Foto: Gianfranco Blanco – Flickr – CC BY-ND 2.0

So merkst du im Büro, dass du ein blöder Sexist bist

Wenn ein Mann einer Frau im Büro im Witz anmerkt, er würde gerne bei der nächsten Dienstreise bei ihr im Bett übernachten, hat es mit einer freundlichen Geste nichts mehr zu tun. Wie merke ich als Mann, wann ich noch charmant bin und wann ein blöder Sexist?

Wo fängt Sexismus an?

Wenn ein Mann einer Frau im Büro ein Kompliment macht, wie zum Beispiel „Tolles Kleid!“ ist das erst einmal eine freundliche Geste. Wenn ein Mann jedoch gegenüber einer Kollegin im Witz anmerkt, er würde gerne bei der nächsten Dienstreise bei ihr im Bett übernachten, hat das mit einer freundlichen Geste nichts mehr zu tun.

Die Grenze zwischen noch sympathischer und einfach nicht mehr akzeptabler Verhaltensweise eines Mannes gegenüber einer Frau im Berufsalltag ist sicher nicht schwarz und weiß. Es hängt vielmehr von der Branche, der eigenen Persönlichkeit und auch der jeweiligen Beziehung zueinander ab. In einigen Büros geht es freundschaftlich und locker zu, in anderen eher formell.

Ich muss gestehen, dass mir selbst lange Zeit nicht klar war, was nur nett gemeint ist und was im Büro nichts mehr verloren hat. Wenn man als junge Frau im Arbeitsleben ankommt, sind subtile sexistische Verhaltensweisen nicht immer eindeutig identifizierbar. Man hat vielleicht ein komisches Bauchgefühl, aber kann man diesem trauen? Ich sage: Ja!

Männer wollen eine Wirkung erzielen

Nur wie verhält es sich hier mit den Herren? Ist die unangenehme Wirkung beabsichtigt oder eigentlich gänzlich ungewollt? Ich versuche die Frage mal vorsichtig selbst zu beantworten. Die hier gemeinten Männer wollen eine Wirkung erzielen, vielleicht auch nach dem Motto: Der Zweck heiligt alle Mittel. Aber, lieber Mann: Egal ob es darum geht, sich erhaben zu fühlen oder auf sich aufmerksam zu machen oder Interesse an einer Frau zu bekunden, es ist und bleibt der falsche Weg, im Büro diese zweideutigen Anmerkungen zu machen.

Wie merke ich also als Mann, wann ich noch charmant bin und wann ich mich bereits auf Abwegen befinde? Eigentlich ist es gar nicht so schwer die richtige Balance zu finden.

Stell Dir vor deine weibliche Vorgesetzte sitzt vor Dir

Stell Dir vor deine weibliche Vorgesetzte sitzt vor dir. Würdest du einen sexistischen Witz unter der Gürtellinie machen? Würdest du ihr körperlich zu nahe kommen? Würdest du sie zum Abendessen einladen, ohne weitere Teilnehmer, ohne Agenda? Würdest du Anspielungen darauf machen, dass nichts dagegen spricht, sich das nächste Mal das Hotelbett zu teilen?

Ich vermute, das würdest du nicht tun. Es ist wohl eine Frage des Respekts. Und dieser scheint gegenüber untergebenen oder gleichgestellten Kolleginnen
allzu oft niedriger zu sein, als gegenüber den eigenen Geschlechtsgenossen.

Was mich am meisten stört, ist die Widersprüchlichkeit. Bin ich als Frau kommunikativer, offener und gehe auf die Menschen zu, setze ich mich stärker derartigen Situationen aus. Ich möchte eine gute berufliche Beziehung zu Kollegen und bekomme Sexismus zurück. Interessanterweise verhält es sich mit untergeordneten Geschlechtsgenossen nicht so. Diesen gegenüber begreifen sich Männer eher als Mentor und Vorbild. Es ist zwar auch hier keine Beziehung auf Augenhöhe, aber doch mit Respekt.

Ich verliere den Respekt vor Euch

Zum Leidwesen des Mannes ist das Resultat eines solchen Verhaltens stets dasselbe: Ich verliere den Respekt vor euch. Was bleibt, ist der fade Beigeschmack von Männern, die sich größer machen wollen, als sie sind und plötzlich ganz klein wirken.

Wie verhält es sich also mit Komplimenten im Büroalltag? Das ist ein schwieriges Thema und stellt Mann nicht zu selten vor eine Herausforderung. Als Faustregel gilt: Komplimente, die ihr auch ruhigen Gewissens eurer Mutter machen würdet, sind aus meiner Sicht unkritisch. Aber warum kommentiert ihr nicht einfach, wenn eure Kollegin richtig gute Arbeit macht?

Manche Kollegen haben eine merkwürdige Angewohnheit, ihre Sympathie
einer Frau gegenüber statt in einem Kompliment mit Neckerei herüberzubringen. Das Problem an dieser Art des Sprücheklopfens ist, dass abhängig von Ton, der bekanntlich die Musik macht, und vom Typ der Frau es schnell als verletzend oder sogar angreifend empfunden werden kann. Generell erinnert mich das immer an meine Schulzeit, als die Jungs an den Zöpfen der Mädels zogen. Nun ja, man möchte davon ausgehen, dass ein erwachsener, selbstsicherer Mann das nicht mehr nötig hat, oder? Ein direktes Miteinander im Sinne von: „Das Kleid steht dir sehr gut“ und ein einfaches „Danke, das ist sehr aufmerksam“ würde unseren gemeinsamen Alltag doch viel schöner machen. Ich finde: Ein ehrliches Kompliment ist etwas Schönes und wie ein Strauß Blumen, für den man sich bedanken sollte.

Was wäre, wenn …

Noch ein einfacher Tipp zum Schluss, von dem ich hoffe, dass ihn sich alle Männer zu Herzen nehmen, vor allem die Büroschürzenjäger und Midlife-Crisis-Geplagten. Stellt euch vor, die Kollegin wäre eure Tochter. Wollt ihr, dass sie mit diesem nervigen und schädlichen Sexismus ins Berufsleben startet? Eben. Also lasst es sein. Das macht den Berufsalltag für alle schöner.

Titelbild: Gianfranco Blanco – Flickr – CC BY-ND 2.0

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