Foto: Bethany Legg | Unsplash

Design Thinking: Was ist das überhaupt und wie funktioniert es?

Design Thinking ist ein Buzzword, das momentan allgegenwärtig ist. Doch es ist wesentlich mehr als ein „Hype“, denn richtig angewendet kann es in Unternehmen sehr viel bewirken.

 

Design-Thinking: Ideenfindung, die funktioniert?

Design Thinking – das ist doch wieder so eine Hype-Methode zur Ideenfindung, richtig? Es scheint fast, als müssten jetzt alle Unternehmen darauf setzen und am besten noch ein Innovation Hub einrichten, um als besonders modern und innovativ zu gelten. Kaum ein international bekanntes Unternehmen hat sich noch nicht mit der Erfolgsmethode aus den USA auseinandergesetzt: Airbnb, Swisscom, BMW, Daimler, Porsche, VW, Deutsche Bahn, Telekom, Siemens, SAP … die Liste ist lang. Doch was es bringt?

Das Ziel lässt sich kurz in einem Satz zusammenfassen: Dem Anwender oder Kunden Nutzen schaffen und dadurch das Unternehmen in die Poleposition bringen. Man sollte sich durch den Begriff „Design“ nicht in die Irre leiten: Dieser wird meist dazu verwendet, um die Gestalt und Erscheinung eines Objekts oder Produkts zu beschreiben. Design Thinking stützt sich an diese Begriffsverwendung und umschreibt einen Prozess, der die Entdeckung neuer Möglichkeiten und das Erkennen neuer Wege ermöglicht, indem bewusst andere Perspektiven hinterfragt werden. Der Haken an der Sache: Viele Unternehmen sind so festgefahren in ihrer Denkweise, dass an echte Innovation nicht mehr zu denken ist. 

Kreativität funktioniert nicht auf Knopfdruck, sondern benötigt Freiraum!

Der Ruf nach kreativen Ideen in Unternehmen wird immer lauter, denn die Angst geht um, dass sie mit Me-too-Produkten, als Nachahmer-Produkten, und entsprechenden Dienstleistungen im immer stärker werdenden Verdrängungswettbewerb nicht mehr bestehen können. In diesem Kontext sind der Kunde und seine Kaufentscheidungen die wichtigsten Faktoren innerhalb und außerhalb des Unternehmens – aber sie werden durch die Fokussierung auf den Return on Investment und das Erreichen der Geschäftsziele oft beinahe vergessen.

Hier gilt es, von reinem Management zur Führung umzuschwenken. Denn anders als weitläufig angenommen, sind diese beiden Begriffe alles andere als kongruent. Management ist grundsätzlich gegensätzlich zum Begriff der Führung. Liegt beim Manager der Fokus auf die Erreichung der Ziele, stellt Führung ganz klar den Menschen in den Mittelpunkt. Das bedeutet aber nicht, dass eine Führungsperson ihre Aufgaben vernachlässigt. Im Gegenteil, die Aufgaben werden nur nicht durch einen Befehl, sondern mit charismatischer Führung und der Unterstützung der Mitarbeiter erreicht. Führung ist zu Management, was Snowboarden zum Skifahren oder was Jazz zu klassischer Orchestrierung ist: Wenn das Management Kontrolle, Straffung und Wiederherstellung reproduzierbarer, konsistenter Ergebnisse wünscht, bemüht sich die Führung darum, unvorhersehbares Wachstum zu entschlüsseln und bewusst zu provozieren, um etwas zu entwickeln, das man nie zuvor gesehen hat.

Und um genau das zu erreichen, braucht es ein anderes Werkzeug. Eine Technik, die uns durch dieses unberechenbare Gelände navigiert, wenn wir versuchen, Innovationen zu entwickeln. Design Thinking ist eine solche Technik. Es ist eine Problemlösungs-Methode, die aus dem Bereich des Designs entwickelt wurde und sich auf Gestaltung von immateriellen Gütern stützt: auf Dienstleistungen, Prozesse und Erfahrungen. Design Thinking ist also ein systematischer Ansatz zur Problemlösung. Es beginnt mit dem Kunden und dem dringenden Verlangen, eine bessere Zukunft für ihn entwickeln zu wollen. Ich bin der Überzeugung, dass jeder Beruf und jede Branche von Design Thinking nur profitieren kann.

