Foto: Petrov Ahner

Natürlich kann ich Feministin sein und trotzdem kurze Röcke tragen!

„Frauen machen immer noch auf sexy – warum glauben wir, das nötig zu haben!?“ So kommentierte eine ihr unbekannte Frau ein Facebook-Foto von unserer Community-Autorin. Ein anhaltendes Thema, auf das sie eine ausführlicheren Antwort geschrieben hat.

 

Liebe Renate B.

Sie haben ein Foto von mir kommentiert, das ich auf meiner Facebook-Seite
veröffentlicht habe. Es ist meine offizielle Schauspielerinnenseite und zunächst einmal möchte ich mich deshalb bei Ihnen für die Aufmerksamkeit, die sie mir schenken, bedanken.

Wenn man etwas, für jedermann und -frau sichtbar ins Netz stellt, muss man damit rechnen, dass es nicht jedem und jeder gefällt und dass der- oder
diejenige sein Missfallen auch öffentlich kundtut. Soweit habe ich kein Problem
mit Ihrem Kommentar.

Mein Problem ist folgendes: Ich mag dieses Foto! Ich mag die roten,
hochhackigen Schuhe, ich mag mein Pünktchenkleid, ich mag die
halterlosen Strümpfe, ich mag meinen Blick, ich mag meine
Wadenmuskeln, und ich mag die Dreckschleuder, in der ich sitze. Ich
mag das Foto, weil es mich sehr gut trifft – natürlich nicht morgens vor
dem ersten Kaffee und natürlich auch nicht, wenn ich verschwitzt vom
Krafttraining komme (solche Waden gibt es nämlich nicht einfach vom
lieben Gott / der lieben Göttin geschenkt). Ich habe mir meine
Klamotten, meine Pose ( ja, tatsächlich, ich posiere, als
Schauspielerin gehört das zu meinem Beruf ) selbst ausgesucht, und
ich habe mich ausgesprochen wohl gefühlt als das Foto entstand („no
animal was harmed during the making of this film“).

Ich bin kein Opfer 

Ihnen hat das Foto aber offensichtlich nicht gefallen: „Frauen
machen immer noch auf sexy – warum glauben wir, das nötig zu haben
?!“, haben Sie darunter geschrieben. Und das finde ich auf
mehreren Ebenen nicht nett! Zunächst einmal, weil ich nicht „auf”
irgendetwas „mache“ (danke, dass Sie das zumindest „sexy“
finden) und dann, weil Sie mir unterstellen, etwas „nötig“ zu
haben. Damit degradieren Sie mich zu einem willenlosen, dummen Opfer.
Und da fängt die verkehrte Welt erst an!

 Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe große Achtung vor den Frauen Ihrer Generation und ich bin dankbar für all das, was sie für die Frauen meiner Generation getan haben. Ich mag zwar die Mode der 50er Jahre, bin aber heilfroh, dass ich nicht in den 50ern als Frau gelebt habe. Wir kennen uns nicht, und es würde mich interessieren, inwiefern Sie sich damals für die Frauenrechte eingesetzt haben. Aber ich bin eine selbständig denkende und handelnde Frau mit Hochschulabschluss und mehr als einem Buch (die meisten habe ich sogar gelesen) im Regal.

Ich finde es ein Unding, dass Frauen für gleiche Arbeit weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen und dass der Großteil an unbezahlter Familien- und Pflegearbeit immer noch von Frauen verrichtet wird. Wann immer es möglich ist, positioniere ich mich in dieser Hinsicht klar und wehre mich für mich und andere gegen Ungerechtigkeiten dieser Art. Und ich lasse mir von niemandem
vorschreiben, wie ich zu leben, wen ich zu lieben oder wie ich mich zu kleiden und präsentieren habe! Von keinem Mann – und eben auch von Ihnen nicht, liebe Renate.

Auch hier ist Frauensolidarität angebracht 

 Stellen wir uns einmal vor, Sie wären keine Renate, sondern ein Reiner, und Sie hätten mein schönes Foto mit den Worten: „Die Bitch muss sich nicht wundern, wenn sie vergewaltigt wird”, kommentiert. Ich gebe zu, Sie haben sich
gewählter ausgedrückt, aber die Essenz der beiden Kommentare ist
identisch: Eine Verurteilung der Art, wie ich mich als Frau
präsentiere, wie ich meine Weiblichkeit lebe. Von Männern – da
werden Sie mir sicher zustimmen – sind wir solche Angriffe ja leider
längst gewöhnt, aber wenn das Frauen mit Frauen machen, wird es wirklich absurd. 

Meine Kleidung ist kein politisches Statement. Dafür bin ich offen gestanden schlicht zu eitel. Ich finde, dass das, was ich trage mir einfach besser steht als ein Jutesack und Jesuslatschen. Ich fühle mich wohl, ich finde mich schön so. Und ja, ich möchte, dass Männer (selbstverständlich auch Frauen) mich ansehen und sexy finden. Ich mag das Spiel zwischen zwei Menschen, für mich unterschiedlichen Geschlechtern, ich mag es, zu inspirieren, zu flirten, auf mehreren Ebenen zu kommunizieren. Ich mag es auch, Männer anzusehen. Manchmal durchaus mit gierigen Blicken und schmutzigen Gedanken. Andere Frauen mögen einen anderen Geschmack haben, aber ich mag Männer mit tiefen Stimmen, kräftigen Händen (mit denen sie auch umgehen können) und Männer, mit denen ich mich über versaute Witze kaputtlachen kann.

Und ich persönlich finde eben einen Mann kleidet ein Anzug besser als ein Tutu. Das heißt nicht, dass ich einen Mann mit Tutu nicht als Menschen schätzen und als Persönlichkeit bewundern kann, aber als Objekt meiner Begierde käme
er erstmal eher nicht in Frage. Aber das ist auch okay so, denn Geschmäcker sind zum Glück verschieden. 

Zusammen, nicht gegeneinander! 

Also ja, manchmal mache ich Männer zu den Objekten meiner Begierde, und ich fände es sehr traurig, wenn ich niemandes Objekt der Begierde wäre. Das heißt aber nicht, dass ich nicht viel mehr bin. Und ich würde niemanden auch nur einen kleinen Finger auf meine schicken halterlosen Strümpfe legen lassen, der dieses „viel mehr“ nicht kennt und liebt. 

Merken Sie, was ich gerade tue, liebe Renate? Ich rechtfertige mich für die Art, mich zu kleiden und zu leben. Und ich rechtfertige mich vor Ihnen, einer Frau. Da sind wir gerade so schön auf dem Weg dazu, dass es nicht mehr gesellschaftsfähig ist, dass Männer Frauen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben und da fallen Sie mir so in den Rücken. Das ist doch ziemlich traurig und bestimmt nicht das, was Sie wollten, oder?

Mit schwesterlichen Grüßen, Ihre

Iris B.

Dieser Beitrag ist bereits auf Iris Blog erschienen. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht. 

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