Wie verändert sich das Einkommen von Eltern nachdem sie ein Kind bekommen haben? Das hat eine neue Studie in sechs Ländern untersucht und für Deutschland ist das Ergebnis ein Armutszeugnis – und für Frauen ein Grund, berechtigte Existenzsorgen zu haben, sollten sie sich dafür entscheiden, ein Kind zu bekommen.
Über eine Arbeitswelt, die Mütter (finanziell) abstraft
Wie verändert sich das Leben von Eltern oder auch speziell von Müttern, sobald ein Kind da ist? Eine Dauerbrenner-Frage, deren Antworten im Privaten beginnen und im Gesellschaftspolitischem enden. Besprochen werden dabei meist Themen wie ein schlechtes Gewissen, weil man sich zwischen Beruf und Familie zerreißt, die Elternzeit, bei der es zwischen den Elternteilen immer noch ein deutliches Ungleichgewicht gibt und auch die unbezahlte Care-Arbeit, die Frauen immer noch mehrheitlich übernehmen. Aber auch die Hürden beim Wiedereinstieg in den Job oder fehlende Betreuungsangebote, die dazu führen, das ein Elternteil, ebenfalls mehrheitlich Frauen, in Teilzeit arbeiten muss – ob man will oder nicht. Und nicht zuletzt geht es auch immer wieder um traditionelle Rollenbilder, die Mütter nach wie vor als die Hauptverantwortlichen für Familie und Haushalt festnageln und und und – die Liste der neuen Sorgen und Herausforderung ist für Eltern und insbesondere Mütter lang, ganz gleich, wie sie sich individuell organisieren.
Denn das Problem ist strukturell: Entscheidend ist in letzter Konsequenz nämlich nicht, wie Eltern sich privat dem Thema Kinder widmen oder auch für welche Aufteilung in der Familienarbeit sie sich entscheiden, gesellschaftlich gesehen, haben wir Strukturen, die kaum etwas anderes zulassen als Frauen, die Mutter systematisch (finanziell) zu benachteiligen. Und das nicht nur hierzulande. Eine aktuelle Studie mit dem Namen „Child Penalties“ („Kinder-Strafen“) hat die Gehaltsveränderung von Eltern in Dänemark, Schweden, Deutschland, Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten untersucht. Das Ergebnis: In allen sechs Ländern konnten erhebliche Einbußen beim Gehalt der Mütter festgestellt werden – ja, selbst in den skandinavischen Ländern, die ja ansonsten als vorbildlich gelten, was die Gleichstellung von Männern und Frauen betrifft.
Mütter haben Einkommenseinbußen, Väter nicht
Deutschland belegt bei diesem Vergleich den traurigen letzten Platz: Zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes verdienen Mütter im Schnitt 61 Prozent weniger als im letzten Jahr vor der Geburt. Bei Vätern konnte dieser Einbruch nicht festgestellt werden – und bis zum ersten Kind entwickeln sich die Gehälter von Frauen und Männern ähnlich. Im Vergleich zu Deutschland liegt der langfristige Einkommensverlust für Mütter in Dänemark etwa bei 21 Prozent und in Schweden bei 27 Prozent.
Einer der Forscher des internationalen Teams, das die Studie durchführte, der Ökonomieprofessor Josef Zweimüller, sagt im Interview mit der Süddeutschen Zeitung auf die Frage, ob der Titel „Kinder-Strafe“, nicht ein wenig hart sei: „Leider muss man das tatsächlich so sehen: Für Frauen sind Kinder beim Gehalt eine Strafe. Mütter verdienen auch dann noch erheblich weniger als Männer, wenn das erste Kind fünf bis zehn Jahre alt ist.“ Und er schließt das Interview mit einer wichtigen Feststellung:
„Aus meiner Sicht zeigt unsere Studie: Mit Kindergeld und Krippenplätzen alleine lassen sich nicht alle Unterschiede aufheben. Wir sehen nämlich auch, dass die Gehaltseinbußen mit den gesellschaftlichen Erwartungen und sozialen Normen einhergehen.“
Denn, so führt er aus, solange man vor allem von Frauen erwarten würde, dass vor allem sie sich um Haushalt und Kinder kümmern und Männer nicht oder sehr viel weniger in die Verantwortung für diese Themen gezogen werden, wird sich an diesen Zahlen nichts ändern. Recht hat er: Eltern werden immer zwei – die Hauptverantwortung aber nicht immer wieder in Richtung der Mütter zu schieben, ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die noch vor uns liegt.
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