Wie klingt ein Leben, das von Intuition geleitet ist? CATTs drittes Album „A Different Life“ gibt eine musikalische Antwort: mit warmem Folk, orchestralem Pop und einer Leichtigkeit, die keine Tiefe scheut. Ein Gespräch über kreative Unabhängigkeit, weibliche Vorbilder und darüber, warum es oft reicht, nur den ersten Schritt zu machen.
„Mit ,Change‘ habe ich die Veränderung aktiv eingeladen, ohne genau zu wissen, wie sie aussehen wird. Ich war damals in einer Phase, in der vieles chaotisch war – gesellschaftlich und persönlich. Die Pandemie hatte gerade begonnen, viele Fragen waren offen, vieles war schmerzhaft. Ich wusste aber: Widerstand bringt nichts. Ich wollte mich hineingeben – auch wenn es Mut kostet.
,A Different Life‘ fühlt sich jetzt wie ein Ankommen an, mit weniger Widerstand. Ich bin in der Veränderung gelandet, sozusagen. Die Songs erzählen schon von dem, was danach kommt – von Vorschlägen, wie sich ein neues Leben anfühlen kann. Es war spannend, die Lieder erst auf Tour zu spielen, bevor das Album erschien. Sie haben sich live schon verändert, wurden weitergetragen. Manche Songs offenbaren sich mir selbst erst jetzt, nach und nach.“
„Ich denke, das Beste, was wir tun können, ist, uns nicht zu verschließen. Veränderung konfrontiert uns oft mit Mühe, Verlust, Schattenseiten. Aber sie lädt auch dazu ein, sich selbst liebevoll zu begegnen – mit allem, was da ist. Ich sehe Veränderung inzwischen als etwas sehr Menschliches. Sie passiert sowieso, ständig. Die Frage ist: Können wir sie mitgestalten? Mein Blick darauf ist ein optimistischer: Wenn wir uns selbst und einander annehmen, dann geschieht oft schon Wandel. Und er beginnt immer im Moment.“
„Für mich bedeutet das: Bleib bei dir. Nicht aus Abgrenzung, sondern aus Verbindung. Ich glaube, echte Begegnung kann erst entstehen, wenn man bei sich selbst angekommen ist. Und das ist eine tägliche Praxis – gerade in dieser Welt, in der so viele Meinungen auf uns einwirken.
Dieser Satz ist für mich eine Erinnerung daran, in die eigene Stille zu gehen. Zu spüren: Was ist gerade da? Vielleicht ist es ein Bedürfnis, vielleicht eine Sehnsucht, vielleicht auch ein Nein. Ich glaube, wir dürfen das Entdecken wieder spielerisch sehen. Diese Abenteuerfreude hat mich auch beim Schreiben der neuen Songs getragen. Wer bin ich eigentlich inmitten all dieser Möglichkeiten? Im Jungle of Abundance, wie ich es nenne – all die Potenziale in mir und um mich herum.
Es geht nicht darum, mit Scheuklappen durch die Welt zu gehen. Sondern darum, die eigene Richtung zu finden, auch wenn sie nicht geradlinig ist. Wenn wir im Moment spüren, was stimmig ist, dann ist das schon genug. Manchmal ist der erste Schritt wichtiger als das Ziel.“
„Ja, total. Ich war Anfang 20, als ich mit meinen Songs rauswollte. Damals dachte ich, ich brauche erstmal einen Produzenten – weil man das eben so macht. Und plötzlich wollten Leute mitreden, bestimmen, wie das Ganze klingt. Ich hatte Glück, dass ich vorher schon als Musikerin in großen Bands unterwegs war und Einblicke hatte, wie diese Strukturen funktionieren. Das hat mir geholfen, früh zu erkennen: Ich will meine Musik schützen.
