Die IT-Expertin Dr. Christin Hiergeist gibt bei uns im Interview Einblicke zum Thema Frauen in der IT und erklärt, warum diese in der Branche noch viel stärker vertreten sein sollten.
Software-Ingenieur*in – ein typisch weiblicher Beruf. Klar, die Frauenquote in der IT ist besonders hoch. Irgendwie stockt’s hier beim Lesen, oder? Dabei war das Programmieren zu Zeiten der anfänglichen Computerentwicklung, ca. 1930 bis 1950, tatsächlich ein typischer Frauenberuf. Nicht so jedoch heute. Wir leben im digitalen Zeitalter und teilen uns jeden Morgen die Bahn mit Digital Natives – doch von Nachwuchs-Software-Entwicklerinnen weit und breit keine Spur. Weniger als 30 Prozent der Angestellten in der Digitalbranche sind weiblich. Und auch die Anzahl der IT-Studentinnen sinkt. „Wo bleiben die Frauen in der Informatik?“, heißt es immer wieder.
Dr. Christin Hiergeist kennt die Antwort. Viele dieser IT-ambitionierten Frauen landen nämlich in ihrem Team. Die IT-Expertin ist People Unit Managerin im Bereich Digital Customer Experience bei Capgemini, einem der weltweit führenden Anbieter von Management- und IT- Beratung, Technologie-Services und Digitaler Transformation. Als Botschafterin für Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben setzt sie sich für mehr Frauen in der IT-Branche ein. Im Interview erzählt sie von ihrer beruflichen Laufbahn, verrät, warum gerade die IT interessant für karriereorientierte Frauen ist und was es mit dem Capgemini expedITion Workshop Women auf sich hat.
IT – diese zwei Buchstaben klingen nach Männerdomäne: Wie bist du dort gelandet?
„Ich interessierte mich bereits während der Schulzeit für IT-Themen. Allerdings inspirierte mich damals kein Lehrer, sondern ein älterer Schüler, der einen Informatikkurs gab – eben auf Augenhöhe. Nach dem Abi habe ich Physik studiert und während meiner Diplomarbeit selbst angefangen, zu programmieren und mich später ausführlich mit Simulationen beschäftigt – insgesamt eine gute Vorbereitung auf die IT.“
Seit 2015 bist du People Unit Managerin im Bereich Digital Customer Experience bei Capgemini. Was steckt dahinter?
„Meine Aufgaben vergleiche ich oft mit denen eines*einer Innenminister*in: Ich bin zuständig für die interne Koordination, die Personaleinsatzplanung, Mitarbeiter*innenentwicklung, Recruiting und fungiere als Schnittstelle zwischen HR und Business. Inzwischen umfasst unser Team rund 200 Mitarbeiter*innen.“
Und wie steht es um die Gleichstellung in deinem Team? Wie viele Frauen und Mütter gibt es?
„In unserem Team arbeiten ca. 20 Prozent Frauen. Unser Ziel ist es aber, die Frauenquote noch zu erhöhen. In Frankfurt haben wir gerade in den letzten Wochen fünf neue Expert*innen gewonnen – darunter ,nur’ einen Mann. Und natürlich gibt es bei uns Eltern. Ich sage bewusst Eltern, da bei uns auch die Väter ihre Arbeitszeiten an die Kinderbetreuung anpassen. Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben betrifft ja beide Elternteile.“
Da sagst du etwas, das zwar selbstverständlich sein sollte, es aber an vielen Stellen noch nicht ist: dass Frauen und Männer in gleicher Weise Vereinbarkeit leben sollten. Was genau versuchst du, bei euch im Unternehmen dafür zu tun?
„Zunächst einmal ist es wichtig, offen für das Thema zu sein. Wer geht wann in Elternzeit? Wer möchte wann ein Sabbatical nehmen? Mit Flexibilität und Kreativität geht vieles – am besten mit guter Planung und intensiver Kommunikation.
Zudem kooperieren wir mit einem externen Service für alle Lebensphasen, der beispielsweise haushaltsnahe Dienstleistungen oder Kinderbetreuung vermittelt, bei der Pflege von Angehörigen berät und dank der Krisen-Hotline rund um die Uhr für uns erreichbar ist – kostenlos und anonym.“
Spannend, dass gerade ein Unternehmen in einer männerdominierten Branche wie der IT hier Vorreiter*in ist: Wieso würdest du darüber hinaus deiner besten Freundin raten, beruflich in die IT-Welt zu gehen?
„Es ist die Kombination aus drei Kernbereichen, die die IT für Frauen besonders spannend macht: Analyse trifft auf Technik trifft auf Kommunikation. Die IT ist längst mehr als reines Programmieren. Frauen besitzen starke kommunikative Fähigkeiten, welche zum Beispiel bei der Gestaltung von intuitiven Benutzeroberflächen oder in Gesprächen mit Kund*innen von Vorteil und vor allem gefragt sind.“
Einmal im Jahr bietet Capgemini den expedITion Workshop Women an. Was ist das und was wollt ihr damit bewegen?
„Der expedITion Workshop Women gibt MINT-Absolventinnen einen Überblick über unseren Projektalltag und die verschiedenen Berufs- und Aufgabenbereiche bei Capgemini. Wie können sich Frauen bei Capgemini beruflich entfalten? Unsere Kolleginnen zeigen, wie sie als Software-Ingenieurin, IT-Architektin, AI-, UX- oder Cybersecurity-Expertin, Business-Analystin, Projektleiterin oder SAP-Beraterin Projekte bei Capgemini gestalten.“
Klingt nach einer großen Bandbreite an Themenfeldern und Anforderungen: Gibt es denn Eigenschaften, die man unbedingt mitbringen sollte, um in der IT erfolgreich zu sein?
„Neugierde ist eine der Grundvoraussetzungen, die Bereitschaft sich immer wieder Neues anzueignen, über den Tellerrand zu schauen, mit der schnelllebigen Entwicklung zu gehen. Nur wer einen Zugang zur und Spaß an der IT hat, wird sich dort beruflich Zuhause fühlen. Daneben sollte man ein hohes Maß an strukturiertem und lösungsorientiertem Arbeiten mitbringen. Denn für viele Projekte gibt es eben keine fertigen Lösungen. Aber auch Teamkompetenz und die Fähigkeit zur Vernetzung sind entscheidend.”
Der nächste expedITion Workshop Women findet am 9. Dezember 2019 in Berlin statt – eine gute Gelegenheit für MINT-Absolventinnen, erste IT-Kontakte zu knüpfen. Capgemini übernimmt sogar die Anreise und Übernachtung. Also, los: Make IT happen! Hier gibt es mehr Infos.