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„Viele Mädchen haben ein natürliches Interesse an Technik, das sollten wir ihnen erhalten”

Kund*in
Mahle
Autor*in
EDITION F studio
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Viele Frauen entscheiden sich bei der Wahl des Studienfachs für Geistes- oder Sozialwissenschaften. Wieso ist das eigentlich so und wo könnte man ansetzen, um technisches Interesse bei Mädchen nicht zu ersticken? Ein Gespräch mit Patrizia Maggi, Projektingenieurin und Mutter von zwei Töchtern.

Technik? Technik!

Patrizia Maggi ist Projektingenieurin bei MAHLE, einem Automobilzulieferer mit Sitz in Stuttgart. Dort arbeitet sie im Motorenversuch, zusammen mit 85 Männern und nur drei weiteren Frauen im technischen Bereich. Keine untypischen Zahlen, denn technische Berufe sind oft immer noch sehr männerdominiert – insbesondere in der Automobilbranche. Wir haben mit Patrizia darüber gesprochen, warum in ihrer Branche Geschlechtervielfalt noch so selten ist, wie ihre Leidenschaft für Technik geweckt wurde und was wichtig ist, um Kindern möglichst vorbehaltlos die Möglichkeit zu geben, ihre individuellen Interessen auszuleben.

Wann wusstest du, dass deine berufliche Zukunft in einem technischen Bereich liegt?

„Meine Mutter war lange Zeit alleinerziehend und hat deshalb zuhause oft auch ‚Männeraufgaben‘ übernommen, wie zum Beispiel arbeiten zu gehen oder auch Löcher in die Wand zu bohren. Ich bin also ohne klassische Rollenverteilungen aufgewachsen und das hat mich wahrscheinlich geprägt. Später hat mich dann auch mein Adoptivvater beeinflusst, der in der Automobilbranche arbeitet. Mit 12 oder 13 Jahren habe ich angefangen, mit ihm gemeinsam an den Wochenenden am Auto zu schrauben. Für mich war das super interessant und ich weiß noch, wie ich dachte: ‚Wow, ein paar Schrauben hier ein paar Kabel da, ein paar Kunststoff- und Metallteile dort und am Ende funktioniert das alles und man fährt damit nach Paris!‘ (lacht)

Das war schon sehr faszinierend für mich. Meine Eltern haben schnell gemerkt, wieviel Spaß mir das macht. Mit 15 habe ich zu Weihnachten das Buch ‚Wie funktioniert Technik?‘ bekommen, mit Explosionszeichnungen und Erklärungen zur Funktionsweise einer Mikrowelle, eines Staubsaugers und vielem mehr. Ich weiß noch, wie beeindruckt ich davon war. Die Explosionszeichnungen sehe ich noch heute vor meinem geistigen Auge. Als ich dann kurz vor dem Abitur darüber nachgedacht habe, was ich machen möchte, war klar: Ich will etwas studieren, mit dem ich später Autos entwickeln kann! Im Studium habe ich dann entdeckt, dass mich Mechanik noch mehr begeistert als Elektrotechnik und spätestens seit meinem Praktikum bei einem deutschen Automobilhersteller war es um mich geschehen. Verbranntes Öl, röhrende Motoren, sagenhaft! (lacht). Da haben mehrere Faktoren ineinander gegriffen: Ich hatte das Interesse für Technik, meine Eltern haben das bemerkt und gefördert.“

Du hast nach dem Abitur Fahrzeugtechnologie studiert. Bist du damals schon in einer Männerdomäne gelandet – wie hast du das erlebt?

„Ich bin in den Vorlesungssaal gekommen und dachte, dass da bestimmt zwei oder drei Frauen sitzen würden – aber ich war tatsächlich die einzige. Sicher, es gab ein paar Kommilitonen, die mich haben spüren lassen, dass sie dachten ‚Eine Frau, was will denn die hier?‘, aber ich habe mich davon nie beirren lassen. Vielmehr habe ich mich immer an denen orientiert, die kein Problem damit hatten und mich auch nicht auf Diskussionen eingelassen. Ich habe einfach immer versucht, es laufen zu lassen und stattdessen fachlich zu überzeugen. Tatsächlich habe ich aber auch selbst nicht ständig im Kopf, dass ich eine Frau bin, sondern mache einfach meine Arbeit, rede mit den Leuten und ob das dann Frauen oder Männer sind, ist doch wirklich egal.“

Hast du dich bewusst für einen Großkonzern entschieden?

„Während des Studiums habe ich viele Praktika gemacht und das genutzt, um größere und kleinere Firmen, sowohl im Automobilhersteller- als auch Zuliefererbereich kennenzulernen und viel auszuprobieren. Ich suche mir gerne immer wieder neue Herausforderungen und will nur ungern auf einem Produkt ‚versumpfen‘. Ich möchte gerne immer weiter lernen und die Möglichkeit haben, auch mal ins Ausland zu gehen – mit MAHLE war ich zum Beispiel auch schon in Brasilien. Für solche Veränderungsmöglichkeiten wollte ich aber nicht dauernd das Unternehmen wechseln müssen. Deswegen habe ich mir ein Unternehmen gesucht, bei dem das intern möglich ist.“

Betrachtet man die Zahlen, dann scheint es immer noch schwer, Frauen für technische Berufe zu begeistern. Häufig wird damit argumentiert, dass sich Frauen einfach nicht so sehr für Technik interessieren wie Männer – was würdest du darauf entgegnen?

