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Warum es niemandem etwas bringt, besonders fleißig zu sein

Wenn man richtig fleißig ist, dann erzielt man auch die besten Resultate. Richtig? Leider nein.

 

Sei nicht so fleißig, denn das bringt dich nicht weiter!

Du liebst
To-Do-Listen und machst dich gerne noch an eine Extra-Aufgabe? Deine Arbeitstage
sind lang, dann noch länger und abends kommst du heim, während alle anderen
schon seit Stunden auf der Couch abhängen? Und wenn du dich dann auch endlich
aufs Sofa fallen lässt, dann klopfst du dir selbst auf die Schulter, weil du
heute wieder richtig fleißig warst und mehr gearbeitet hast als alle anderen?

Im Prinzip ist das legitim. Doch wer lange und hart arbeitet, hat am Ende
nicht unbedingt viel erledigt. Und für was genau klopfst du dir nun auf die
Schulter? Dafür, dass du eigentlich der traurigste Mitarbeiter bist, weil alle
anderen wenigstens noch ein Privatleben haben?

Tja, viele von uns sind schon einmal der Mensch gewesen, der nur noch
rennt und rennt, früh los geht und abends ganz spät heim kommt und der sich
dann innerlich selbst ein High-Five gibt: Du reißt da echt was, super! Warum das
aber vor allem Betrug an sich selbst ist und warum wir statt der harten
Arbeit auch mal alle Fünfe gerade sein lassen sollten – und damit bessere
Resultate erzielen – hat 99u in einem interessanten Artikel aufgeschrieben.

Ihr arbeitet einfach nicht hart genug

Es ist doch so: Wenn wir unsere Kollegen oder andere Menschen, die etwas für uns erledigen sollen, in ihrer Arbeit bewerten, dann würde man davon ausgehen, dass wir hierfür vor
allem danach schauen, wie gut die Ergebnisse sind, die erzielt werden. Aber die Wahrheit ist, wir bewerten sie auch maßgeblich danach, wie schwer sie sich für
uns und/oder die Aufgabe abmühen – denn, wer hart arbeitet, der hat auch seinen
Erfolg hinterher verdient.

Genau das nennen Psychologen die sogenannte „labour
illusion“, also die Illusion vom Abmühen. Sie ist übrigens auch der Grund dafür, dass etwa Websites, auf denen wir nach
günstigen Flügen suchen, uns diesen Suchprozess anzeigen: Wir sehen gern dabei zu und warten lieber etwas länger, weil wir glauben, dass Prozesse dauern müssen, das hat eine Studie der Harvard
Business School
zum Phänomen ergeben. Und es ist auch der Grund, warum wir
Schlosser, die für einen Zwei-Minuten-Dienst mehrere Hundert Euro von uns haben wollen,
nicht besonders gut leiden können – das Ergebnis stimmt, aber es steckte
einfach nicht genug harte Arbeit drin.

Meist sind zwei Stunden mehr wert als zehn

Auch wir selbst glauben ja, wir hatten einen harten Arbeitstag, wenn wir zehn Stunden im Büro
saßen – selbst wenn wir die nur in ineffizienten Meetings oder mit unserem Postfach verbracht haben – als wenn wir uns nur zwei bis drei Stunden richtig produktiv
und umfassend mit einer Aufgabe beschäftigt haben, oder? Doch gerade Kreative
wissen: Genau diese zwei bis drei Stunden können ein tolles Ergebnis bringen. Danach fällt man nicht
tot vom Stuhl, und doch kam am meisten dabei herum. Und genau deshalb ist es so
falsch, die eigene Leistung an der Müdigkeit zu messen, die die Aufgabe verursacht hat.

Es ist also auch falsch, dass ich ungläubig schaue, wenn mir
meine Chefin Susann erzählt, dass sie für eine in zehn Tagen geschrieben
Masterarbeit die Note Eins kassierte. Ich dagegen für meine, die ich in vier
Monaten geschrieben habe, lediglich eine 2! Das ist doch nicht fair? Doch, das
ist es, denn am Ende ist es das Ergebnis, das zählt.

Es ist schwer, diese Idee von der Huldigung des Fleißes aus uns herauszubekommen  – denn in
der Regel sind wir mit dem Gedanken ausgewachsen, viel und lange zu arbeiten sei eine
Sache, auf die man stolz sein könne und die belohnt werde. Und auch in vielen
Unternehmen wird diese Idee noch gelebt
:  Derjenige, der immer als erster
das Büro verlässt, wird von den Kollegen und vor allem vom Chef schief angesehen und der andere, der immer das Licht ausmacht, als besonders engagiert gelobt. Wie
gut die Arbeit ist, die beide leisten, spielt dabei erst einmal keine
große Rolle.

Viel hilft viel? Eine Illusion!

Das sollte es aber. Denn es ist einfach eine Illusion zu sagen, wer viel vor Ort ist, wird
am meisten erledigen und wird die besten Resultate erzielen, und genau deshalb
sollten wir uns selbst und den anderen langsam glauben, dass man auch in wenig
Zeit tolle Ergebnisse erzielen kann. Du bist gegen 16 Uhr mit deinen Aufgaben
durch
? Dann solltest du auch erhobenen Hauptes nach Hause gehen dürfen. Damit uns das gelingt, müssen wir aber auch damit anfangen – es tun und den anderen im Team auch glauben, wenn sie mit ihrer Arbeit durch sind.

In dem Sinne: Ein voller Terminkalender, weist noch lange
nicht auf ein erfülltes Leben hin – und auch nicht darauf, ob jemand gute
Ergebnisse erzielt oder nicht.

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