Foto: Timofey Logachev | Unsplash

Warum fällt es vielen Vorgesetzten so schwer, Mitarbeiter*innen gut zu behandeln?

Autor*in
Alex Rodeck

Nach vielen schlechten Erfahrungen fragt sich unsere Community-Autorin, woran es liegt, dass so viele Arbeitgeber*innen ihr Personal schlecht behandeln? Und warum die sich dann auch noch wundern, dass es ihnen nicht gelingt, ihre Leute zu halten?

„Der Rest findet sich dann schon“

Liebe*r Arbeitgeber*in,

ganz im Ernst: Du bist beleidigt? Du bist sauer, weil ich gekündigt habe? Du kannst das nicht nachvollziehen? Ganz ehrlich: Geht’s noch?

Rekapitulieren wir mal: Ihr habt mich geradezu in die schwierig zu besetzende Stelle hineingenötigt. Ich war abwartend, denn mir fehlte eine Schlüsselqualifikation. Das sei kein Problem, hieß es. Hauptsache ich hätte Ahnung vom Rest, das finde sich alles. Die Stelle hatte in den letzten fünf Jahren vier Wechsel hinter sich, ihr brauchtet dringend jemanden. Ich selbst war arbeitslos und ließ mich überreden, obwohl ich Zweifel hatte.

Kurz vor Ende der Probezeit habt ihr mir gekündigt, das funktioniere doch nicht so recht. Nachdem ihr die vorhergehenden Monate kein Wort der Kritik verlauten ließt, mir keine Indikation gegeben hattet, dass ihr unzufrieden seid. Dabei habt ihr gleichzeitig die Kündigungsfrist auf sechs Monate gestreckt, denn ihr hattet ja gar keinen Ersatz für mich, und da das vierköpfige Team, das ich leitete, sowieso durch Schwangerschaft, Kündigung und langfristige Krankheit auf eine Person reduziert war, konntet ihr euch auch nicht leisten, mich einfach rauszusetzen. Um mit der verbleibenden Kollegin Feuerwehr zu spielen, war ich dann doch noch gut genug. In einem Atemzug mit der Kündigung ließt ihr verlauten, ihr wärt aber von meinen Fähigkeiten auf einem bestimmten Gebiet so überzeugt, dass ihr mich gerne im Anschluss an die Kündigungsfrist auf einer neuen Position wieder einstellen wolltet, um ein ganz neues Profitcenter aufzubauen. Allerdings befristet auf ein Jahr und für 500 Euro weniger pro Monat.

Die beste Verhandlungsposition?

Ganz ehrlich? Ich hätte euch dieses Angebot damals am liebsten um die Ohren geschlagen. Besonders nach der Antwort von dir, lieber Geschäftsführer, als ich fragte, warum denn die Kündigung nötig sei, eine Vertragsänderung sei doch auch eine Möglichkeit. „Wir kündigen Ihnen jetzt, um uns Ihnen gegenüber in die beste Verhandlungsposition zu bringen.“

Tun konnte ich tatsächlich nichts – Kündigung in der Probezeit ist rechtens, Wiedereinstellung zu anderen Konditionen auf einer anderen Position ebenfalls. Ich konnte mir nicht leisten, nein zu sagen, ich war zu lange arbeitslos gewesen. Aber ganz ehrlich: Wie konntet ihr nach dieser Aktion erwarten, dass ich noch Vertrauen in das Unternehmen habe, noch gerne bei euch arbeite, in irgendeiner Form loyal sein würde? Ich habe Monate auf den neuen Vertrag gewartet, ihr habt mich lange zittern lassen. Letztlich bekam ich dann doch dasselbe Gehalt wie vorher, nachdem ihr vorher Stein und Bein geschworen hattet, das sei nicht möglich, weil der Betriebsrat das nicht zulasse (Bullshit, der hat da a. kein Mitspracherecht und b. nichts gegen hohe Gehälter). Natürlich habe ich mich gefreut, aber es zeigte mir nur einmal mehr, dass nichts, was ihr erzählt, irgendeine Gültigkeit hat. Heute hü, morgen hott – und was ist es übermorgen? Was immer euch gerade passt und einfällt, nicht wahr? Auf die Aussage, es stehe fifty-fifty, ob es nach den zwölf Monaten dann weitergeht, habe ich dementsprechend keinen Pfifferling gegeben.

Wie soll ich vertrauen?

Ich habe gekündigt, kurz nachdem mein neuer Vertrag begann, denn ich habe eine andere Stelle gefunden. Und jetzt habt ihr die Frechheit, erstaunt, überrascht, beleidigt zu sein. Mit welchem Recht? Habt ihr ernsthaft geglaubt, so sichert man sich die Loyalität der Mitarbeiter*innen? Ich weiß, ihr seid der Meinung: „Sie kriegt doch dasselbe Gehalt wie bisher, ist doch alles wieder gut.“ Aber so läuft das nicht. Ihr habt diese miese Nummer abgezogen, ihr habt diese miesen Sprüche mir gegenüber abgelassen, ihr habt mich befristet und ihr wolltet auch das mit dem niedrigeren Gehalt durchziehen, dass ihr es euch anders überlegt habt, war einfach nur Glück. Ihr habt euch als Willkürtruppe erwiesen und seid dann erstaunt, dass ich euch nicht traue und mein Heil woanders suche.