Die Top 5-Prinzipien, für gelungenes Design Thinking:

1. Man beginnt immer zuerst beim Mensch: 

Eines der wichtigsten Prinzipien im gesamten Design Thinking-Prozess besteht darin, eine einfühlsame Haltung einzunehmen. Vor allem dann, wenn es um die Frage geht: „Welches Problem löse ich für meinen Kunden?“ Der Fokus auf den Kunden fördert tatsächlich Effizienz, Produktivität und Rentabilität. Alleine deshalb, weil wir so auf die Tatsache konzentriert bleiben, dass wir nur deswegen in einem Unternehmen arbeiten, weil es letztlich der Kunde ist, der unsere Produkte und Dienstleistungen kauft und damit das Unternehmen am Leben hält.

2. Die Brille des Forschers aufsetzen: 

Wenn man aus den vier Wänden Ihres Bürogebäudes hinaus in Richtung Straße gehen, dorthin, wo die Kunden leben, sich bewegen, denken und Entscheidungen treffen, bekommen man phänomenale Einsichten. Man erlebt, was es bedeutet und wie es sich anfühlt, Kunde zu sein. Ganz schnell wird man dabei erkennen, warum qualitative Forschungsmethoden und Ethnographie in der Marktforschung stärker genutzt werden sollten.

3. Zu scheitern ist eine Option: 

Uh-Oh. Dieser Ansatz bedeutet immer eine große Kulturveränderung – in jedem Unternehmen. Manager können nicht nur sagen: „Es ist ok, wenn Sie scheitern, Sie werden nicht gleich gefeuert!” Sie müssen auch Anreize schaffen, die zeigen, dass scheitern teilweise gewollt ist. Am besten funktioniert das, indem sie selber Fehler zugeben und so deutlich machen, dass auch die Mitarbeiter scheitern dürfen und daraus lernen sollten.

4. Storytelling als strategisches Tool:

Es ist kein Zufall, dass die innovativsten Unternehmen heute kurze dreiminütige Filme auf Youtube veröffentlichen. Diese Kurzgeschichten bewerben in erster Linie nicht die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens, sondern fördern stattdessen die Meta-Werte, die sie ansprechen. Sicher kennen Sie die „Real Beauty“ Sketches von Dove, oder? Kunden kaufen zuerst die Werte, die mit dieser Kampagne transportiert werden – die tatsächlichen Produkte oder Dienstleistungen sind zweitrangig. Wenn ein Unternehmen diese Technik
perfektioniert hat, dann Apple. Es gibt technisch gleichwertige wenn nicht
sogar bessere Geräte, die für einen günstigeren Preis zu haben sind. Den
entscheidenden Unterschied machen das Lebensgefühl und die Begehrlichkeit, die durch Werbespots transportiert und genährt werden.

5. Es geht um das Problem: 

Wir Menschen sind es gewohnt, in Lösungen zu denken – noch bevor wir das Problem verstanden haben. Bei Design Thinking sollte allerdings die meiste Zeit genau in dieses Verstehen investiert werden. Design Thinker sind Fragensteller und hinterfragen alles und jeden, auch die eigenen Perspektiven. Sie fragen, ob sie die richtige Frage gestellt haben, noch bevor sie Millionen von Euro in die Einführung eines neuen Produkts einsetzen. Damit stellt man sicher, dass man die wahren Bedürfnisse der Menschen erkannt hat, die man erreichen will. Zum Beispiel fragen sich Unternehmen wie der dänische Bürostuhlhersteller Hag Dinge wie: „Wie können wir dazu beitragen, dass die Mitarbeiter den Arbeitsalltag besser verbringen und weniger müde werden?“ anstatt zu fragen: „Wie verkaufen wir mehr Drehstühle?“ – das sind zwei völlig verschiedene Fragen, die unterschiedliche Einsichten ergeben.

Fazit

Der eigentliche Vorteil – das Geschenk – von Design Thinking ist, dass das Team im Prozess eine unglaubliche Erfahrung macht. Darüber hinaus hilft die Methode Menschen dabei, ihre Bedürfnisse, Leidenschaften, Abneigungen zu artikulieren und Antworten in Form realer Dinge wie Produkte, Dienstleistungen und Erfahrungen zu bekommen. Wenn man sich auf neue Perspektiven einlässt, dann startet ein starker Lernprozess. Um neue Felder zu erschließen reicht es nämlich nicht, mit einem Filter von „unserem“ und dem „anderen Weg“ zu denken. Design Thinking ist ein Heilmittel gegen diese eng gesteckten, gedanklichen Grenzen. Und das ist der wirkliche, dauerhafte Nutzen dieser Methode.


Mehr bei EDITION F

„Nur ein Produkt zu verkaufen reicht nicht mehr“ Weiterlesen

Social-Media-Trends: Warum Snapchat aktuell der wichtigste Kanal ist. Weiterlesen

Welche Arbeitskultur Mitarbeiter brauchen, um kreativ zu sein. Weiterlesen

Anzeige