Donata Hopfen steht an der Spitze von Deutschlands größtem Medium, der Bild. Ein Gespräch über ihren Weg, persönliche Ziele und darüber, wie man Trends entdeckt.
Donata Hopfen: Bild-Chefin mit Symbolwirkung
Minusgrade. Der kälteste Tag im sonst eher milden November 2014: Donata Hopfen steht gemeinsam mit 300 Leuten in der Schlange zur Preisverleihung der „25 Frauen für die digitale Zukunft“. Die Bild-Managerin hat ihre Kapuze weit ins Gesicht gezogen, sie begrüßt mich – herzlich und unaufgeregt trotz der eisigen Kälte. Es ist unsere erste Begegnung und in nur 30 Sekunden hecken wir einen kurzen Plan aus: Die Wartenden müssen wegen akuter Kältegefahr rein auf die Eventfläche der Factory, die Namensbadges sind egal. Gesagt, getan. Ein paar Augenblicke später sind alle Gäste im warmen Innenraum und es kann losgehen.
Zuletzt treffen wir uns bei der Noah-Konferenz Anfang Juni. Sie sitzt in einer dunklen Ecke im riesigen Saal des Tempodroms in Berlin und hört gespannt den Vorträgen des kompletten Healthcare- und Science-Programms zu. „Ich schaue mir bei Konferenzen immer an, wovon ich am wenigsten verstehe, dass ist dann so wie ein Kurz-Briefing, da lerne ich am meisten“, entgegnet sie mir auf meine verwunderte Nachfrage.
Bei einer anderen Abendveranstaltung erzählt sie mir fasziniert von App- und Mobile-Entwicklungen. Ihr Blick reicht viel weiter als in die USA, was für viele in der Medienbranche immer die Referenz ist. Sie interessiert sich für das, was außerhalb passiert, wo nur die wenigsten genau hinschauen. Auf diesem Weg erfahre ich, dass die beliebteste App in Afrika tatsächlich eine für das Management von Kühen ist.
Drei Begegnungen, die vielleicht erklären, wie Donata Hopfen es an die Spitze der Bild-Gruppe schaffte.
Verzahnung von Print und Digitalem
Als Vorsitzende der Verlagsgeschäftsführung ist sie bei der Bild-Gruppe von Axel Springer sowohl für Print als auch Digitales verantwortlich. Sie muss vernetzt denken. Schon seit 2003 ist die heute 39-Jährige bei Springer in unterschiedlichen Positionen für digitale Themen zuständig.
Als Donata Hopfen im Mai 2014 Verlagsgeschäftsführerin der Bild-Gruppe wird, feiert die Branche den Schritt als eine Art Meilenstein.Weiblich, unter 40, komplett digital. Ein Schritt voller Symbolkraft schrieben die Branchenmedien und hatten damit Recht.
Allerdings auch ein völlig logischer Schritt. Hopfen studiert BWL in Reutlingen und in Madrid, sie wollte in die Beratung. Doch eine Leidenschaft trug sie schon immer in sich: die Leidenschaft für Inhalte. Nach ihrem Studium absolviert sie 1999 ein Praktikum in der Bild-Print-Redaktion in Hamburg. Damals stehen die Onlinemedien in Deutschland noch am Anfang. „Die Arbeit bei der Bild faszinierte mich. Die Art Informationen schnell und prägnant herunterzubrechen ist einmalig“, erzählt Donata Hopfen beim Gespräch in ihrem Büro in Gedanken an das Praktikum.
Nach dem Studium entscheidet sich Hopfen dann gegen die journalistische Laufbahn und für die Beratung. 2000 steigt sie bei Andersen Consulting ein, die Beratung, die heute Accenture heißt. „Damals gab es so viele digitale Projekte in der Pipeline, dass ich mich drei Jahre nur mit digitalen Themen beschäftigte. Das war die Basis für meine weiteren Schritte.” Die Basis für das digitale Geschäft im Journalismus. Drei Jahre bleibt sie im Unternehmen, dann geht sie zu Axel Springer.
Bild Plus – ein Erfolgsmodell?
Sie ist „durch und durch rot“, sagt sie von sich. Bild ist für sie das Leitmedium. Zumindest, das zeigen die Zahlen, ist Bild das größte Medium. Die Bild-Zeitung ist nach wie vor die größte Tageszeitung. Über 11 Millionen Leserinnen und Leser erreichen Bild und B.Z. laut Nielsen. Täglich. Über 17 Millionen Unique User erreicht das Medium monatlich online. Und während so mancher sich die Frage nach der Qualität des Journalismus oder den Sinn oder Unsinn der Volksprodukte wie Handyverträge oder Zahnbürsten stellt, scheint die Bild einen Nerv zu treffen, der funktioniert.
