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Eine Frau verklagt die Sparkasse, weil sie Kundin und nicht Kunde sein möchte

Haben Frauen zukünftig das Recht, in Formularen und Verträgen als Frau angesprochen zu werden? Der Bundesgerichtshof prüft nun einen Fall aus dem Saarland.

Eine Seniorin aus dem Saarland verklagt die Sparkasse, weil sie in Formularen der Bank mit männlichen Formulierungen angesprochen wird. Bisher heißt es in Formularen der Bank „Lieber Kunde, …“, „Unterschrift des Kontoinhabers“ oder „Sparer“, egal ob sich der Vertrag an eine Frau oder einen Mann richtet. Dass die Sparkasse in der persönlichen Ansprache bereits darauf achtet, Frauen mit Kundin statt Kunde anzusprechen, genügt der Klägerin nicht.

Nach Angaben der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) begründet der Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Stefan Marotzke, die einheitlich männliche Ansprache der Kunden und Kundinnen in Verträgen und Formularen damit, dass es sich häufig um rechtlich komplexe Texte handele. Er argumentiert, dass sich der Satzbau durch die Verwendung beider Geschlechter zusätzlich verkomplizieren würde.

Die Organisation Pinkstinks, die gegen limitierende Geschlechterwahrnehmungen kämpft, sieht das anders. Die Gründerin von Pinkstinks, Stevie Schmiedel, sagte der WAZ: „Es ist unfassbar, dass alle
Geschlechter 2018 noch als Männer angesprochen werden.“

Der Fall könnte folgenreich sein

Das Landgericht Saarbrücken hatte die Klage der Saarbrückerin zuvor zurückgewiesen. Die Begründung lautete, dass die in Formularen verwendete männliche Form – das sogenannte generische Maskulinum – nicht geschlechtsspezifisch verwendet werde und als Kollektivform zu verstehen sei. Jetzt wird der Fall am 20. Februar vom Bundesgerichtshof geprüft.

Sollte der Bundesgerichtshof bei der Prüfung des Falls doch der Klägerin recht geben, würde das nicht nur bedeuten, dass die Verträge und Formulare der Sparkasse umgeschrieben werden müssten. Sollte die Sparkasse als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut in Zukunft ihre Formular- und Vertragssprache gendern müssen, um dem Anspruch auf Gleichstellung der Geschlechter nachzukommen, würde das auch alle anderen Verträge und Formulare in öffentlich-rechtlichen Institutionen betreffen.

Geschlechtsneutral wäre ein Vertrag allerdings nur dann, wenn er mit dem Genderstern oder dem Gendergap tatsächlich alle – also auch diejenigen außerhalb der binären Geschlechteridentität – ansprechen würde.

 

Der Originaltext von Nadja Al-Khalaf ist bei unserem Kooperationspartner ze.tt erschienen. Hier könnt ihr ze.tt auf Facebook folgen.

 

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