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Brainstorming – nur so bringt euch die Technik wirklich etwas

Wenn das Wort „Brainstorming“ in einem Meeting fällt, rollen die meisten mit den Augen – so richtig Energie kommt bei diesem Wort nicht mehr auf. Impulse, wie ein Brainstorming produktiv werden kann.

 

Brainstorming – bitte nicht schon wieder! 

Brainstorming ist eigentlich eine Kreativitätstechnik, also eine Methode zur gezielten Förderung der Ideenentwicklung. Diese kann individuell oder aber im Kollektiv (also im Team) angewandt werden. Aber viel zu oft funktioniert genau das in der Praxis nicht. Damit Brainstorming wirklich produktiv ist, braucht es ein paar klare Regeln. 

Spielregeln für ein Team beim Brainstorming

Zu Beginn einer Brainstorming-Einheit sollten Spielregeln, wie sie auch schon in einem Coaching der Female Future Force vorgestellt wurden, aufgestellt werden:

1. Kritik zurückstellen! 

Schlechte Ideen werden im Prozess ohnehin aussortiert. Kein Grund es sofort zu tun, das behindert den kreativen Ideenfluss.

2. Auf den Ideen anderer aufbauen! 

Sagt „Ja und …“ zu den Ideen anderer statt „Nein, aber …“ bzw. „Ja, aber …“ (wie beim Improvisationstheater).

3. Quantität statt Qualität! 

Bekommt erst einmal alle Ideen aus dem Kopf. Je mehr Ideen an der Wand, desto besser. „You first  need a hundred of ideas for one idea to be brilliant!”

4. Wild sein! 

Denkt radikal und unkonventionell, seid utopisch, so kann am ehesten eine Innovation mit hohem Neuigkeitsgrad entstehen!

5. Nur eine*r spricht! 

Auch wenn es mal laut und hektisch wird – lasst euch  gegenseitig ausreden und hört euch zu!

6. Visuell Arbeiten! 

Bei einer Wand voller Ideen verliert man schnell den Überblick, Bilder helfen an dieser Stelle. Visualisiert so viel und oft ihr könnt – es geht hier nicht um Perfektion, sondern Wiedererkennungswert und Erinnerungsstützen.

Diese Spielregeln können durch sogenannte „Warm-ups“ auch erlebbar gemacht werden. Zum Beispiel die Punkte „Kritik zurückstellen“ und „Auf den Ideen aufbauen“: Die Teilnehmenden stehen im Kreis und bekommen von uns die Aufgabe, eine Party zu planen. In der ersten Runde sollen die Teammitglieder der Reihe nach eine Idee nennen und dabei auf die Idee der Vorderperson mit „Ja, aber …“ antworten, in der zweiten Runde dann mit „Ja, und …“. Reflektiert danach im Team, was anders war. Wie hat es sich angefühlt? Was wollt ihr für eurer eigenes Brainstorming beachten?“. 

Viele Warm-Ups kommen übrigens aus dem Impro-Theater, ein Kurs in diese Richtung kann also hilfreich sein. 

Hinweise zum Ablauf

Mit goldenen Regeln bin ich sparsam, eine gibt es aber doch: Beim Brainstorming in Teams oder Gruppen immer mit dem stillen Brainstorming („silent brainstorming“) beginnen. Dabei schreibt jede*r Teilnehmende im Stillen (ohne mit anderen zu sprechen) Ideen auf. So werden erstmal individuell alle Ideen raus aus den Köpfen geholt und verhindern Verzerrungen durch (ggf. dominantes Einbringen von) Ideen anderer. So werden auch die Ideen eher zurückhaltender Teammitglieder gleich zu Beginn mit festgehalten und aufgenommen. 

Steht in jedem Fall auf beim Brainstorming und lauft auch gern – bringt den Blutkreislauf in Schwung! Außerdem empfiehlt sich eine Mischung aus eher analytisch-systematischen und eher kreativ-assoziativen Kreativitätsmethoden – insbesondere bei heterogenen Teams, in denen sich die Individuen durch verschiedene Methoden unterschiedlich angesprochen fühlen. 

