Ungezwungenheit vermitteln, so dass es die Beteiligten nicht unter Druck setzt. Am Ende muss es vor allem ehrlich sein. Wir kochen doch alle nur mit Wasser, lasst uns bitte weniger Schaum schlagen, oder auch mal zugeben, wenn die Prioritäten gerade woanders liegen.“ 

Was sind deine Tipps an Frauen, um erfolgreich zu netzwerken?

„Aus meiner Sicht wird das Netzwerken oft zu schematisch und profitorientiert betrachtet. Daher mein Tipp: Nicht nur strategisch kommunizieren! Das fällt auf und wirkt schnell unsympathisch. Jede Begegnung ist sinnvoll und sei es für die persönliche Erfahrung. Unabhängig davon schadet es aus meiner Sicht nicht, als verlässlich und authentisch wahrgenommen zu werden.“

Sheila Mysorekar

Foto: Zrinka Budimlija

Sheila Mysorekar ist Journalistin mit Aufenthalten in Jamaika, Indien, den USA und vielen Ländern Südamerikas. Sie ist Trainerin für konfliktsensitiven Journalismus und berät
Medien in Post-Konflikt-Staaten. Außerdem ist Sheila Mysorekar die erste Vorsitzende des Vereins Neue Deutsche Medienmacher*innen.

Welche Netzwerke haben dein Leben oder deine Karriere beflügelt? 

„Zwei Vereine, in denen ich mich (immer noch) engagiere: die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) und die Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM). Darüber hinaus: als Studentin in London gehörte ich einer Black Women’s Group an, die mir viele entscheidende Anstöße gegeben hat. Diverse Journalist*innenorganisationen kamen hinzu, waren für mich aber nicht so wichtig wie die NdM, deren Vorsitzende ich seit etlichen Jahren bin, und die ich mit ausgebaut habe. Bei den NdM war der Netzwerk-Gedanke immer sehr zentral – erfahrene Kolleg*innen in den Redaktionen helfen jüngeren Journalist*innen aus migrantischen Familien, in Medienberufen einzusteigen. Allein ist es für unsere Leute immer sehr schwer, deswegen ist Unterstützung wichtig.“

Welche Fehler hast du beim Netzwerken gemacht? 

„Es gibt keine Fehler beim Netzwerken – es nur so, dass manche Netzwerke dich weiterbringen und manche nicht, aber das ist nicht immer frühzeitig erkennbar. Oder es gibt welche, die letztendlich für den Beruf nichts bringen, aber über die du tolle Freund*innen gewonnen hast, und dann hat sich ja alles gelohnt.“

Wie muss ein Netzwerk funktionieren und aussehen, damit es Spaß macht und Erfolg bringt? 

„Für mich war es immer wichtig, mit Menschen zusammenkommen, die nicht nur den Job oder Karriere oder Erfolg im Kopf haben, sondern die auch menschlich in Ordnung sind. Reine Karrierenetzwerke können auch Haifischbecken sein; ich persönlich halte nichts davon. In politischen Zusammenhängen geht es oft um mehr als das eigene Fortkommen – da finden sich auch andere Leute zusammen. Ein erfolgreiches Netzwerk hat motivierte Mitglieder, die Zeit und Energie reinstecken, damit es funktioniert.“

Was sind deine Tipps an Frauen, um erfolgreich zu netzwerken?

„Leute direkt ansprechen, von denen du annimmst, dass sie deine Werte und Interessen teilen – auch wenn diese Leute älter oder bekannter sind. Egal; die freuen sich oft über das Interesse von jungen Leuten. Eher mal mit Menschen Kaffee trinken gehen als ihnen nur deinen Lebenslauf zu schicken: Persönliche Kontakte wiegen immer schwerer und sind auf lange Sicht viel wertvoller. Und sich auf keinen Fall entmutigen lassen!“ 

Alu Kitzerow

Foto: Konstantin Manthey

Alu Kitzerow ist Buchhändlerin, Bloggerin und Mutter. Auf ihrem Blog Große Köpfe schreibt sie seit 2012 gemeinsam mit ihrem Mann über das Leben als Eltern, darüber, wieso Kinder nicht immer systemkonform sein müssen, über Freund*innenschaft und das Familienleben in Berlin. Um Familien-Blogger zu vernetzen und sichtbarer zu machen, gründete sie das Netzwerk Blogfamilia

Welche Netzwerke haben dein Leben oder deine Karriere beflügelt? 

„Ich unterstütze seit sehr vielen Jahren die ,Digital Media Women‘ als Fördermitglied und finde den virtuellen Austausch sehr gut. Der Austausch ist wichtig für ein Netzwerk, und damit man auch mal ,doofe Fragen‘ stellen kann. Die Kolleginnen sind wirklich toll. Das Netzwerk ,3 Generation Ost‘ unterstütze ich auch gern, das ist aber (gefühlt) noch eher am Anfang und wächst langsam. Sehr inspirierend. Ganz neu bin ich Mitglied im Netzwerk von Kapitel21, dort hoffe ich auf spannenden Austausch mit vielen Zukunftsforscherinnen. Im Moment befinde ich mich sogar in Gründung eines neuen Netzwerkes nur aus Frauen. Die Energie ist toll, die Frauen sind sehr divers und es gibt viel zu tun. Ich freue mich drauf.“

Welche Fehler hast du beim Netzwerken gemacht?

