In der 66. Folge unseres Podcasts „Echt & Unzensiert“ spricht Host Tino Amaral mit der Dermatologin und Bestsellerautorin Dr. Yael Adler darüber, warum eine gute, klare und respektvolle Kommunikation zwischen Patient*innen und Ärzt*innen so entscheidend ist – und wie sie gelingen kann.
Dr. Yael Adler erklärt im Podcast unter anderem, wie Patient*innen die gemeinsame Zeit im Sprechzimmer bestmöglich nutzen können, was eine Beziehung auf Augenhöhe ausmacht und wie man damit umgeht, wenn medizinische Fachsprache überfordert oder man sich im Behandlungszimmer nicht wirklich gesehen oder gehört fühlt. Außerdem erklärt sie, welche Schritte helfen, Missverständnisse zu vermeiden, wann es sinnvoll ist, eine zweite Meinung einzuholen und vieles mehr.
Diese und viele weitere Themen greift Dr. Yael Adler auch in ihrem Buch „Wir müssen reden, Frau Doktor! Wie Ärzte ticken und was Patienten brauchen“ auf. Anhand zahlreicher Beispiele zeigt sie dort auf, wie unterschiedlich Ärzt*innen und Patient*innen ticken – und wie beide Seiten lernen können, besser miteinander zu kommunizieren.
Ein besonderer Schwerpunkt der Podcastfolge liegt auf dem Umgang mit belastenden Diagnosen. Dr. Adler beschreibt, welche Ängste, Schamgefühle und Gedankenspiralen viele Erkrankte erleben – und weshalb es so heilsam sein kann, Sorgen offen auszusprechen, statt sie allein mit sich auszumachen. Auch Angehörige erfahren, wie sie unterstützen können, ohne Grenzen zu überschreiten oder zusätzlichen Druck aufzubauen.
Diese Ausgabe von „Echt & Unzensiert“ wird unterstützt von Bristol Myers Squibb. Mit der Initiative „Aussprechen, was bewegt“ bietet das forschende Pharmaunternehmen Patient*innen mit einer chronischen oder schweren Erkrankung und ihren Angehörigen wichtige Gesprächsimpulse, praktische Tipps und Unterstützung – etwa für Gespräche mit Arzt oder Ärztin, den Umgang mit belastenden Emotionen oder die Kommunikation im Alltag. Alle Informationen finden sich unter bms.com/de/awb oder unter dem Hashtag #AussprechenWasBewegt auf Instagram.
Die Teilnahme von Dr. Yael Adler erfolgte rein redaktionell.
Die ganze Podcastfolge mit Dr. Yael Adler hörst du über einen Klick ins Titelbild oder eingebettet unten im Artikel und natürlich überall dort, wo es Podcasts gibt. Einen Ausschnitt aus dem Gespräch liest du hier.
„Im Grunde ist es eine sehr enge, sehr intime und manchmal existenzielle Beziehung. Zumindest empfinden das die meisten Patient*innen so, weil sie viel über sich erzählen und offenbaren müssen, damit ein Heilungsprozess überhaupt gelingen kann. Man kann es fast mit einer Liebesbeziehung vergleichen, natürlich ohne den libidinösen Anteil.
Wenn diese Beziehung gelingt, entsteht Vertrauen, Stress wird abgebaut und man kann den Weg gemeinsam gehen. Im besten Fall begleiten Ärzt*innen ihre Patient*innen über eine lange Zeit – dann wird Heilung viel greifbarer und es passieren weniger Fehler.“
„Wir wissen alle, wie schwierig es ist, überhaupt einen Termin zu bekommen. Die Praxen sind voll, Wartelisten sind lang, Ärzt*innen haben nur begrenzt Zeit – und dadurch nehmen sich manche für ihre Patient*innen auch nicht die Zeit, die eigentlich nötig wäre.
