Geld, Prestige, Aufstieg. Eigentlich läuft alles ganz gut im Job. Aber was ist eigentlich beruflicher Erfolg?
Das Glück des Erfolgs
Beruflich ist mir im Grunde schon lange nichts mehr neu. Seit acht Jahren arbeite ich im Bereich Marketing. Und nach herkömmlichen Kriterien würde man mich wohl erfolgreich nennen. Doch was bedeutet eigentlich Erfolg? Ist man automatisch erfolgreich, wenn man einen “guten Job” hat? Oder ist es die Gehaltsklasse, die uns erfolgreich macht?
Für mich persönlich bedeutet Erfolg, wenn ich auch im Beruf die Möglichkeit habe, meiner inneren Berufung zu folgen. Denn nur wenn ich mit Leidenschaft bei der Sache bin und liebe was ich tue, bin ich auch gut darin. Daher gehören für mich persönliches Glück und Erfolg unmittelbar zusammen. Oder anders gesagt: Ich könnte niemals erfolgreich sein, wenn ich unglücklich wäre. In dem Moment, wo ich im Beruf glücklich bin, habe ich auch Erfolg. Zumindest für mich selbst. Unabhängig von Status, Einkommen und der Meinung anderer. Schließlich verbringe ich mit meinem Beruf mehr Zeit als mit meinem eigenen Partner: Und das kann man ja per se nicht unbedingt als Erfolg werten. Deshalb sollte die Zeit im Job in dieser Konstellation zumindest eine glückliche sein, oder?
Geht da nicht noch mehr?
Ein weiteres persönliches Erfolgserlebnis ist für mich meine persönliche Weiterentwicklung. Ich verspüre Zufriedenheit, wenn ich ein klar formuliertes Ziel erreiche, mich persönlich neu definiert oder etwas Neues gewagt und damit eine neue Stufe auf meiner imaginären Berufsentwicklungsleiter erklommen habe. Für mich bedeutet dieser Prozess, außerhalb der gewohnten Umfelder und Strukturen zu denken, mich auf etwas Neues einzulassen, einen neuen Stern am Horizont zu suchen und auch zu finden. Anders gesagt: Nur wenn ich mir immer neue Ziele setze, bin ich zufrieden. Klingt logisch, ist aber gerade für uns Frauen häufig keine Option. Zu tief verankert sind Kriterien wie Sicherheitsdenke, Komfortzone und – was ich im persönlichen Umfeld ganz oft beobachte – Selbstzweifel. Die “Das-traue-ich-mir-nicht-zu”-Attitüde ist der größte Feind des persönlichen Glücks. Denn wer sich erst einmal mit etwas abgefunden hat, kann sich auch nicht mehr neu erfinden. Wenn man über einen langen Zeitraum dasselbe macht, stumpft man ab.
Man wird nicht besser, sondern schlechter
Durch die Routine schleichen sich Fehler ein, die Lernkurve geht nach unten. Die Entwicklung kommt zum Stillstand und anstatt sich um die wichtigen Dinge zu kümmern, kommt man über das “Feuerwehrspielen” einfach nicht mehr hinaus. Das ist vergleichbar mit dem Weg zur Arbeit. Wenn man tagein und tagaus den gleichen Weg zur Arbeit fährt, wird man mit der Zeit nachlässig und irgendwann kommt es zum Unfall, weil man nicht mehr mit einer unvorhergesehenen Situation rechnet. “Die Strecke kenne ich im Schlaf” – Rumms! Wer dagegen auch mal andere, neue Wege einschlägt, bleibt konzentriert und offen und hat eine schärfere Wahrnehmung.
Ich habe mich in letzter Zeit öfter gefragt, ob es einen Zusammenhang gibt, zwischen dem Erreichen des Zustandes der Routine, dem Trotzen der Sicherheit in einem großen Unternehmen und dem plötzlichem Entschluss, der Selbständigkeit eine Chance zu geben? Und ich stelle fest, dass immer mehr Frauen zu sich selbst und so sich selbst finden. Sie wollen ihren Ideen eine Plattform bieten. Für das große Ganze, dem gesellschaftlichen Wandel, kämpft heute kaum eine mehr, denn die Schnelllebigkeit führt dazu, dass alle irgendwie an ihrer eigenen Front zu kämpfen haben, während in früheren Zeiten wagemutige Frauen neue Wege gegangen sind und als (erste) Frauen neue Möglichkeiten für ganze Generationen erschlossen haben.
War es das schon – nein
Die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges (1791-1793) forderte schon vor über 200 Jahren dieselben Rechte für Frauen und Männer. Elisabeth Selbert (1896-1986) haben wir es zu verdanken, dass 1949 die Gleichberechtigung Eingang in das Grundgesetz fand. Und die Widerstandskämpferin Sophie Scholl (1921-1943) opferte sogar ihr Leben für die Freiheit und gegen das Unrecht. Diese Frauen haben nicht abgewägt, sondern sich mit Leidenschaft für etwas eingesetzt, woran sie glaubten. Die Konsequenz war durchaus gefährlich und hatte ihren Preis. Sie haben es nicht für ihren persönlichen Erfolg getan oder um ihren Ehrgeiz zu befriedigen, sondern weil sie es für richtig hielten. Oft ging es sogar um das Überleben.
Heutzutage geht es uns so gut, dass wir von Komfortzonen reden, vom Ausbrechen aus uns bekannten Gewohnheiten, Mustern, Verhaltensweisen – im Handeln, Denken und sogar im Fühlen. Also, liebe Damen, lasst uns doch wieder an mehr glauben, für mehr kämpfen und gemeinsam wieder mehr Zeit ins Leben investieren, als in der Komfortzone zu verharren. Dafür müssen wir aber zu allererst mehr an uns glauben. Wie wäre es, wenn wir ebenfalls Türen zu neuen Räumen öffnen und uns so neue Perspektiven eröffnen? Wie wäre es, wenn wir bereits plattgetretene Pfade meiden und stattdessen damit anfangen, unsere Ideen zu lieben und zu leben anstatt ständig nur an ihnen zu zweifeln? Wie wäre es wenn wir einfach mal machen?