Foto: Pic by @sarashakeel

Wo kommst Du her?

Wo kommst Du her und wo möchtest Du hin?

 

Paco Iyer meint in seinem TED-Talk Where do you come from?, dass es wichtiger sei zu wissen, wo man hin möchte, als wo man herkommt.

Ich bin in meinem Leben so oft gefragt worden, wo ich herkomme. Ich stutze immer einen Moment, bis mir der Gedanke kommt, dass ich die Sprache, die ich gerade spreche, recht gut beherrsche, aber, dass ein Rest „Fremdheit“ bleibt und mein Gegenüber sie heraushört. Am liebsten würde ich sagen: ich komme von überall her und  von nirgendwo. Mein Zuhause ist dort, wo meine Familie und meine Freunde sind, aber ich fühle mich in Deutschland wohl, und bin dankbar, dass ich hier leben darf.

Ich komme gerade von einer 14-tägigen Reise aus Israel. Ein Land in dem praktisch eine ganze Bevölkerung von „woanders“ herkommt und dennoch das Land Israel als Heimat betrachtet – obwohl es vielleicht nicht ganz „zuhause“ ist. Für einen Großteil der Bevölkerung ist dieses Land ein Zufluchtsort. Sie alle kamen und kommen noch, wegen der Grauen des Holocaust, wegen der Verfolgung im Yemen, in Äthiopien, der Türkei, Russland – und in letzter Zeit verstärkt aus Frankreich, wegen den Problemen dort. Sie hoffen auf Sicherheit, die es gerade in diesem Land nicht gibt. Die Sicherheit gibt es nicht, da Israel von Feinden umgeben ist, und auch weil die ultrakonservativen Kräfte im Land selber, danach trachten mögliche Lösungen zu torpedieren.

Marcel Proust sagte, dass das Reisen nicht etwa neue Sehenswürdigkeiten zum Ziel haben sollte; das Ziel sollte sein, mit neuen Augen zu sehen. Ich war zutiefst beeindruckt von einem Nebeneinander von Kulturen, Sprachen, Bräuchen und Religionen. Das Zusammenleben geschieht manchmal aus praktischen Überlegungen, manchmal aus echter Sympathie, manchmal gezwungenermaßen. Aber aus einem Nebeneinander kann ein Miteinander werden. Ich hoffe darauf, dass die jungen Menschen im Land zueinander finden, dass sie alle verstehen, dass das Zuhause nicht nur der Ort ist, wo man schläft, sondern der Ort wo man steht.

Nur die Heimat, die Menschlichkeit verkörpert, die Werte beherbergt, kann man lieben, und möchte man zur Not verteidigen. Über 200 Millionen Menschen weltweit leben fern von ihrer ursprünglichen Heimat. Pico Iyer sagt:
„Where you come from has less to do with a piece of soil and more with a piece of soul.”

 

Julia Kalmund, Juni 2017

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