Viele Ärzt*innen unterbrechen ihre Patient*innen bereits nach wenigen Sekunden und lassen sie gar nicht erst ausreden. Dabei würden die meisten nur eine bis anderthalb Minuten sprechen. Trotzdem fallen wir ihnen oft schon nach 20 oder 30 Sekunden ins Wort, weil wir glauben zu wissen, worum es geht. Unter solchen Bedingungen kann kaum eine Atmosphäre entstehen, in der eine wirklich gute, partnerschaftliche Beziehung aufgebaut werden kann.
Wir wissen aus Liebes-, Familien- und Freundschaftsbeziehungen: Ohne Zeit funktioniert nichts. Man braucht sie, um aufeinander einzugehen, sich aufeinander einzulassen und wirklich ins Gespräch zu kommen.“
„Das ist letztlich eine politische Frage. Gespräche im Behandlungszimmer werden kaum honoriert, während es gleichzeitig ein zu geringes Angebot an Ärzt*innen gibt. In meinem Fachgebiet, der Dermatologie, ist es besonders deutlich: Kassenärztliche Dermatolog*innen werden sehr schlecht bezahlt. Sie müssen daher eine große Menge an Patient*innen versorgen, um all ihre Kosten zu decken – und am Ende auch noch davon zu leben. Apparative Medizin hingegen wird deutlich besser vergütet.
Im Grunde müsste man das anders gewichten. Wir wissen, wie wichtig Prävention ist. Wir wissen, wie wichtig Aufklärung ist. Und wir wissen, wie wichtig das Gespräch ist. Doch genau diese Bereiche werden am schlechtesten bezahlt. Stattdessen greift die moderne Medizinmaschinerie oft erst dann, wenn ein Mensch schon schwer krank ist – mit Chemotherapien, Operationen, Robotik und vielem mehr.
Dabei wäre es so viel sinnvoller, früher anzusetzen. Und das beginnt schon außerhalb der Arztpraxis: damit, dass Menschen wissen und praktizieren, wie man gesund isst, gut schläft, sich mit unterstützenden Menschen umgibt und sich ausreichend bewegt.“
„Aus meiner Sicht ist es wichtig, einen festen Hausarzt oder eine feste Hausärztin zu haben, der bzw. die einen in guten, wie in schlechten Zeiten begleitet. So wird man zuverlässig an Vorsorgen, Impfungen oder notwendige Untersuchungen erinnert. Und wenn tatsächlich einmal ein Facharzttermin nötig wird, verfügen viele Hausarztpraxen über ein gutes Netzwerk und können häufig auch kurzfristig etwas ermöglichen.
Damit das System funktioniert, tragen beide Seiten Verantwortung. Ich höre von Kolleg*innen immer wieder, dass Patient*innen zu vereinbarten Terminen gar nicht erscheinen, weil sie sich zum Beispiel mehrere Optionen offengehalten und dann vergessen haben, abzusagen. Das geht nicht. Wer einen Termin unentschuldigt verstreichen lässt, sollte meiner Meinung nach auch zur Kasse gebeten werden – außer natürlich, es liegt eine akute Erkrankung vor. Andernfalls blockiert man Zeitfenster, die andere dringend gebraucht hätten.“
„Ich sehe die Beziehung zwischen Ärzt*innen und Patient*innen als eine echte Partnerschaft. Niemand steht über dem anderen. Fachlich bin ich vielleicht im Vorteil, aber menschlich sollten wir uns unbedingt auf Augenhöhe begegnen. Und zu einer Partnerschaft gehört, dass beide Seiten etwas beitragen. Dazu zählt auch eine gute Vorbereitung. Patient*innen sollten nicht das Gefühl haben, demütig oder unterwürfig sein zu müssen – sie haben ein Recht auf Beratung und dürfen sich selbstverständlich einbringen.
Sehr hilfreich ist zum Beispiel, sich vorher stichpunktartig aufzuschreiben, welche Themen man besprechen möchte. Wenn mir jemand am Anfang sagt: ‚Ich habe heute fünf Punkte‘, kann ich sie ordnen, zusammenfassen oder priorisieren. Oft hängen Themen zusammen, sodass man sie gut bündeln kann. Und manchmal ist es sinnvoll, einen zweiten Termin zu vereinbaren, um bestimmte Punkte in Ruhe zu besprechen. Struktur hilft uns beiden, die Zeit optimal zu nutzen.
