Als Isabelle Sonnenfeld nach einem Umzug nach London sechs Monate keinen Job fand, weil die Londoner Agenturwelt nicht daran glaubte, dass auch eine nicht Native-Speakerin einen guten Kommunikationsjob machen kann, änderte die Feier eines Startups plötzlich ihr Leben. Unsere EDITION F-Gründerin Nora hat Isabelle zum Interview getroffen.
Wahrscheinlich erklärt dieser ungewöhnliche Start, wieso Isa bis heute so eine große Netzwerkerin ist. „Auf der besagten Party traf ich Jessica Verrilli, die damals Head of Business Development und nur kurzzeitig in London war, um dabei zu helfen, Twitter in UK zu etablieren. Ich überzeugte mit meiner Idee, Twitter so schnell wie möglich nach Deutschland zu bringen, so sehr, dass ich eine Woche später mit dem damaligen Twitter-CFO Ali Rowghani im Gespräch saß“, erzählt mir Isa, während wir durch ihren Kiez in Berlin Prenzlauer Berg laufen. Was für Isa als vermeintliches Expertinneninterview begann, war eigentlich ein Vorstellungsgespräch. Das war 2011. Isa war Mitte 20 – und nach sechs Monaten Unsicherheit plötzlich eine wichtige Mitarbeiterin bei einem großen Unternehmen aus dem Silicon Valley.
Isabelle Sonnenfeld (Quelle: Nora Tabel)
Wenige Monate später zog Isa nach Berlin, baute Twitter in Deutschland auf und wurde zur Mitarbeiterin Nummer 1 in dem neuen Markt. Wofür sie in der Agenturlandschaft vermutlich Jahre gebraucht hätte, ging so ganz schnell. Sie bekam extrem viel Verantwortung.
„Das Vertrauen meines Teams hat in mir die Leidenschaft und den Willen entfacht, einfach durchzustarten. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, ins kalte Wasser zu springen, weil mein Umfeld mir uneingeschränkt vertraut hat. Ich wurde eingestellt und meine Chefin gab mir sehr viel Verantwortung, obwohl ich noch sehr jung und relativ unerfahren war. Ich wurde zum Machen und Mutigsein regelrecht gezwungen.“
Vier Jahre baute Isa mit einem engen Team an Vertrauten Twitter in Deutschland auf. Dann war klar, dass sich Dinge strategisch und im Unternehmen verschieben werden und Isa nicht mehr so frei weiterarbeiten kann. Im Oktober 2015 wechselte sie zu Google, um dort als Leiterin das News Lab die DACH-Region aufzubauen. Bei Google beschäftigt sich Isa gerade damit, wie Redaktionen in Deutschland vielfältiger werden können oder entwickelt mit Journalist*innen und Entwickler*innen Lösungen für Medien der Zukunft. Außerdem engagiert sie sich dafür, Wissen weiterzugeben und Frauen, die andere inspirieren, eine Bühne zu geben.
„Für meinen eigenen Weg waren Vorbilder und Mentor*innen immer wichtig. Viel zu selten konnten das Frauen sein, weil Frauen immer noch deutlich seltener die Bühne suchen und nutzen und auch leider immer noch viel zu selten die Top-Positionen innehaben.“
Isabelle und Nora im Austausch. (Quelle: Nora Tabel)
Gemeinsam mit David Noël, einem der ersten Mitarbeiter von Soundcloud, hat sie in Berlin die Event- und Podcastreihe Role Models geschaffen, bei der Frauen über ihren Karriere- und Lebensweg erzählen. Es geht bei Role Models weniger um das Unternehmen oder den Titel, sondern viel mehr um die persönlichen Erfahrungen dieser erfolgreichen Frauen. Bei Isa und David waren schon Anne Will, Dunja Hayali oder Miriam Meckel zu Gast. Während Isa mir von Role Models erzählt, fühle ich die große Vision, die sie hat:
„Wäre Gleichberechtigung bereits die Norm in unserer Gesellschaft, dann bräuchten wir keine Quote, hätten keine All-Male-Panels mehr bei Konferenzen und müssten uns nicht rechtfertigen, wenn wir über gleiche Bezahlung diskutieren.“
Vor drei Monaten und nur fünf Wochen nach der Geburt ihrer Tochter stand Isa selbst schon wieder auf der Bühne und interviewte unsere damalige Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries für Role Models, die zu dem Zeitpunkt ihre letzte Arbeitswoche als Ministerin absolvierte. „Irgendwie wollte ich mir auch selbst beweisen, dass ich das kann“, sagt Isa. „Wenn man etwas mit Leidenschaft tut, dann funktioniert es auch. Klar spielte auch die Unterstützung durch meinen Mann und das Umfeld eine große Rolle.”
Isa weiß genau, wieso sie macht, was sie macht: „Ich hoffe, dass ich jeden Tag meinen kleinen Beitrag für eine positive Zukunft leiste. Von uns allen wünsche ich mir ziemlich viel: Mehr Haltung bei gesellschaftspolitischen Themen; eine offene Diskussion über Tabu-Themen; mehr Toleranz; noch mehr Männer, die sich aktiv und laut für Gleichberechtigung in unserer Arbeitswelt einsetzen; mehr Frauen, die mutig sind und die großen Herausforderungen unserer digitalen Gesellschaft anpacken; mehr Selbstbestimmung und weniger Einflussnahme von Status und gesellschaftlichen Normen auf das eigene Tun.“
6 Tipps von Isa: Wie man als Angestellte*r unternehmerisch handelt
- Neugierig sein auf andere Projekte, Teams und Möglichkeiten, sich weiter zu entwickeln
- Starkes internes Netzwerk aufbauen. Jede Woche mit einer noch unbekannten Kollegin oder einem Kollegen zum Lunch verabreden. Oder zu internen Talks über noch unbekannte Unternehmensbereiche gehen.
- Andere Teams aus persönlichem Ansporn und Motivation mit Ideen und eigenen Kontakten bei neuen Projekten unterstützten.
- „Hart“ arbeiten und gut priorisieren, um genügend Zeit für spannende Side Projects zu haben.
- Ergebnisorientiert statt prozessorientiert arbeiten.
- Mutig sein, die eigene Idee laut zu kommunizieren und mit Mitteln, die möglicherweise aufgrund des guten internen Netzwerks verfügbar werden, umsetzen.
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