„Ich bin ein sehr verbindlicher Netzwerktyp. Wenn du mich um Hilfe fragen würdest oder um Rat, ich wäre zur Stelle. Gleichzeitig hatte ich diese Erwartungen auch lange an andere. Viele netzwerken sehr unverbindlich ,Wir sollten mal telefonieren‘, ist der prägendste Satz für mich gewesen in den vergangenen Jahren. Ich musste also meine Erwartungen definitiv anpassen, denn nicht jedem*r liegt Verbindlichkeit und das muss man erst lernen.“

Wie muss ein Netzwerk funktionieren und aussehen, damit es Spaß macht und Erfolg bringt? 

„Ich finde, ein Netzwerk kann immer Spaß machen. Es ist spaßige Arbeit. Ich meine, was gibt es Schöneres, als zu teilen? Ich liebe es, interessante Menschen kennenzulernen, ihre Geschichten zu verfolgen und Synergien zu entwickeln. Das Wichtigste beim Netzwerken für mich ist ,Hab keine Angst‘. Angst ist ein*e schlechte*r Berater*in und wer Angst hat ,zu viel zu geben, zu viel zu wollen, zu viel zu denken, zu viel zu handeln, zu viel zu sein…‘, die Person kann sich nicht wirklich fallen lassen und ist dann vielleicht unentspannt im Erstkontakt.

Gerade erste Schritte im Netzwerk sind so wichtig, ich mag sie gern. Ein Netzwerk muss nicht physisch sein. Ich bin seit vielen Jahren in einem digitalen Netzwerk (Gruß an die Mädels mit M), das sich eigentlich noch nie gesehen hat und trotzdem steht das Netzwerk zusammen, digital und verbindlich.“

Was sind deine Tipps an Frauen, um erfolgreich zu netzwerken?

„Habe keine Angst. Trau dich. Sprich Menschen an, die dich inspirieren oder die du schon immer mal was fragen wolltest. Einige Chancen wiederholen sich nicht und wenn ich eines aus der Netzwerkarbeit gelernt habe, dann muss sogar der Spruch ,Lass uns mal telefonieren‘ (Aber ich habe doch gar nicht deine Nummer??) nicht das letzte Wort gewesen sein, denn wer klar formulieren kann, wer man ist, was man kann und was man möchte, der*die bleibt in Erinnerung und somit auch im internen Speicher.

Nutze die Netzwerke deiner Ausbildungsstätten, gerade mit Kolleg*innen aus einem ähnlichen Fachgebiet kann man stabile und langfristige Synergien aufbauen. Viel Erfolg.“

Sunju Choi

Foto: Ralf Jesse

Sunju Choi ist Autorin, Drehbuchlektorin und Filmemacherin. In ihrer Arbeit visualisiert sie Migrationserfahrungen und beschäftigt sich mit Themen wie Rassismus, Illegalisierung und koreanischer Migrationsgeschichte in Deutschland. Seit 2008 ist Choi Vorstandsmitglied des korientation e.V., ein Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven mit einem gesellschaftskritischen Blick auf Kultur, Medien und Politik.

Welche Netzwerke haben dein Leben oder deine Karriere beflügelt?

„Get organized! korientation, Neue deutsche Medienmacher und neue deutsche organisationen. Alle drei Organisationen haben mich unglaublich bestärkt und mich in meinem Bestreben unterstützt, mit Gleichgesinnten Rassismus zu bekämpfen und Vielfalt als Querschnittsthema zu denken und auf allen gesellschaftlichen Ebenen einzufordern. Tolle Menschen, die wahnsinnig gute Arbeit machen.“

Welche Fehler hast du beim Netzwerken gemacht?

„It’s not a love affair. Zu viel Emotionalität kann kontraproduktiv sein. Netzwerken heißt, Verbündete zu suchen und zu finden. Klar, es können aus der Netzwerkarbeit auch Liebschaften und/oder ernsthafte Beziehungen, aber auch Konflikte entstehen. Dennoch oder gerade deshalb: Der Fokus sollte unbedingt das gemeinsame Ziel und der Weg dorthin sein. Und das erfordert bereits genug Energie und Ressourcen. Wenn es mal knirscht, auf das Bauchgefühl hören. Wenn es nötig ist, rechtzeitig loslassen.“

Wie muss ein Netzwerk funktionieren und aussehen, damit es Spaß macht und Erfolg bringt?

„Burn for the same thing. Gemeinsame Ziele, im Idealfall, gemeinsame Projekte bringen alle nach vorn und können höllisch Spaß machen. Eine konkrete Idee entwickeln, diese zusammen umsetzen und bei der Umsetzung gemeinsam lernen und wachsen. Ein Team bilden, das sich gegenseitig ergänzen und unterstützen kann. Talk is cheap, action is much better.“

Was sind deine Tipps an Frauen, um erfolgreich zu netzwerken?