Wichtig ist außerdem, relevante Unterlagen mitzubringen: eine aktuelle Medikamentenliste, Laborwerte oder Arztbriefe. Einige Patient*innen warten monatelang auf einen Termin und stellen dann in der Praxis fest, dass alles zu Hause liegt. Das kostet unnötig Zeit und führt manchmal dazu, dass Untersuchungen doppelt gemacht werden müssen.
Hilfreich ist auch, sich vorab ein grundlegendes Bild über die eigene Erkrankung zu machen. Ein wenig Vorwissen erleichtert das Gespräch – und wenn etwas falsch verstanden wurde, kann ich es richtigstellen. Das ist Teil der gemeinsamen Arbeit.
Grundsätzlich spielt in der Präventionsmedizin eine weitere Sache eine große Rolle: frühzeitig Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Wir wissen, dass ein Großteil der weltweiten Todesfälle auf Zivilisationskrankheiten zurückzuführen ist, die oft vermeidbar wären. Ebenso 30 bis 40 Prozent aller Krebsfälle. Das bedeutet nicht, dass Menschen Schuld an ihrer Erkrankung tragen – auf keinen Fall. Es gibt Menschen, die alles ‚richtig‘ machen und trotzdem schwer erkranken. Aber: Man darf aktiv mitarbeiten, sich informieren, seinen Lebensstil stärken und damit den eigenen Heilungsweg unterstützen. Das ist echte Achtsamkeit, Selfcare und Respekt für sich selber.
Wir Ärzt*innen reichen die Hand, wir begleiten, wir erklären. Doch gesund werden kann am Ende nur der Mensch selbst – durch seine eigenen Maßnahmen und Handlungen.“
„Ich finde Dr. Google super. Er kann ein großartiges Werkzeug sein, um Menschen mündiger zu machen und ihnen helfen, sich zu informieren. Entscheidend ist jedoch, wie man sucht und woher die Informationen stammen.
Man sollte beim Googeln unbedingt darauf achten, welche Seite man aufruft: Steht im Impressum eine seriöse Institution oder ist es eine Firma, die am Ende etwas verkaufen will? Welche Daten gebe ich preis – und an wen? Besonders vorsichtig sollte man bei Foren oder Gruppenchats sein. Wer moderiert das? Ist der angebliche Experte, der dort genannt wird, wirklich Arzt? Oder handelt es sich um eine erfundene Werbefigur, die nur Vertrauen erzeugen soll? Es gibt heute so viele selbsternannte Expert*innen, dass man sehr genau hinsehen muss, wem man glaubt und folgt.
Gleichzeitig kann man online enormes Wissen sammeln – wenn man die richtigen Quellen nutzt. In meinem Buch ‚Wir müssen reden, Frau Doktor‘ liste ich einige davon auf. Ein Beispiel ist das Deutsche Krebsforschungszentrum, das hervorragende Informationen bereitstellt und sogar ein kostenloses Servicetelefon anbietet, das rund um die Uhr erreichbar ist – gerade bei der belastenden Diagnose Krebs eine unschätzbare Hilfe.
Auch Seiten wie die ,Apotheken Umschau‘, die ,Pharmazeutische Zeitung‘, wissenschaftliche Datenbanken oder die offiziellen Portale des Bundesministeriums für Gesundheit bieten sehr gut geprüfte Informationen. Dr. Google ist also nicht das Problem – die Auswahl der Quellen ist es.“
„Wenn wir von einer Beziehung auf Augenhöhe sprechen, dann bedeutet das auch: Patient*innen dürfen jederzeit nachfragen. Sie dürfen sagen: ‚Bitte erklären Sie mir diesen Begriff‘ oder ‚Können Sie mir das kurz aufzeichnen?‘ Genau das ist unsere Aufgabe. Wir Ärzt*innen sollten nicht in unserer ‚Wolke der Wissenschaft‘ verschwinden oder mit Latein und Griechisch beeindrucken wollen, sondern in einer Sprache sprechen, die verstanden wird. Und wenn uns das mal nicht gelingt, ist es völlig legitim, wenn Patient*innen uns freundlich korrigieren – so wie in jeder guten Partnerschaft.
