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10 schräge Bewerbertypen, auf die kein Personaler steht

Wenn du nervös bist, schlagen die schlechten Angewohnheiten oft besonders stark durch. Der Coach Dr. Bernd Slaghuis erklärt, wie sie in Bewerbungssituationen wirken und wie du sie los wirst.

 

Ja, manchmal verhältst du dich so

Würdest du einen Schwätzer, Besserwisser oder ein Lästermaul als neuen Mitarbeiter einstellen? Als Bewerber weißt du genau, dass du so im Vorstellungsgespräch auf keinen Fall rüberkommen darfst. Doch mancher Kandidat verliert im Jobinterview das Bewusstsein über sein Verhalten und die Wirkung auf Personaler. Du textest deinen Gesprächspartner zu, stapelst hoch oder inszenierst das beste Theaterstück deines Lebens. Und am Ende wunderst du dich, warum es wieder nicht geklappt hat. Zur Sensibilisierung für dein nächstes Bewerbungsgespräch sind hier 10 Bewerbertypen, die es Personalern echt schwer machen, sie zu verstehen.

1. Der Atemlose

Ein Bewerbungsgespräch ist aufregend. Die Gesprächspartner und die Location sind unbekannt, es geht um vielleicht den richtig gut passenden Job und den Arbeitgeber für die nächsten Jahre. Der Weg durch das Gebäude bis zum „Verhör“-Raum kommt manchem Kandidaten vor wie ein Marathonlauf. Und auf das „Bitte nehmen Sie hier Platz“ schließt sich sofort „Erzählen Sie doch mal was von sich“ an. Und los geht’s! Der Typ Atemlos hechelt jetzt runter, was ihm einfällt, verhaspelt sich, wirkt wirr und vergisst Punkt und Komma. Das eigene Gefühl von schlechter Performance verstärkt die Luftnot noch viel mehr.

Achte als Bewerber bewusst darauf, wie es dir gerade geht und was  du fühlst. Ist deine Atmung hoch, das heißt, du atmest schnell oben aus der Brust und nicht tief aus dem Bauch heraus, dann versuche – gerade zu Beginn des Gesprächs – etwas zur Ruhe und damit wieder mehr zu dir zu kommen. Konzentriere dich für einige Atemzüge auf eine tiefe und gleichmäßige Atmung. Du wirst schnell die entspannende Wirkung bemerken. Vielleicht bittest du auch deine Gesprächspartner, zunächst etwas von sich, über die Stelle und das Unternehmen zu sagen, um erst einmal anzukommen. Du darfst als Bewerber aufgeregt sein. Ich behaupte, so mancher Personaler ist es auch.

2. Der Schwätzer

Der Typ Schwätzer schafft es einfach nicht, auf den Punkt zu kommen. Eine Geschichte folgt der anderen. Aus der Kurzvorstellung werden 30 Minuten Monolog. Unwichtiges wird wie Kaugummi ausgedehnt, die wichtigen Fakten gehen in der Laberei unter. Schwätzer sind ständig im eigenen Film. Sie bemerken nicht, dass sie ihr Gegenüber langweilen. Selbst Zwischenfragen der Personaler überhören sie gerne. Die eigene Geschichte zum Abschluss zu bringen, das ist schließlich wichtiger. Beliebt ist das Nachstellen ganzer Gespräche: „Hat der gesagt …. und ich so … und er so … hab ich gesagt ….“ Du kennst das, wenn dir jemand eine Frikadelle ans Ohr labert? Als Bewerber solltest du nicht deinen Senf dazu geben 😉

Die beste Übung, den Typ Schwätzer im Job-Interview zu vermeiden, ist aktives Zuhören. Nimm dein Gegenüber bewusst wahr. Hör zu und antworte konkret auf das, was wirklich gefragt ist. Eine Geschichte am Rande kann das Gespräch auflockern und macht dich sympathisch. Doch es sollte ein Gespräch bleiben, bei dem auch Personaler ihre Redeanteile haben und nicht erst warten müssen, bis eie zum Luft holen ansetzen. Trau dich mit dem Gefühl, auf eine Frage genug gesagt zu haben, auch mal einen Punkt zu machen.