„Stay focused, dare more. Lass dich nicht beirren, vor allem nicht von Aufschneider*innen und Blender*innen, diese gibt es natürlich, wie überall. Lass dich nicht beirren, auch nicht von deinen eigenen Misserfolgen. Geh weiter. Habe keine Angst, zu forsch zu wirken oder zu sein. Reach out.“

Sarah Vecera 

Sarah Vecera ist Theologin und Religionspädagogin und arbeitet in der Vereinten Evangelischen Mission. Als Prädikantin leitet sie Gottesdienste und hält Predigten. Auf ihrem Instagram-Kanal gibt sie Einblicke in ihr Leben als berufstätige Mutter und wirft selbst einen Blick auf den deutschen Rassismus in ihrem alltäglichen Leben – auch den in der Kirche.

Welche Netzwerke haben dein Leben oder deine Karriere beflügelt? 

„Ich habe mir nie strategisch Netzwerke gesucht, um an meiner Karriere zu arbeiten. Da ich in der Kirche arbeite, klingt das Wort Karriere sowieso in meinem Kontext immer etwas merkwürdig. Ich hatte schon immer Ideale in meinem Leben, für die ich mit meinem Beruf eintreten wollte – an Karriere habe ich mir dadurch verboten zu denken. Mein Leben haben daher verschiedene formelle und informelle Netzwerke beflügelt, die ich mir lange Zeit meines Lebens allerdings nie weitsichtig gesucht habe.

Ich selbst komme aus einer Arbeiter*innenfamilie im Ruhrgebiet und sitze manchmal mit Leuten zusammen, die mit dem Goldlöffel im Mund geboren wurden und dann wiederum trinke ich abends ein Glas Wein mit Menschen, die vor ein paar Jahren noch auf Lesbos lebten und mit nichts nach Deutschland kamen. In beiden Personenkreisen verkehre ich völlig natürlich, mag die Menschen und befinde mich selbst irgendwo dazwischen.

Durch meinen Job bin ich eingebunden in ein globales Netzwerk von Kirchen in Afrika, Asien und Europa. Dieses Netzwerk beflügelt mich immer wieder und immer wieder neu. Mein Blick auf die Welt – die große und kleine um mich herum – wird ständig hinterfragt und geerdet.“

Welche Fehler hast du beim Netzwerken gemacht? 

„Vielleicht habe ich zu oft einfach auf mein Bauchgefühl gehört und zu wenig strategisch genetzwerkt in meinem Leben. Aber eigentlich wirken strategische Netzwerk-Menschen auch zu berechnend und unecht auf mich. Das gibt mir das Gefühl, dass es ihnen nicht um die Menschen, Beziehungen und letztendlich dann auch um echtes gegenseitiges Empowern geht. Es geht dann in erster Linie um einen selbst und das kann, meiner Ansicht nach, nicht funktionieren.“

Wie muss ein Netzwerk funktionieren und aussehen, damit es Spaß macht und Erfolg bringt? 

„Spaß- und erfolgsversprechend ist ein Netzwerk, wenn Menschen zusammenkommen und merken, sie können voneinander lernen und durch die anderen profitieren. Wenn alle ein gutes Gefühl vermittelt bekommen und einen Mehrwert für sich aus dem Netzwerk ziehen, dann läuft es richtig. Das kann passieren, indem sich Menschen inspiriert fühlen, einen Sinn sehen, Verantwortung bekommen, etwas verändern, vielversprechende Leute kennenlernen oder einfach erstmal nur Spaß haben.“

Was sind deine Tipps an Frauen, um erfolgreich zu netzwerken?

„Wir Frauen sollten uns bei allem Netzwerken vor Augen halten, dass es Männer immer noch leichter haben in dieser Welt. So traurig ich es selbst finde. Daher müssen wir strategisch netzwerken, uns gegenseitig bestärken, vernetzen, fördern, weniger Neid empfinden und mehr miteinander statt gegeneinander sein, mit dem Ziel, irgendwann auch davon nicht mehr abhängig sein zu müssen. Aber solange dies so ist, sollten wir uns bei jedem Netzwerk bewusst darüber sein, was und wie wir es nutzen können, um gesehen und gehört zu werden. Um in Positionen zu gelangen, von denen uns bestehende Machtverhältnisse bisher abhalten.

Ich habe selbst erfahren, wie andere Frauen sich mit mir verglichen haben und durch Neid so gehässig wurden, dass wir uns gegenseitig runtergezogen statt bestärkt haben. Wir haben uns als Konkurrentinnen statt als Verbündete gesehen und damit letztendlich den Männern das Spielfeld überlassen. In diesem Punkt bin ich heute viel weitsichtiger unterwegs und erlebe es als große Bereicherung im Netzwerken.“

Ich und meine Crew. Wie du dir ein starkes Netzwerk aufbaust.

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