Eine gelingende Beziehung zwischen Ärzt*innen und Patient*innen braucht Werte wie Offenheit, gegenseitiges Interesse, Empathie, Respekt und Wertschätzung. Wenn diese Grundlage stimmt, lässt sich vieles sofort klären.“
„Wir sollten uns vorstellen und die Patient*innen mit ihrem Namen ansprechen – das schafft sofort Nähe. Und wir sollten darauf achten, wie der Raum gestaltet ist. Ist es ruhig? Werden wir dauernd unterbrochen? Sitze ich hinter einer Barriere aus Schreibtisch und Computer oder habe ich Kontakt auf Augenhöhe? Ich erlebe es leider oft, dass Patient*innen – besonders ältere – kaum verstanden werden, weil die Ärztin mit dem Rücken zu ihnen am PC tippt.
Ganz wesentlich ist auch: zuhören. Patient*innen sollten natürlich nicht 15 Minuten monologisieren, aber sie sollten die Chance haben, ihre wichtigsten Punkte klar zu äußern. Wir Ärzt*innen können uns dabei auch Notizen machen oder Dokumentationsassistenz nutzen, damit wir nicht ständig auf den Bildschirm schauen müssen.
Dabei kann auch moderne Technik unterstützen: Mit Einwilligung der Patient*innen lassen sich Gespräche per KI mitschneiden, strukturieren und zusammenfassen. Das spart Zeit und ermöglicht uns, wirklich präsent zu sein – Blickkontakt zu halten, Hautveränderungen wahrzunehmen, Mimik und Körpersprache zu lesen. Das liefert oft entscheidende Hinweise.
Und schließlich: Humor. Viele Menschen fühlen sich in der Sprechstunde unsicher oder schämen sich – gerade bei Hautuntersuchungen. Wenn jemand etwa mit Hose, aber ohne Socken dasteht, sage ich gern: ‚Keine Diagnose durch die Hose.‘ Dann lachen beide, die Spannung löst sich, und die Untersuchung wird leichter. Humor kann eine enorme Brücke sein.
Und auch kann mal eine sanfte angemessene Berührung passend sein, wie den Arm berühren, etwa symbolisch, um zu beschützen, zu stützen oder Nachdruck zu verleihen. Das gelingt nur dann, wenn man beieinandersitzt und nicht ein großer Tisch dazwischen steht.“
„Stimmt, und genau deshalb reden wir ja jetzt darüber: um Menschen zu empowern, ihren Mund aufzumachen. Patient*innen dürfen mit Stift, Zettel und einer klaren Haltung in die Praxis gehen – und sie dürfen Ärzt*innen auch festnageln, wenn etwas unklar ist. Wenn sich etwas nicht gut anfühlt, sollte man diesem Gefühl vertrauen.
Man muss dabei gar keinen Vorwurf formulieren, weil das oft konfrontativ wirkt. Aber man kann etwas sagen wie: ‚Ich habe gerade das Gefühl, dass es sehr hektisch ist, Frau Doktor. Ich habe noch nicht alles verstanden.‘ Das schafft Raum für ein besseres Gespräch.
Ein weiterer hilfreicher Trick kommt aus der Kommunikationsforschung: Am Ende des Gesprächs sollten Patient*innen das Gehörte noch einmal zusammenfassen. Viele tun das intuitiv, aber ich frage auch oft aktiv: ‚Wollen wir es noch einmal gemeinsam durchgehen? Können Sie mir kurz noch mal erklären, wie Sie das Medikament einnehmen werden?‘
Dieses Wiederholen dauert vielleicht ein oder zwei Minuten länger – aber es spart enorm viel Zeit, weil Missverständnisse vermieden werden, keine unnötigen Rückfragen entstehen und Patient*innen gestärkt aus dem Gespräch herausgehen.“
„Immer bei großer Unsicherheit oder bei komplexen oder seltenen Diagnosen gern auch eine dritte oder vierte Meinung. Wir Ärzt*innen sind keine allwissenden Wesen, sondern Menschen. Wir bekommen nicht jede neue Studie mit, oder manchmal nur bruchstückhaft. Manchmal führen mehrere Wege nach Rom, diese sollte man kennen, um dann eine informierte Entscheidung zu treffen. Deshalb kann es für Patient*innen unglaublich hilfreich sein, verschiedene Perspektiven einzuholen.