3. Der Komplizierte

Hier handelt es sich um den Typ komplizierter Erklärbär, dem gerne auch der Stempel Theoretiker aufgedrückt wird. Auch wenn ich jetzt eine Schublade öffne, aber ich erlebe es häufig bei Ingenieuren, Physikern oder Mathematikern. Wer gut analytisch denken kann, der wirkt in der Sprache manchmal etwas kompliziert. Der Komplizierte formuliert jeden Satz erst im Hirn perfekt vor und überprüft ihn im Hinblick auf seine wahrscheinliche Wirkung auf die Gesprächspartner, bevor er dann ausgesprochen wird. Kommt ein hoher Bildungsabschluss hinzu, scheint der eigene Anspruch als Bewerber im Interview besonders hoch, sich gewählt wissenschaftlich korrekt auszudrücken.

Hier hilft es, sich vor und während des Gesprächs bewusst zu machen, dass es nur eine Unterhaltung zwischen Menschen wie du und ich ist, die alle nur mit Wasser kochen und sich einfach nur möglichst gut kennenlernen möchten. Und – im Gegensatz zum Schwätzer – kann es auch durchaus von Vorteil sein, die Kompetenz zu besitzen, erst zu denken und dann zu sprechen. Dies selbst zu akzeptieren trägt häufig auch zur eigenen Entspannung bei.

Entspann dich, der Personaler will dich wirklich kennenlernen. (Bild: Juan Ramos)

4. Der verzweifelte Notfall

„Ich suche schon so lange, ich bewerbe mich jetzt sogar auf niedrigere Stellen und habe auch das Gehalt runtergeschraubt.“ Sie glauben nicht, wie oft ich diesen Satz höre. Bewerber denken irgendwann, dass ihre Chancen steigen, wenn sie sich auf Stellen bewerben, für die sie eigentlich überqualifiziert sind. Und diesen Eindruck macht der „verzweifelte Notfall“ auch im Gespräch: Er wird zum unterwürfigen Bittsteller und würde alles dafür tun, wenn ihm doch endlich jemand die Möglichkeit gäbe.

Signalisiere im Bewerbungsgespräch nicht, wie dringend du diesen Job brauchest und wie sehr dein Leben von dieser Entscheidung des Personalers abhängt. Das macht dich schwach. Steigt in dir das Gefühl der Verzweiflung als Bewerber auf, dann schraub nicht deine Ansprüche runter und verkaufe dich unter Wert, sondern halte für einen Moment inne und machen lieber eine Bestandsaufnahme: Bewirbst du dich noch auf die passenden Stellen? Wie könnest du deine Suche verändern? In welchen Situationen kommst du bisher ins Straucheln und was kannst du in Zukunft anders machen?

5. Der Nachwuchsschauspieler

Dieser Typ Bewerber betritt bereits gelassen lächelnd das Gebäude und behält seine Maske bis zum Ende auf. Er hat seine Vorstellung perfekt einstudiert und kann jede Antwort auf die typischen Personaler-Fragen auswendig vortragen. Jede seiner Bewegungen, seine Mimik und die Körpersprache sind inszeniert und unterliegen einer strengen Kontrolle. Der Schauspieler lässt keinen Blick hinter die Fassade auf sein echtes Ich zu. Ein Bewerbungsgespräch ist ein Schaulaufen und nur der beste Eindruck zählt!

(Bild: pexels)

Für Personaler ist es schwer, einen schauspielenden Kandidaten einzuschätzen. Sie werden versuchen, dich als Bewerber aus der Reserve zu locken. Denn wie sollen Recruiter sonst entscheiden, ob du später im echten Arbeitsleben mit dem Chef und den Kollegen auskommst und auch sonst ins Unternehmen passt? Gib dich echt, authentisch und natürlich – natürlich angemessen für die Situation. Außerdem: Wer im Jobinterview den Schauspieler mimt und so überzeugt, der fällt häufig im späteren Job auf die Nase. Denn der Bewerber als Schauspieler ist im Jobinterview so heiß auf den Applaus, dass er nach der gelungenen Vorstellung selbst keine Klarheit darüber hat, ob es wirklich passt und sich am ersten Tag im Job wundert, wo er gelandet ist.

