Foto: Tech Crunch – Flickr – CC BY 2.0

Warum Milliarden-Spenden allein nicht die Welt verbessern

Unzählige Superreiche spenden große Teile ihrer Vermögen, um Schulen zu bauen, Hunger zu lindern und Krankheiten zu bekämpfen. Aber wie nachhaltig können private Mittel das tun?

 

Prominente kennen nur eines: Selbstmarketing

Wenn Prominente entscheiden, ihr Geld für andere Zwecke
einzusetzen als es zu sparen, sich zu vergnügen oder
Familienmitglieder zu beschenken, hat nahezu jeder dazu eine Meinung – in der
Regel ohne die prominente Person zu kennen. Häme und es einfach besser zu wissen, ist eben einfacher. 

Mark Zuckerberg und Priscilla Chan wollen also Steuern sparen und sich in ein
gutes Licht rücken, dabei ist Zuckerberg doch Chef einer Datenkrake, die mit den Daten
von einfachen Nutzerinnen und Nutzern Geld verdient und sie ausspäht – und die Geburt seiner
Tochter Max beutet er aus, um sich als Altruisten zu inszenieren. Wirklich?

Die Schauspielerin Veronica Ferres und ihr Mann Carsten
Maschmeyer – den man zu Recht für seine Geschäftspraktiken kritisieren muss
– haben zwei geflüchteten Familien bei sich aufgenommen – prompt trafen
sie Vorwürfe, sie täten dies vor allem um gute PR zu bekommen – und das, obwohl
die Presse erst davon erfuhr, nach dem die Familien schon etwa zehn Wochen bei
Ferres und Maschmeyer lebten. Dass sie helfen wollen – jenseits von PR-Fragen – müssen wir Prominenten zugestehen. 

Im letzten Jahr, gaben Bill und Melinda Gates über die Gates Foundation etwa vier Milliarden Dollar an wohltätige Zwecke – einen großen Anteil davon um Krankheiten wie HIV, Polio und Malaria zu bekämpfen.

Angelina Jolies Haupttätigkeit liegt, wenn man genau
hinsieht, nicht in der Schauspielerei sondern in der humanitären Arbeit – sie
engagiert sich für Frieden, Bildung und gegen Armut und spendet gemeinsam mit
ihrem Mann Brad Pitt immer wieder große Summen von einigen zehntausend Dollar
bis zu einstelligen Millionensummen an unterschiedliche Hilfsprojekte und unterhält
außerdem Stiftungen. Sie inszeniert sich dabei niemals als Wohltäterin, sondern
spricht immer an, dass Geld allein die Probleme in Kriegsgebieten und armen
Regionen nicht lösen kann.

Geld ist keine langfristige Lösung

Und genau das, ist der entscheidende Punkt: Egal wie viel
sich Menschen mit ihrem Privatvermögen und ihrer Zeit für soziale,
gesellschaftliche und wissenschaftliche Zwecke engagieren und damit sehr viel
Gutes im Kleinen tun – Geld allein schafft keine nachhaltigen Veränderungen, die tatsächlich in einer gerechteren Welt resultieren. 

Es bleibt absurd: Ein kleiner Teil der Weltbevölkerung
besitzt so viel Geld, dass eine kleine Spende vom dem Vermögen von nur einer Person
ein ganzes Dorf ernähren kann oder hunderten von Mädchen ermöglicht, zur Schule
zu gehen. Wir haben uns an dieses Phänomen gewöhnt, doch eigentlich ist es
unbegreiflich, dass das, was bei anderen herumliegt wie niemals aussortierte
Zeitungen oder die Gegenstände eines Sammelticks, anderen Menschen so sehr fehlt, dass ihr Leben
elend ist und sie am Mangel sterben.

Der technologische Fortschritt hat ermöglicht, dass diese
Ungleichheit immer sichtbarer wird. Hingegen vergrößert sich die so
genannte Schere zwischen „Arm und Reich“ zuverlässig immer weiter – die
Spendenbereitschaft lindert Auswirkungen davon, lösen, tut sie sie nicht.

Mehr Steuergelder helfen mehr?

Ist es daher der richtige Weg, Mark Zuckerberg dafür zu
kritisieren, dass er eine eigene Idee dafür hat, wie er sein überschüssiges
Geld verwenden möchte und in welchen Bereichen er damit Fortschritt ermöglichen
will? Was würde denn passieren, wenn Konzerne wie Facebook oder Superreiche tatsächlich mehr
Steuern zahlen würden und damit Mittel entstünden, die Politik verwalten und
verteilen könnte?

Aktuell können die Dinge, die Menschen für ein gutes Leben brauchen, sicher aber am besten über bestehende politische Strukturen verteilt werden. Doch fehlen die Gelder der Superreichen tatsächlich in den Mitteln von Ländern in einer Summe, die Staaten sehr viel mehr Handlungsspielraum ermöglichen würde?

Oder haben Steuersysteme Fehler, die das vorhandene Geld aktuell so umverteilen und investieren, dass Ungerechtigkeiten sich vergrößern oder zumindest nicht kleiner werden?

Die Politik der Stiftungen

Die große Ungleichheit in der Welt ist auch ein Ergebnis
politischer Entscheidungen. Um das Geld von privaten Spendern sinnvoll zu
verteilen, müsste wiederum ein großer Verwaltungsapparat entstehen – mit einer
politischen Haltung. Denn dass sich mehr und mehr Reiche dem „Giving Pledge“ anschließen, ist auf der einen Seite etwas Gutes, auf der anderen Seite ist es wichtig zu fragen, inwieweit damit durch Geld Einfluss gewonnen werden kann und somit einzelne Menschen politische Debatten ganz anders beeinflussen können als normale Bürger. Große Stiftungen, die Entwicklungshilfe oder Forschung finanzieren, entwickeln sich also zunehmend zu einem eigenständigen politischen Akteur und Privatinteressen können über sie als Lobbyinstrument vertreten werden und sich auf tatsächliche Politik auswirken. Viel wichtiger ist daher zu fragen, welche Interessen zum Beispiel Mark Zuckerberg vertritt – und weniger auf das Thema Steuern zu schauen. Dass er Einfluss nehmen möchte, sagte er in seinem Brief sehr klar: „We must participate in policy and advocacy to shape debates.” 

Richtig helfen

Jedes Engagement um anderen zu helfen ist sinnvoll – das
Spenden einer Winterjacke oder der Tag, an dem man sich für Umweltschutz, in
einer Obdachlosenunterkunft oder für Geflüchtete einsetzt, macht die Welt im
kleinen ein Stück besser.

Die große Frage jedoch, die Helfen und Spenden betrifft, ist
wie wir Zeit, Geld und Ideen so einsetzen können, dass Hilfsbereitschaft und
Gastfreundschaft irgendwann vor allem selbstverständliche Gesten sein werden –
aber nicht erforderlich, um das Leben anderer zu schützen.

Wer sich wirklich philanthropisch verhalten will – muss sich vor allem politisch engagieren – um Strukturen zu schaffen, in denen Geldspenden nicht mehr nötig sind.

Titelbild: Tech Crunch – Flickr – CC BY 2.0 

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