Ich habe Klavier und Musikproduktion studiert. Also habe ich angefangen, selbst zu komponieren, zu schreiben, zu produzieren. Ich wollte wissen: Wie klingt das eigentlich, wenn es nur aus mir kommt? Auch wenn ich später wieder lernen musste, dass man nicht alles allein machen muss.“
„Ja. Gerade in Momenten, in denen das Umfeld nicht sicher war, war die Musik mein Rückzugsort. Da konnte ich einfach ich sein. Ich musste mich nicht erklären, nicht anpassen. Deswegen war meine Musik auch nie verhandelbar – sie war immer das, was sie war. Und sie durfte das auch bleiben.“
„Große Entscheidungen treffe ich aus dem Bauch heraus. Schon immer. Ich habe mit der Zeit gelernt, dieser Intuition noch mehr zu vertrauen. Der Verstand arbeitet mit dem, was wir kennen – das ist hilfreich. Aber Intuition erkennt auch das, was noch möglich ist.
Ich glaube, man kann sie trainieren wie einen Muskel. Mit kleinen Entscheidungen im Alltag. Möchte ich heute einen Cappuccino oder Iced Matcha? Spüren, entscheiden. Und bei den großen Fragen? Da merke ich oft: Die Antwort ist längst da. Ich muss nur still genug werden, um sie zu hören.“
„Fast immer. Das zieht sich durch die letzten Jahre. Zum Beispiel, als ich 2020 mein erstes Album machen wollte. Ich hatte ein Stipendium in Hamburg, sechs Wochen Zeit in einem Haus. Zum ersten Mal habe ich alle anderen Jobs abgesagt, um mich ganz auf meine Musik zu konzentrieren. Ich wusste nicht, ob das klappt. Aber ich habe es gemacht. Und es hat sich so viel bewegt.
Oft wissen wir erst später, wohin ein Schritt führt. Aber ich glaube daran, dass es wichtiger ist, in Bewegung zu bleiben, als alles im Voraus zu wissen.“
„Ich wusste lange gar nicht, dass Musik ein Beruf sein kann. Ich komme vom Land, da gab es kaum Vorbilder für kreative Wege. Aber ich erinnere mich an ein Bild, das ich als Teenager oft vor Augen hatte: Ich sitze am Klavier, spiele – und der ganze Raum ist still. Die Menschen sind berührt. Heute, wenn ich auf der Bühne sitze und in diese Stille spiele, denke ich manchmal: Das war damals schon da. Ich hatte nur noch keinen Namen dafür.“
„Ich wollte mir selbst die Strukturen schaffen, die ich mir früher gewünscht hätte. Nicht warten, bis andere etwas möglich machen. Wild Heart Music ist für mich ein Raum, in dem ich frei arbeiten und gestalten kann. Für die letzte Tour haben wir zum Beispiel ein solidarisches Ticketsystem entwickelt – weil ich wollte, dass mehr Menschen Zugang haben. Und es hat wirklich funktioniert. Das war total schön.“
„Da bin ich reingewachsen. Am Anfang waren es kleine Bars in Neukölln, heute große Bühnen. Ich versuche, ehrlich im Moment zu sein. Auch wenn der Tag schwierig war. Dann ziehe ich keine gute Laune auf, sondern bin einfach da. Ich glaube, wenn ich mich zeige, wie ich gerade bin, entsteht Verbindung.“
„Oh ja, viele. Zum Beispiel die Mutter einer Freundin – sie war laut, frei, anders. Hat nicht geheiratet, lebte mit ihrem Partner in zwei Häusern, war unbequem im besten Sinne. Oder Jeanne de Kroon, die mit nachhaltiger Mode neue Wege geht. Mich inspirieren Menschen, die sich trauen, sich von alten Formen zu lösen und neue zu erfinden – egal in welchem Bereich.“
„Mut. Und Vertrauen. Dass wir aufhören zu denken, wir müssten alles vorher wissen. Meistens reicht es, den ersten Schritt zu machen. Auch wenn wir noch nicht wissen, wohin er führt.“