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Ein Pakt mit dem Teufel: ambitionierte Karriere-Frauen

Ambitionierte Frauen sind ein Phänomen, mit dem unsere Welt anscheinend immer noch hadert. Aber, welchen Einfluss hat das auf den Ehrgeiz und die Ambitionen junger Frauen?

 

Ehrgeizige Frauen: Das muss mit dem Teufel zugehen!

Im diesjährigen US Wahlkampf hielt Barack Obama am 1. November eine Rede in Ohio. In dieser Rede rief er vor allem die männlichen Wähler auf, zu hinterfragen, warum sie Hillary Clinton nicht wählen wollten. Mit ihrer Politik nicht übereinzustimmen sei eine Sache, sie aber einfach aus einem unguten Gefühl heraus nicht zu wählen, könnte auf einer sexistischen Haltung basieren. Männer, so Obama, dürften ambitioniert und ehrgeizig sein, bei Frauen würde man das gleiche Verhalten aber direkt skeptisch hinterfragen.

“When a guy is ambitious and out in the public arena and working hard, well, that’s okay. But when a woman does it, suddenly you’re all like, ‘Well, why is she doing that?’”

Dabei scheint egal zu sein, ob eine Frau vielleicht viel besser qualifiziert ist, aber genau an diese Tatsache appellierte Obama in der gleichen Rede.

”I want you to think about it because she is so much better qualified than the other guy,” 

Das Ergebnis der Wahl kennen wir alle. Und auch wenn niemand sicher sagen kann, warum Donald Trump die Wahl gewonnen hat und die Antwort sicherlich sehr vielschichtig ist – die E-Mail-Affäre kann man zum Beispiel auch nicht außer Acht lassen – zeigen zumindest einige Stimmen, die man mit am lautesten gehört hat, dass Hillary Clinton für einen immer noch viel zu hohen Anteil der Wähler anscheinend nicht wählbar war, weil eine ehrgeizige und zielstrebige Frau einfach ein ungutes Gefühl in ihnen ausgelöst hat, weil ehrgeizig in ihrem Fall zum Beispiel als garstig aufgefasst wird, weil Frauen zurückhaltend und dankbar zu sein haben.

Der Hass auf ambitionierte Frauen hat Konsequenzen

Die Frage, die sich daraus ergibt: Leben wir tatsächlich noch in einer Zeit, in der Männer ein Problem mit ambitionierten Frauen haben? Ja, anscheinend scheint das tatsächlich so zu sein. Daraus wiederum ergibt sich die Frage, ob ambitionierte Frauen sich davon beeinflussen lassen.

Eine neue Studie aus Amerika, die Ray Fisman für slate.com vorgestellt hat, scheint genau das tatsächlich zu bestätigen. Die Studie, die von den Ökonomen Leonardo Bursztyn, Thomas Fujiwara und Amanda Pallais an einer anonymen Elite-Business-Universität durchgeführt wurde, zeigt deutlich, dass Frauen dazu neigen, ihre eigenen Ambitionen und Ansprüche runterzuspielen, wenn diese an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Zu diesem Ergebnis kamen die Wissenschaftler als sie neueingeschriebenen Studenten zwei unterschiedliche Fragebögen zukommen ließen. Die Fragebögen waren dabei komplett identisch – bis auf ein Wort: Die eine Gruppe bekam einen Fragebogen auf dem stand, dass anonyme Antworten danach im Plenum diskutiert würden, die andere Gruppe erhielt einen Bogen, auf dem stand, dass ihre eigenen persönlichen Antworten eventuell zur Diskussion gestellt würden. 

Diese unterschiedliche Formulierung hatte einen großen Effekt – allerdings nur auf die jungen Single-Frauen, die an der Umfrage teilgenommen haben. Bei ihnen unterschieden sich die angegebenen Gehaltsvorstellungen und die Bereitschaft zu reisen signifikant. Während alleinstehende Frauen in der anonymen Umfrage, durchschnittlich ein gewünschtes Jahresgehalt von 130.000 Dollar angaben und bereit waren bis zu 14 Tage im Jahr zu reisen, gaben die Single-Frauen, die damit rechnen mussten, dass ihre Antworten als ihre erkennbar diskutiert werden würden, ein Wunschgehalt von im Schnitt 112.000 Dollar an und waren lediglich bereit sieben Tage die Woche zu reisen. Die Frauen mit Partner, die an der Studie teilnahmen, gaben in beiden Gruppen identische Vorstellungen an. Die Männer in der „öffentlichen” Gruppe gaben nur geringfügig niedrigere Gehaltsvorstellungen und eine ein wenig höhere Reisebereitschaft an als ihr Vergleichsgruppe.

Karriere oder gute Ehefrau, ernsthaft?!

Die Schlussfolgerung der Professoren daraus: Die alleinstehenden Frauen wollten für ihre männlichen Kommilitonen „heiratswillig” erscheinen und senkten deshalb ihre Ambitionen.

“Single women avoid actions that could help their career when these have negative marriage market consequences.”

Diese Ergebnisse lassen einem einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Denn, was sagen sie über den Stand der Gleichberechtigung aus? Leben wir wirklich noch in einer Welt, in der Frauen „heiratswillig” wirken wollen? Die Studie wurde schließlich an einer amerikanischen Elite-Universität durchgeführt, nicht etwa in einem kleinen Dorf irgendwo in Texas. Die Frauen, die an der Studie teilnahmen, haben alle gerade ein hartes Studium an einer renommierten Business-Uni angefangen, eigentlich sind sie im Begriff den Grundstein für ihre Karriere zu legen. Sind wir wirklich noch so geprägt von verstaubten Strukturen, dass wir uns selber kleiner machen, um uns nicht die Chance auf einen Partner zu verbauen? Ist die Ehe wirklich noch das oberste Ziel? Eigentlich zeichnet unsere Gesellschaft doch mittlerweile ein viel diverseres Bild, oder?

Ambitionierte Frauen aller Länder vereinigt euch!

Um im globalen Kontext signifikant zu sein, ist die Studie natürlich viel zu klein angelegt, dennoch sollten uns die Ergebnisse alarmieren, gerade in Anbetracht des Ausgangs der US-Wahl. Abgesehen davon, dass zielstrebige Frauen anscheinend immer noch ein Problem für viele Männer (und auch manche Frauen) sind, zeigt die Studie aber noch etwas anderes: Die ablehnende Haltung gegenüber ambitionierten Frauen hat Auswirkungen auf viele von ihnen. Was wir tun können, damit sich das endlich ändert? Und gegenseitig noch mehr unterstützen. Sagt den ehrgeizigen Frauen um euch rum, dass ihr stolz auf sie seid. Setzt dem täglichen Shitstorm, dem ambitionierte Frauen überall auf der Welt ausgesetzt sind, etwas entgegen. Bildet Girlgangs. Seid füreinander dar.

Und, wie unterstützt ihr euch gegenseitig?

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