Wenn man in eine andere Stadt umziehen will, streikt bei der ewigen Wohnungssuche und Hin- sowie Her-Fahrerei irgendwann nicht nur der Geldbeutel, sondern auch der Kopf. Und man stellt sich die Frage: Wo bin ich eigentlich momentan Zuhause?
Zuhause? Irgendwo dazwischen
Stuttgart – Berlin. Berlin – Stuttgart. Stuttgart – Berlin. Und wieder auf Anfang. So sieht momentan mein Alltag zwischen Wohnungsbewerbungen, dem Ausmisten alter Sachen, Behörden-Rennerei und ewig langen To-Do-Listen aus.
Heimatlos wäre das falsche Wort, um meinen momentanen Wohnstatus zu beschreiben. Schließlich habe ich meine Heimat bei meinen Eltern und auch noch ein Zuhause in Stuttgart. Doch so richtig Zuhause, fühle ich mich gerade an keinem der beiden Orte. Halb weg und halb angekommen trifft es ganz gut.
Abgesehen von meinem Bankkonto, das dieses ewige Hin und Her langsam nicht mehr mitmacht, habe auch ich einfach keine Böcke mehr. Ich will endlich die eine Wohnung hinter mir lassen, alten Kram ausmisten, nur das Liebste und Wichtigste mitnehmen, nach zwei Jahren der Untermiete endlich wieder eigene Möbel kaufen und eine Wohnung so einrichten, wie es mir gefällt. Ich will endlich richtig ankommen. Keine Ungewissheit, wie, wo und wann man ist, kein spontanes Umbuchen, weil man doch noch eine Wohnungsbesichtigung hat, sondern endlich irgendwo richtig sein. So tutto completto. Auf längere Sicht.
„Davor müssen wir uns aber noch einmal sehen!“
Ich muss sagen: Dieses Gefühl ist mir neu. Zwischen Abitur und Studium war das irgendwie etwas anderes. Das war vielmehr ein Gefühl zwischen Auszug und Zwischenstation – man wusste schließlich ja noch gar nicht, ob das Studium überhaupt das Richtige ist, ob man weiterstudiert, wen man kennenlernt. Das, was ich jetzt fühle, bewegt sich irgendwo zwischen Auszug und Ankommen. Ankommen in einer Stadt, in der ich länger bleiben will. Ankommen an einem Ort, an dem Wohnung, Menschen und Gefühl einfach stimmen.
Ein Gefühl, das so langsam aufkommt, kenne ich allerdings bereits: Das Gefühl, von ein paar ausgewählten lieben Menschen Abschied zu nehmen. Im Besonderen meine ich damit dieses „Wir-müssen-uns-davor-aber-noch-mal-sehen“-Gefühl, und die Frage: „War das jetzt wirklich das letzte Mal, bevor du gehst?”. Obwohl das totaler Quatsch ist, weil sich das so anhört, als wäre ich nach meinem Umzug komplett von der Bildfläche verschwunden, kann ich diesem Gefühl nicht ganz entkommen.
Gefühle auf Distanz
In diesem Zusammenhang musste ich an den Podcast von Jasmin und ihrer besten Freundin Isabella zum Thema Fernfreundschaften und -beziehungen denken, in dem sie über ihre Freundschaft zwischen Isabellas Wohnort Stuttgart und Jasmins Wohnort London sprechen. Um eben genau dieses Gefühl des finalen Abschieds nicht aufkommen zu lassen, haben sie über die Zeit eine Lösung für sich gefunden: Anstatt sich beim letzten Treffen von dem Gedanken des Abschieds die Stimmung trüben zu lassen, verabschieden sie sich bei jedem Treffen ähnlich. Und freuen sich ganz einfach auf das nächste Wiedersehen – unabhängig davon, ob es direkt am nächsten Tag ist oder auch erst in ein paar Wochen oder Monaten.
Auch wenn ich bisher noch nicht weiß, wann, wie und wohin genau ich ziehen werde, weiß ich schon mal eines: Ich mache es so wie Jasmin und Isabella. Einen richtigen Abschied gibt es bei mir nicht. Sondern ausschließlich Dankbarkeit für die letzten Jahre und riesige Vorfreude auf den Zeitpunkt, an dem mein Status „irgendwo dazwischen“ endlich einem Gefühl des Ankommens weichen kann.
Mehr bei Edition F
Was will ich vom Leben? Warum die Zeit an der Uni für die Antwort so wichtig ist. Weiterlesen
Eva: „Traditionell ist Berlin eine Stadt für starke Frauen“. Weiterlesen
Neu in der Stadt? Sissel Hansen weiß, wie und wo der Start gelingt. Weiterlesen