6. The Bachelor

Dieser Typ ist gerade mit dem Studium fertig und verspricht in seiner Bewerbung als Trainee, die Rendite des Konzerns um 20 Prozent p.a. zu steigern und das Unternehmen zum Erfolg zu führen. Aalglatt und im Gepäck die neuesten Management-Methoden kommt sich der „Bachelor“ vor wie der größte Hecht. Seine Strategie: Einschleimen für die steile Karriere. Er ist fest davon überzeugt, dass sich alles um ihn dreht und alle nur darauf gewartet haben, dass er endlich die Bühne betritt. Dabei ist der Typ „Bachelor“ in seiner Rolle als Bewerber häufig auch nur der beste Schauspieler, noch dazu voller heißer Luft.

Ja, Bewerber sollten sich gut verkaufen und sich von ihrer besten Seite präsentieren, um im Wettbewerb mit den anderen Kandidaten auf den Job zu gewinnen. Doch wer zu hoch stapelt, seinen echten Wert verkennt und als Berufseinsteiger vollmundig verspricht, die Welt zu retten, der macht sich unglaubwürdig. Du darfst und solltest stolz sein auf deine Abschlüsse und beruflichen Erfahrungen, doch zeig im Jobinterview, dass du deine Kompetenzen realistisch einschätzen kannst und mit beiden Beinen auf dem Boden stehst.

7. Der Einsilbige

Er macht es dem Personaler schwer, etwas über ihn zu erfahren. Jede geschlossene Frage ist eine willkommene Einladung, auch nur mit Ja oder Nein zu antworten und die nächste Frage zu erwarten. Dieser Typ sagt lieber nichts als zu viel. Wer etwas wissen möchte, soll gefälligst fragen – so seine Haltung. Der Einsilbige ist das komplette Gegenteil eines Schwätzers oder des Geschichtenerzählers.

Auch wenn du von Natur aus eher zurückhaltend und ein ruhiger Typ bist, lass dich als Bewerber auf das Gespräch ein. Erzählen von dir, deinen Erfolgen und Erfahrungen und sag, was dir im Beruf und für eine gute Zusammenarbeit wichtig ist. Biete auch deinen Gesprächspartnern Themen an, die vertieft werden können und stelle selbst auch auch solche Fragen, die dich interessieren. Zeigen echtes Interesse an der Position und dem Unternehmen.

8. Das Lästermaul

Jeder Bewerber weiß heute, dass er im Vorstellungsgespräch nicht schlecht über den letzten Arbeitgeber sprechen sollte. Doch manchmal stecken der Frust und die Enttäuschung so tief oder sind die Emotionen noch derart frisch, dass das Lästermaul doch zum Vorschein kommt. Manchmal auch provoziert durch geschickte Fragen der Personaler. Der Typ „Lästermaul“ zeigt nicht nur, dass er auch über den nächsten Arbeitgeber miese Stimmung verbreiten wird, sondern präsentiert sich als armes Opfer des bösen alten Chefs oder der fiesen Kollegen.

Würdest du so ein Lästermaul als neuen Mitarbeiter frisch an Bord holen? Ich nicht! Lass dich nicht darauf ein, Bad News über deinen letzten Chef oder die Kollegen preis zu geben. Selbst wenn du das übelste Mobbing hinter dir hast, bleib im Gespräch sachlich. „Es hat nicht mehr gepasst.“ Punkt! „Die Werte des Unternehmens/des Chefs haben nicht mehr zu meiner Haltung gepasst.“ Diese Aussage wird sicherlich hinterfragt werden, hier solltest du also auch sachlich Auskunft geben können, ohne andere durch den Dreck zu ziehen.

9. Das Fähnchen im Wind

Hier handelt es sich um den Typ „Ja-Sager“ ohne eigene Meinung. Personaler testen im Bewerbungsgespräch, welche Haltung Bewerber zu bestimmten Themen haben und wie stark sie diese auch vertreten können. Das Fähnchen im Wind schwenkt mit seiner Meinung um, sobald sein Gegenüber anderer Ansicht sein könnte. Häufig steckt der Wunsch nach Harmonie dahinter, es allen Recht machen zu wollen. Gerade Führungskräfte, die – auch unbeliebte – Entscheidungen in ihrer künftigen Position zu treffen haben, machen als Fähnchen im Wind einen schwachen Eindruck.