Analytisch-systematische vs. kreativ-assoziative Methoden 

Eine eher analytisch-systematische Methode ist beispielsweise die „Sechs Denkhüte“ (6 Thinking Hats) Methode nach de Bono. Bei dieser Methode gibt es sechs verschiedenfarbige Hüte, jeder Hut repräsentiert eine andere Haltung (weißer Hut = objektive Haltung, roter Hut = emotionale Haltung, gelb = optimistische Haltung, grün = kreative Haltung mit neuen Ideen, schwarz = kritische Haltung, blauer Hut = Big Picture Haltung / Gesamtüberblick). Die Hüte werden im Team verteilt (auch mit doppelter Besetzung möglich), und daraufhin wird das Problem entsprechend der Haltung diskutiert. Die Farbe und somit die Haltung aus der die einzelnen Teammitglieder argumentieren, sollte dabei für alle sichtbar sein. So erhält das Team einen strukturierten Überblick, einzelnen Teammitgliedern wird ggf. ein Perspektivenwechsel und somit Empathie für andere ermöglicht. Und: Teilnehmende geben nicht ihr eigenes Feedback, sondern agieren aus der gegebenen Rolle – das kann Hemmungen lösen. 

Eine eher kreativ-assoziative Methode ist die „Superhelden“-Methode. Dabei versetzen sich alle Teammitglieder in die Perspektive der anderen Menschen oder Figuren und lassen sich dadurch inspirieren. Beispielsweise kann sich das Team fragen: Was würde Google tun? Was die Queen? Was jemand, der*die Gedankenlesen kann? Die Methode soll helfen, die eigenen gedanklichen Barrieren zu überwinden und nicht zu schnell in ein „Ach nein, das geht nicht, weil …“ abzudriften. Sollte das zu schwer fallen, dann arbeitet ggf. direkt mit Einschränkungen: „Wie würden wir das Problem mit nur zehn Euro und einem Tag Zeit lösen?”

Nach 60 Minuten wird „geclastert”

Meiner Erfahrung nach sollte eine Brainstorming-Einheit nicht mehr als 60 Minuten dauern – dann ist meist die Luft raus und die Köpfe qualmen. Innerhalb dieser Zeit arbeite ich meist mit drei Brainstorming-Methoden, schaffe Austausch und sortiere die gesammelten Ideen zu selbstgewählten Überschriften oder Kategorien (Clustern der Ideen). 

Bei dem „Clustern” der Ideen kann auch die Einteilung in die Kategorien „wirtschaftlichste Idee”, „Liebling bei den Nutzer*innen” und „wildeste Idee” hilfreich sein – aus jeder Kategorie müssen mindestens ein, zwei Ideen weitergedacht werden, so geht weder der Realismus noch die wilde Ader verloren … 

Und ein paar ganz praktische Tipps 

1. Verwendet pro Idee nur einen Post-It oder eine Moderationskarte – dann könnt ihr die einzelnen Ideen im Nachgang flexibel umhängen, clustern, etc.

2. Bitte unbedingt auf Bleistifte verzichten. Das kann bei einer Wand voll mit Ideen im Nachgang keine Person mehr erkennen – und ist auch auf Fotos nur schwer lesbar. Nutzt schwarze Filzstifte oder Marker für das Beschreiben der Post-Its. 

3. Ideen entstehen oft bei halbautomatischen Tätigkeiten: Beim Laufen, Fahrradfahren, Wäsche waschen, unter der Dusche etc. Außerdem verknüpfen sich Ideen gern auch mal über Nacht. Versucht daher, wenn möglich, zwei Brainstorming-Phasen einzubauen – eine an Tag eins und eine am Morgen des zweiten Tages. Geht beim Brainstorming auch mal vor die Tür, zum Laufen oder auf einen Spaziergang – natürlich immer mit einem Pack Post-Its in der Tasche. 

4. Variiert immer wieder eure Brainstorming Methoden, es gibt wirklich eine Vielzahl: „Bodystorming” (um ein Objekt laufen, beim Vorbeilaufen Idee draufkleben), auf den Ideen anderer aufbauen (zwei Ideen ANDERER Personen weiterentwickeln), Reizwortanalyse und Kopfstandmethode (siehe Coaching), 635-Methode, ABC-Liste (Buchstaben von A bis Z – jeweils eine Idee pro Buchstabe), Morphologischer Kasten …

Viel Spaß und Erfolg beim Brainstormen!  

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