„Die Frage ist ja: Wenn wir auf die Welt kommen, haben wir dann nicht alle das Potenzial, uns für Technik zu interessieren? Ich glaube, dass alle Kinder interessiert und neugierig sind, dass sie nach Neuem streben. Das macht uns Menschen einfach aus. Ich denke nicht, dass Menschen geboren werden, die sich für nichts interessieren, sondern dass sie leider irgendwann ruhig gestellt worden sind. Kinder fragen immer nach einem Warum und wollen Dinge verstehen. Die Kunst liegt darin, diese Neugier bei Kindern lange zu erhalten und nicht einfach zu sagen: ‚Sei ruhig und geh spielen!‘ Wir sollten Kinder nicht ‚mundtot‘ machen. Das ist nicht immer einfach, gerade wenn man berufstätig ist und zuweilen müde oder gestresst von der Arbeit nach Hause kommt. Aber dennoch sollten wir immer versuchen, uns den Fragen unserer Kinder zu stellen. Und wenn wir darauf eingehen, dann liegt die Kunst auch darin, ihnen die Antworten, gegebenenfalls auch auf schwierige Sachverhalte, greifbar zu machen – und das unabhängig davon, ob ihre Interessen den klassischen Geschlechtervorstellungen entsprechen, oder nicht.“

Wo und wann sollte man ansetzen, um mehr Frauen für Technik zu begeistern und ein technisches Verständnis zu fördern?

„MAHLE beteiligt sich jedes Jahr am Girls Day und das finde ich sehr gut. Wir sollten aber schon viel früher ansetzen, um die Neugier bei Kindern zu entfachen und zu erhalten. Da geht es auch nicht zwingend um Technik, sondern um alle Themen. Dabei haben nicht nur die Eltern, sondern auch Erzieher und Lehrer eine sehr große Verantwortung, Kindern die Neugier an verschiedenen Themen nicht zu vermiesen. Es geht nicht darum, Kindern einen Stempel aufzudrücken und ihnen zu sagen ‚Du kannst das nicht oder nicht gut genug.‘, sondern vielmehr darum, gerade Kinder in den Bereichen, in denen sie schwächer sind, zu fördern und ihnen einen Zugang zu verschaffen, damit sie sich verbessern können. Institutionen allein können das aber nicht leisten. Es geht auch um das, was außerhalb des Kindergartens und später in der Schule passiert. Das setzt natürlich wiederum voraus, dass die Eltern und das Umfeld Zeit haben und sich diese nehmen. Das muss man sich leisten können. Eltern, die in finanziellen Nöten sind, kümmern sich zuerst einmal um Grundbedürfnisse. Bildung und Förderung kosten Geld. Es ist ein Privileg, sich solche Fragen – in welchem Maße und welchem Bereich eine Förderung gut wäre – überhaupt stellen zu können.“

Du hast selbst auch zwei Töchter. Interessieren sich die beiden für Technik?

„Meine Töchter sind drei und sechs Jahre alt, so ganz genau kann man das also wahrscheinlich noch nicht sagen. Bei beiden beobachte ich aber, dass sie sehr gerne mit Lego spielen und da sehr kreativ sind. Für meine ältere Tochter ist bestimmt auch Lego Technik bald spannend und sie rechnet auch gerne, obwohl sie noch gar nicht in der Schule ist. Da ist auf jeden Fall ein Interesse da. Die beiden werden und sind in ihrem Spiel aber auch nicht begrenzt, sie interessieren sich eigentlich für alles.“

Was würdest du allen Müttern da draußen raten, um ihren Töchtern möglichst vorbehaltlos die Möglichkeit zu bieten, die eigenen Interessen zu entdecken?

„Man muss sich überlegen: Was ist die Aufgabe von Eltern? Und welche Rolle will ich bei der Entwicklung meines Kindes spielen? Ich möchte meinen Kindern alle Werkzeuge an die Hand geben, damit sie sich ein glückliches Leben aufbauen können. Dazu gehört auch, dass Kinder ihrem Alter entsprechend Entscheidungen treffen und dass man diese zulässt. Ich kann meine Kinder einen Töpferkurs oder einen Technik-Workshop machen lassen, aber ich kann nicht steuern, wofür sie sich schlussendlich wirklich interessieren. Man muss sich davon losmachen, dass Kinder in die eigenen Fußstapfen treten müssen oder sollen. Es geht ja nicht um einen selbst und niemand sollte irgendwo hineingepresst werden. Man muss jedem Kind persönliche Interessen zugestehen.“

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