Wie schnell wackelst du? (Bild: pexels)

Beziehe als Bewerber Position und stehe zu deiner Meinung. Jedoch nicht als sturer Besserwisser oder als Unbelehrbarer. Personaler möchten erkennen, dass du dir eine eigene Meinung bilden kannst und diese überzeugend vertrittst. Knicke  nicht beim kleinsten Versuch einer anderen Sichtweise ein oder werte dies sogar als Angriff oder Falle, sondern versuche, die andere Sicht zu verstehen und gleiche sie mit deinem Standpunkt sachlich ab. Denn die Welt ist immer nur das, wofür wir sie halten.

10. Der Angsthase

Der Typ „Angsthase“ ist ein Meister darin, sich Sorgen zu machen. Er interpretiert jeden Gesichtsausdruck seiner Gesprächspartner und wittert hinter jeder Frage eine gemeine Falle. Seine Gedanken werden dominiert von der Frage „Darf ich das sagen?“, seine Körperhaltung drückt Zurückhaltung, Demut und unbändige Kontrolle aus. Er empfindet seine Gesprächspartner auf Unternehmensseite als mächtig und über ihm stehend.

Jeder Personaler wird verstehen, wenn du vor allem zu Beginn des Gesprächs nervös bist. Ich persönlich bin der Meinung, dass du das auch offen ansprechen kannst, wenn es nicht zu übersehen ist, weil etwa deine Finger zittern, du übermäßig schwitzt oder deine Halsschlagader zu platzen droht. Denn es wird häufig besser, wenn du keine Energie mehr darauf verwenden musst, etwas zu verheimlichen, was eh schon offensichtlich ist.

Welcher Bewerber-Typ bist du?

Meine 10 Beispiele sind Extremfälle. Natürlich gibt es auch Abstufungen und sicherlich sind manche Ausprägungen für den einen oder anderen Job auch nützlich. Bewirbst du dich als Pressesprecher, kann ein wenig Schwätzer- und Schauspiel-Kompetenz vielleicht nicht schaden 😉

Warum habe ich diesen Beitrag geschrieben?

Ich beobachte in der Arbeit mit Bewerbern häufig, dass sie in einer Situation hoher Konzentration und Anspannung das Gespür dafür verlieren, wie sie wirken. Sie bemerken nicht, wenn sie ihre Gesprächspartner zutexten, langweilen und dabei nicht einmal zuhören. Es ist ihnen nicht bewusst, dass sie sich plötzlich komplizierter als sonst ausdrücken und gerade junge Studenten bemerken als Berufseinsteiger nicht, dass sie leicht zu hoch stapeln.

Meine 10 überzeichnet dargestellten Typen sollen dich als Bewerberin oder Bewerber durch Verhaltensverbote nicht noch mehr einschüchtern, sondern dich vielmehr ermuntern, der zu sein, der du wirklich bist. Falls du gerne viel redest oder weißt, dass du eher zurückhaltend bist, dann ist dies keine Aufforderung, zum Gegenteil zu mutieren. Extro- oder Introversion gehören zu dir und machen dich aus.

Stärke als Bewerber dein eigenes Bewusstsein über die Eigen- und Fremdwahrnehmung deines Verhaltens. Bitte andere Personen in deinem Umfeld um ein Feedback, wie sie dich wahrnehmen. Vielen Bewerbern, die zu mir ins Coaching kommen, ist meine Wahrnehmung als neutraler Außenstehender wichtig. So kannst du dich im Hinblick auf anstehende Bewerbungsgespräche entscheiden, ob es sinnvoll ist, an deinem Verhalten etwas zu verändern oder worauf du stärker bewusst achten möchtest.

Dieser spannende Beitrag von Dr. Bernd Slaghuis ist bereits in seinem Blog erschienen. Wir freuen uns sehr, dass er ihn auch hier veröffentlicht. Für mehr Updates folgt ihm auf Twitter.

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