Ich empfehle Zweitmeinungen sogar aktiv. Oft sage ich: ‚Gehen Sie bitte auch noch zu meiner Kollegin XY, sprechen Sie das dort durch. Dann schauen wir gemeinsam, welche Lösung für Sie die beste ist.‘
Auch bei anderen komplexen Beschwerden, etwa nächtlichen Atemaussetzern, funktioniert das Zusammenspiel verschiedener Fachrichtungen hervorragend: Der Zahnarzt kann mit einer Schiene den Unterkiefer nach vorne bringen, die HNO-Ärztin prüft die Nase, der Lungenarzt die Lunge, die Neurologin das Gehirn und der Kardiologe Herz und Kreislauf. So wird ein Mensch aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet – und genau das führt oft zu den besten Ergebnissen. Leider ist diese Art der Zusammenarbeit in unserem System noch zu wenig repräsentiert.“
„Ich finde es wichtig, dem Patienten oder der Patientin relativ früh im Gespräch mitzuteilen, dass es jetzt um etwas Ernstes geht – damit er oder sie sich innerlich fokussieren, sortieren und wirklich zuhören kann. Oft empfehle ich auch, eine Vertrauensperson mitzubringen. Viele Menschen sind im Schock, wenn sie eine schwere Diagnose hören, und können nur einen Bruchteil der Informationen aufnehmen.
Dann erkläre ich, worum es geht – zum Beispiel einen Tumor oder eine schwere Entzündung –, frage, was der*die Patient*in bereits darüber weiß, und vermittle das medizinische Wissen Schritt für Schritt. Dabei prüfe ich immer wieder nach: ‚Verstehen Sie, was ich meine?‘ oder ‚Wie geht es Ihnen gerade damit?‘
Ich achte auch auf körperliche Signale: Hat der*die Patient*in Schmerzen? Wirkt er oder sie überfordert? So zeige ich, dass ich den gesamten Zustand erfasse – nicht nur die Diagnose.
Und ganz wesentlich: Ich öffne immer eine Perspektive. Ich sage klar: ‚Ich verstehe, dass Sie sich sorgen. Aber es gibt Chancen, und wir haben heute sehr wirksame Behandlungsmöglichkeiten.‘ Die moderne Medizin hat enorme Fortschritte gemacht – viele Krebsarten sind gut therapierbar, und selbst mit schweren Diagnosen kann man oft lange und gut leben oder sie besiegen.
Wichtig ist auch, den Menschen nicht allein zu lassen. Ich erkläre Schritt für Schritt, wie wir weiter vorgehen: Welche Untersuchungen kommen als nächstes? Welche Behandlungsschritte? Gibt es Selbsthilfegruppen oder Unterstützungsangebote? Und ich sage ganz deutlich: ‚Wenn Fragen auftauchen, melden Sie sich jederzeit.‘
Was Menschen nicht brauchen, ist eine schlechte Nachricht, die man ihnen einfach vor den Kopf knallt, ohne Zeit, ohne Empathie, ohne Halt. Sie brauchen das Gefühl, gesehen zu werden und dass es Hoffnung gibt und einen Weg.“
Auch Bristol Myers Squibb teilt in seiner Initiative „Aussprechen, was bewegt“ viele wertvolle Tipps für das ärztliche Gespräch.
Gerade bei schweren oder chronischen Erkrankungen wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Psoriasis ist ein gut vorbereitetes Gespräch oft entscheidend. Denn je klarer Ärztinnen und Ärzte wissen, wie es einem körperlich und emotional geht, desto besser lässt sich die Behandlung abstimmen. Die Initiative empfiehlt beispielsweise: Fragen vorab notieren, eine vertraute Person mitnehmen und aktiv nachhaken, wenn etwas unklar bleibt. Auch digitale Tools wie KI können helfen, komplexe Themen vorab besser zu verstehen und sich optimal vorzubereiten.
