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Ich will mich lieben – warum fällt mir das manchmal so schwer?

Da ist es wieder, dieses Gefühl, das ich nicht mehr bis in meinen Kopf lassen wollte. Trotzdem ist es wieder da, sogar lauter als früher: „Das geht besser“. Ich könnte doch mehr sein, besser sein, schöner sein oder mehr Leistung bringen, oder? Die Gesellschaft und ich wollen immer mehr von mir. Sie machen Druck und manchmal lähmt mich das.

 

Da ist diese Unzufriedenheit

Ich bin nicht übergewichtig und war es noch nie. Ich will euch keine
Geschichte von Essstörungen erzählen oder wie ich es nach langer Zeit
endlich geschafft habe, meinen Körper so zu lieben, wie er nun mal ist.
Ich hatte immer ein „normales“ Essverhalten, habe mir nie unglaublich
viel angefuttert und mich nie runtergehungert. Ich komme mit Essen ganz
gut klar soweit. Und trotzdem ist da diese Unzufriedenheit, die ich der
Vernunft halber schon hundertmal verbannt habe, weil ich weiß, dass kluge
Frauen nicht so sind. Und ich sage dir: Ich will mich lieben. Ich will
meinem Körper als das ansehen, was er ist: Als unglaublichen
Lebensapparat, über den jeder einzelne von uns sehr dankbar sein sollte.
Nur manchmal fällt mir das eben schwer.

Bin ich oberflächlich?

Ich denke, du kennst sie, die Tage, an denen irgendwie nichts so laufen
will, wie du es dir wünschst
, an denen du nach dem Duschen vor dem
Spiegel stehst und die Deckenlampe erbarmungslos auf die Oberschenkel
strahlt. Sind das Dellen, das sind doch keine Dellen, oder?! Wenn mir
ein solcher Gedanke in meinen Kopf schießt, will ich mich am liebsten
selbst ohrfeigen. Bin das ich, die diesen Gedanken hat? Ist das die
gleiche Person, die für Mut und Individualität plädiert? Bin ich doch so
oberflächlich, ist mir Aussehen wirklich so wichtig? Es gibt doch
tausend Dinge, die mir viel mehr bedeuten! Oder etwa doch nicht?

Die Gesellschaft und ich

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. In einer verdammten
Leistungsgesellschaft, die uns ständig einflüstert, wie wir uns
verbessern können
, wie wir noch besser, schöner, erfolgreicher und
beliebter werden. Am besten sollen wir mit Anfang 20 unglaublich fit und
schlank sein, den perfekten Körper mühelos durch die Social-Media-Welt
schieben, nebenher ein verdammt cooles Startup gründen und im Dauerlauf
grinsen. Unzählige Beispiele auf Instagram machen es vor. Kann also
nicht so schwer sein, oder?

„Diese ganze Scheinwelt auf Instagram lässt mich vollkommen kalt“,
dachte ich. „Ich weiß es besser“, dachte ich und das tue ich auch. Ich
weiß es besser. Ich weiß, dass ich mich nicht vergleichen muss, dass ich
gut bin, so wie ich bin und dass kein Instagram-Profil der Welt es
verdient hat, auch nur ein kleines bisschen an meinem Fundament zu
rütteln. Aber mit einem lag ich falsch: Es lässt mich nicht kalt, so
sehr ich mir das auch wünsche. Ich ertappe mich dabei, wie ich durch
meinen Feed scrolle und in meinem Kopf aufzähle, was ich denn bisher so
in meinem Leben erreicht habe. Reicht das? Muss ich nicht eigentlich
schon viel weiter sein? Wie ich darüber nachdenke, ob ich mit meiner
Figur so zufrieden bin. Ich hasse diese Gedanken, ich hasse sie so sehr,
denn wenn du mich fragst, bin das nicht ich. Ich will mich wirklich
genau so lieben, wie ich bin. Nur manchmal ist das eben verdammt schwer,
mit Anfang zwanzig, in dieser Gesellschaft, die aus uns kleine
Supermenschen machen will, die alles können und alles wissen.

Ich will dir Mut machen

Vielleicht geht es dir genau wie mir. Vielleicht magst du dich
manchmal nicht so gern. Vielleicht fällt es dir auch manchmal schwer,
dich zu lieben, obwohl du genau das möchtest. Vielleicht bist du
überfordert mit dieser Gesellschaft und diesem ganzen Leistungsdruck.
Wenn du dich gerade so fühlst, dann ruf dir das hier in Erinnerung: Du
bist toll! Du hast es gerade nur kurz vergessen. Denke daran, wie stark
und toll dein Körper ist, was er alles für dich tut und möglich macht.
Dein Körper ist sozusagen ein Wunder oder kannst du dir alles erklären,
was darin vorgeht? Denke daran, was dein Körper alles kann und
respektiere ihn dafür. Mach dir klar, dass dein Körper Unglaubliches
vollbringt und dass das nicht vom Aussehen deines Körpers abhängt. Dein
Körper hat es einfach nicht verdient, dass du ihn nicht magst, also
liebe ihn wieder. Oder fang damit an!

Und wenn es dir hilft: Mach dich frei von Dingen, die dich an dir
selbst zweifeln lassen. Entfolge alle Profile/Kanäle/etc., die dich
unglücklich oder unzufrieden machen. Lösche Apps, wenn sie dich
unglücklich machen. Kaufe keine Magazine, die dich unzufrieden machen.
Verbanne alles, was dir nicht guttut und versuche dich so anzunehmen,
wie du bist, mit all deinen Macken und Fehlern.

Wenn dir das schwerfällt: Es gibt sicher einige Menschen, die dich
sehr gerne mögen. Warum tun sie das? Was mögen sie an dir? Da sind ganz
viele Gründe, dich zu lieben, die anderen wissen das schon. Jetzt musst
du es nur noch selbst glauben.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Vrenis Blog. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht.

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