Donata Hopfens Job ist mittlerweile mehr als das Digitale. Sie verzahnt die beiden Seiten, die in anderen Medienhäusern noch immer getrennt laufen und für Konflikte sorgen. Sie hat, verantwortlich auf der Management-Seite, das Premiummodell „Bild Plus“ eingeführt. Die Zahlen würden beweisen, dass das Modell auf einem guten Weg sei, sagt sie im Gespräch, auch wenn noch mehr ginge. Nach außen gibt sie sich also zufrieden.
Bezahlmodelle im Online-Journalismus sind noch immer ein Probierprodukt für die meisten Verlage, das perfekte Modell kennt niemand. Hopfen meint es allerdings ernst und sieht es als ein wichtiges Experiment an. Die Bild könne damit wichtige Umsätze erwirtschaften. „Und steigende“, ergänzt sie.
Neben Umsätzen geht es dem Verlag aber auch darum, den Leser besser kennenzulernen. „Wir lernen viel über Kunden und ihre Präferenzen. Dinge, die wir davor nicht wussten“, sagt Hopfen. Und auch viel habe man in den ersten Monaten, gelernt, wofür Kunden zahlen und wofür nicht. Dabei tüftelt die Bild weiter an digitalen Erlösmodellen. Das sei wichtig im Transformationsprozess. Über die Hälfte des Umsatzes des Verlags kommt inzwischen aus dem digitalen Geschäft.
Mitarbeiter begleiten, nicht statisch führen
Im Innovationsprozess sind für sie eine Mischung aus Bauchgefühl und Zahlenwerk wichtig. „Ich gehe gerne Risiken ein, aber ich will sie davor kalkulieren. Es ist wichtig den Worst Case zu kennen“, sagt sie. Trends in Afrika oder Asien begeistern sie, fast mehr noch als die in den USA. Trotzdem reist sie regelmäßig ins Valley – und das schon seit 15 Jahren. Sie tauscht sich vor Ort mit Medienmachern und Startups aus.
Der nächste zentrale Schritt für die Bild, soll Bewegtbild sein. „Mit Bild sind wir Leitmedium. Bewegtbild wird immer wichtiger. Wir können schon jetzt unsere Geschichten bewegt erzählen, und wollen damit in allen Dimensionen das Leitmedium in Deutschland werden. Wir wollen auf jedem Endgerät, auf dem der Nutzer ins Internet geht, auf der ersten Seite stattfinden“, sagt Donata Hopfen.
Vom 14. Stockwerk ihres Zimmers kann man fast über ganz Berlin blicken. Schaut sie von ihrem Schreibtisch nach vorn, sieht sie durch eine Fensterfront alle Kollegen. „Die Nähe zum Team ist zentral für mich. Wenn ich von mir sage, dass ich einen modernen Managementstil habe, dann meine ich damit, dass Führung auch aus Diskussion und Austausch besteht. Ich bin ein Begleiter für mein Team. Ich stoße an und lasse dann machen“, sagt Hopfen. Sie selbst habe in ihrer Laufbahn unterschiedliche Mentoren gehabt, die sie alle ein Stück auf ihrem Weg begleitet hätten. „Ohne diese Mentoren wäre mein Weg so nicht verlaufen“, sagt die Managerin.
Donata Hopfen: Tough?
Spricht man mit Menschen aus Donata Hopfens Netzwerk, hört man immer wieder, dass sie extrem „gut“ sei. Oft fällt das Wort „tough“, ein Wort, dass sie für sich selbst weniger mag. Sie sei getrieben von einer Leidenschaft, nicht vom Ehrgeiz, sagt mir ein enger Vertrauter. Eine Leidenschaft, die sie in den vergangenen Jahren oft im Dreijahresrhythmus in neue Positionen geführt hat.
Donata Hopfen selbst findet sich mit 39 in der Position gar nicht mehr so jung, sagt sie. Sie hat Recht. Viele Vorstände bei Axel Springer sind in ihren 30ern oder Anfang 40 in diese Positionen aufgerückt. Donata Hopfen könnte das noch bevorstehen.
Dass sie eine Frau sei, ist noch immer etwas Ungewöhnliches in ihrer Position. Das weiß sie, erzählt sie offen. Am liebsten wird sie aber für das beurteilt, was sie inhaltlich kann, nicht mit dem Blick auf ihr Geschlecht.
Ihre Fensterbank erzählt mehr darüber, sie ist mit Preisen dekoriert. Medienfrau des Jahres 2014 bei der Branchenpublikation Horizont ist sie geworden. Award reiht sich hier an Award. Die meisten hat sie nicht dafür bekommen, dass sie als Frau besonders gut war. Ein Objekt zwischen den Auszeichnungen verrät, dass sie sich diese Preise mit Augenzwinkern zu einer Wall of Fame aufgebaut hat. „Gone Fishing“ steht auf einem schlichten Holzbrett. Sie hat noch Größeres vor, als diese Sammlung zu erweitern.
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