„Aussprechen, was bewegt“ ist indikationsübergreifend und bietet gemeinsam mit Betroffenen und Expert*innen entwickelte Inhalte – meist über Social Media. Ziel ist, Patientinnen und Patienten zu stärken, damit sie gemeinsam mit ihrem Behandlungsteam die besten Entscheidungen treffen.
Alle Informationen finden sich unter bms.com/de/awb oder unter dem Hashtag #AussprechenWasBewegt auf Instagram.
„Zum einen hilft es enorm, Menschen zu treffen, die Ähnliches erlebt haben – sei es, dass sie eine ähnliche Diagnose hinter sich haben oder sich gerade in derselben Situation befinden. Man sieht dann: Ich bin nicht allein. Das nimmt Schwere, es mindert das Gefühl des Haderns und zeigt, dass Krankheit ein Teil des Lebens ist.
Viele fragen sich: Warum ausgerechnet ich? Wir Menschen fühlen uns oft unverwundbar – und eine Diagnose rüttelt dieses Bild auf. Wenn man aber hört, dass andere diese Phase durchgestanden haben oder sogar geheilt wurden, kann das unglaublich Mut machen.
Manche Menschen gehen nach einer Diagnose in eine Reha. Das kann hilfreich sein, aber nicht für alle. Manche erleben dort auch schwerer Erkrankte und entwickeln dann zusätzliche Angst. Für viele ist professionelle Unterstützung sinnvoll – Psychoonkolog*innen oder Psychotherapeut*innen können helfen, Strategien zu entwickeln, um Angst und Überforderung zu verringern und neue Kraftquellen zu finden.
Oft entdecken Menschen in solchen Situationen auch wieder den Wert der kleinen Dinge: einen Spaziergang im Wald, Zeit mit Freund*innen, Momente der Ruhe. Manche ziehen aus der Krise sogar eine positive Veränderung – etwa eine berufliche Neuorientierung oder die Erkenntnis, das Leben bewusster genießen zu wollen.
Viele meiner Patient*innen sagen: In jedem Schlechten steckt auch etwas Gutes. Und wenn man aus einer schweren Situation wenigstens einen Funken Sinn, Mut oder Veränderung für sich herausziehen kann, dann stärkt das ungemein.“
„Eine schwere Erkrankung öffentlich zu machen, bedeutet oft auch, dass andere Menschen einen plötzlich nur noch darüber definieren. Man wird auf einmal ‚die mit dem Knochenkrebs‘ oder ‚der mit dem Tumor‘ – obwohl man natürlich viel mehr ist als eine Diagnose. Man bleibt ja weiterhin man selbst.
Deshalb finde ich es absolut legitim, sehr bewusst zu entscheiden, wem man etwas erzählt. Man muss seine Krankheit nicht mit allen teilen. Für manche fühlt es sich im ersten Moment richtig an, alles hinauszuschreien – aber später, wenn man genesen ist, möchte man vielleicht genau das Gegenteil: Abstand gewinnen und nicht ständig mit Mitleid oder besorgten Blicken konfrontiert werden. Dieses permanente: ‚Na, wie geht es dir denn jetzt?‘ kann nämlich auch belastend sein.
Wichtig ist, dass man seine Ängste und Sorgen nicht für sich behält. Enge Freund*innen, Familie oder vertraute Personen sollten Bescheid wissen. Und wer möchte, kann natürlich auch Support in sozialen Medien suchen – das ist für manche Menschen eine echte Hilfe.
Aber man sollte sich bewusst bleiben: Die meisten hoffen darauf, irgendwann wieder in den normalen Alltag zurückzukehren, die Krankheit hinter sich zu lassen und nur noch zu den Nachsorgeterminen zu gehen.“
„Am hilfreichsten ist es, zu fragen: ‚Wie kann ich dich unterstützen? Was würde dir jetzt gut tun? Wobei kann ich dir konkret helfen?‘ Als Angehörige wissen wir oft nicht, wie sich die Krankheit anfühlt – wir können sie nicht nachempfinden. Deshalb ist es wichtig, nicht über die*den andere*n hinweg zu entscheiden, sondern zuzuhören und nachzufragen.