Ich frage mich ernsthaft, in welcher Welt viele Arbeitgeber*innen leben. Vom vielbeschworenen Fachkräftemangel und seinen Auswirkungen auf das Verhalten von Arbeitgeber*innen merke ich nicht viel. Vielmehr erlebe ich immer und immer und immer wieder Arbeitgeber*innen, die sich – Verzeihung –  schlicht aufführen wie die Axt im Walde, die jedes Schlupfloch in der Gesetzgebung ausnutzen, jeden miesen Trick anwenden, die Arbeitnehmer*innen behandeln wie Dreck. Und sich dann wundern und öffentlich jaulen, die Mitarbeiter*innen wären heutzutage so sprunghaft und es wäre so schwer, Personal zu bekommen und dauerhaft zu halten. Ja, warum wohl? Fragt ihr euch nie, ob es vielleicht auch an euch liegt, dass ihr eine Fluktuation habt wie die Tide in der Nordsee? Weil kein*e Arbeitnehmer*in sich das länger gibt, als er*sie muss. Solche Nummern zieht man eben nicht ungestraft durch.

Wer Commitment will, muss auch etwas geben

Ich frage mich immer, wie Arbeitgeber*innen auf die Idee kommen, sich so aufführen zu können und gleichzeitig erwarten zu können, dass Arbeitnehmer*innen sich mit Haut und Haaren ihrer Firma verschreiben. Schließlich ist es ja heutzutage Mode, dass die Arbeit „mehr als ein Job ist“. Die Firma ist nicht eine Firma, sie ist „eine Familie“, von Arbeitnehmer*innen wird völlige Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Zielen erwartet, drunter machen wir es nicht. Der*die Arbeitnehmer*in hat motiviert zu sein, sich reinzuhängen, alles zu geben, sich mit der Firma quasi zu fusionieren – aber gleichzeitig kommt von euch Arbeitgeber*innen nichts. Außer vielleicht ein Obstkorb und ein paar Goodies, die auch nicht mehr sind als Lack, der das hässliche Untendrunter tarnt. Wer Loyalität und Commitment will, der muss das auch dem Gegenüber anbieten. Ihr könnt nicht erwarten, dass sich jemand mit einem Zwölfmonatsvertrag mit Haut und Haaren eurem Unternehmen hingibt – so jemand hat andere Sorgen, nämlich wo die Miete in ein paar Monaten herkommt. Wer seinen Mitarbeiter*innen demonstriert, dass sie ihm egal sind, der darf sich nicht wundern, wenn der*die Mitarbeiter*in das ebenso sieht.

Liebe Firmen: Ein Arbeitsverhältnis ist ein Geben und Nehmen. Was ihr einfordert, müsst ihr im Gegenzug auch anbieten. Und das geht. Ich habe schon Firmen erlebt, wo das so gelebt wurde, wo der Geschäftsführung klar war, dass Mitarbeiter*innen auch etwas sind, das man pflegen muss, und die dafür mit langen Verweildauern und einer motivierten Belegschaft belohnt wurden. Aber wenn ihr euren Leuten den Mittelfinger zeigt – dann wundert euch bitte nicht, wenn die es umgekehrt genauso tun.

  1. Ich glaube manchmal der “Fachkräftemangel” ist einfach die Zunahme an coolen Leuten auf dem Arbeitsmarkt, die sich den Sch**** ihrer Arbeitgebenden nicht mehr gefallen lassen.

    Die Wechselbereitschaft unter jungen Leuten ist so hoch wie nie.
    Man muss viel mehr tun um sie im Unternehmen zu halten, als pünktlich das Gehalt zu zahlen.
    Ein weiteres Problem sind auch die Personalabteilungen, die selbstverständlich erwarten, das Bewerber*innen sich wie Bittstellende verhalten.

    Ich bin stolz Teil einer Generation zu sein, die ihren Wert kennt und nicht mehr gewillt ist, das herablassende Verhalten der Arbeitgebenden hinzunehmen.

  2. Das liest sich sehr treffend … und sehr bekannt … und dazu muss man noch nicht mal jung sein :).

    Meine letzten “Abenteuer” dieser Weise hatte ich in den beiden letzten Firmen, in denen ich beschäftigt war. Immer Zeitverträge, immer uneinholbare Vorgaben, immer die Benefits wie Obst und Wasser und auch immer gerne ein (selbst bezahltes) aber immerhin vergünstigtes Jobticket.

    Ich mache jetzt wieder mein eigenes Ding … zumindest habe ich es vor … und werde den besten Chef der Welt haben, mich selbst

    … tolerant, mich verstehend, auch konsequent, aber nicht ungerecht … und es wird kein Zeitvertrag geben. Nur der Markt wird, wenn überhaupt, eine Grenze setzen.

    Dieser Chef wird mehr erwarten als jeder andere Arbeitgeber. Er wird mich 7 Tage die Woche einspannen, all meine Kreativität, vollen Einsatz, sogar Verzicht, wir werden eine Einheit sein …

    … und genau das würde ich sogar einem Unternehmer geben, wenn ich angestellt wäre. Wenn der Job von einem guten Klima, idealer Anspannung und wertschätzendem Verhalten geprägt wäre.

    Allerdings dann, kleine Einschränkung, 5 Tage und nicht 7 🙂

    1. Glaub nicht an diesen Mythos “selbständig = selbst und ständig”. Ich kenne viele Freiberufler, die auch nur 3 Tage pro Woche arbeiten und ein gutes Leben leben. Kommt natürlich immer auf die Branche an, ob das dann auch reicht. Aber ich kenne viele Beispiele, wo man als Selbstständiger nicht 80-Stunden-Wochen arbeiten muss. Ich wünsche Dir viel Glück beim Projekt eigener Boss! Ein guter Weg.

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    What’s your worst example of procrastination?

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