Man darf auch die eigene Hilflosigkeit offen ansprechen: ‚Ich weiß gerade nicht, wie ich dir helfen kann, aber ich bin für dich da.‘ Ehrlichkeit verbindet, statt Druck zu erzeugen.
Auch Angehörige dürfen und sollten sich Unterstützung holen – bei Psychoonkolog*innen, Therapeut*innen oder in Selbsthilfegruppen. Denn sie tragen oft eine enorme psychische und finanzielle Last, wenn etwa das Einkommen des selbständigen Partners wegbricht, und übernehmen viele zusätzliche Aufgaben im Alltag.
Genauso wichtig ist es, auf die eigene Kraft zu achten und sich bewusst krankheitsfreie Räume zu schaffen: eine Stunde Sport, ein Treffen mit Freund*innen, ein Spaziergang, ein Essen außerhalb. Das ist kein Egoismus, sondern notwendig, um langfristig für den erkrankten Menschen da sein zu können.
Und manchmal bedeutet Unterstützung auch, kurz loszulassen: Die kranke Person ist vielleicht gerade in Behandlung, schläft oder wird von jemand anderem begleitet. In diesen Momenten dürfen Angehörige sich eine Auszeit nehmen. Damit sie sich nicht verlieren, sondern stabil bleiben – für sich selbst und für die gesamte Familie.“
Noch mehr Einblicke und Impulse gibt Dr. Yael Adler in Folge 66 unseres Podcasts „Echt & Unzensiert“. Dort spricht sie unter anderem darüber, was im Umgang mit Hypochondern wichtig ist (ab Minute 20:36), wie junge Mediziner*innen den Beruf revolutionieren (ab Minute 40:28) und wie sie die aktuellen Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz im medizinischen Bereich einschätzt (ab Minute 43:10). Unbedingt reinhören!
Neue Folgen von „Echt & Unzensiert“ gibt es alle zwei Wochen immer freitags auf editionf.com oder bei Spotify, Apple Podcasts & Co!
Bei „Echt & Unzensiert“ beleuchtet Host Tino Amaral gemeinsam mit Expert*innen und Betroffenen vermeintliche Tabuthemen, macht auf Missstände aufmerksam und gibt Denkanstöße, die deinen Blick auf die Welt für immer verändern werden. Auch einige Promis haben bei ihm schon private Einblicke gegeben und wichtige Erkenntnisse geteilt. Welches Thema würdest du gerne mal hören? Lass es uns bei Instagram wissen!
In ihrem neuesten Buch „Genial ernährt! Klüger essen, entspannter genießen, besser leben“ räumt Dr. Yael Adler mit Mythen, widersprüchlichen Ernährungstrends und gut gemeinten Halbwahrheiten auf und erklärt verständlich, welche Nährstoffe, Ernährungsformen und Nahrungsergänzungsmittel unserem Körper tatsächlich guttun – und welche wir getrost vergessen können.
Mit ihrem typischen Mix aus medizinischem Fachwissen, Alltagstauglichkeit und Humor zeigt Dr. Adler, warum Ernährung so oft verunsichert, wie wir uns trotz widersprüchlicher Expert*innenmeinungen orientieren können und weshalb Genuss dabei keineswegs auf der Strecke bleiben muss.
Ob Low-Carb, Paleo, vegan oder „zuckerfrei“: Sie ordnet ein, was wirklich sinnvoll ist, welche Trends eher Marketing als Wissenschaft sind und wie wir Essen wieder mit mehr Leichtigkeit begegnen können. Praktische Tipps, kleine Alltagsstrategien und viele anschauliche Beispiele machen das Buch zu einem verständlichen und wohltuend unaufgeregten Begleiter für alle, die sich klüger, entspannter und genussvoller ernähren wollen.