Foto: Edward Cisneros | Unsplash

Flirt-Tipps aus der Hölle – und was sie über unser Frauenbild erzählen

In ihrer Thirtysomething-Kolumne schreibt Silvia über alles, was ihr gerade durch den Kopf geht. Und diese Woche über das Flirten – und wie es ganz sicher nicht geht.

Flirten: Wie man es nicht macht

Richtig gut im Flirten? Dieses Talent attestieren sich gar nicht so viele Menschen, vielmehr halten sich die meisten in diesen Situationen für komplett unfähig – oder fühlen sich wieder wie das 12-jährige Ich auf dem Schulhof. Statt jetzt strahlend durchzuziehen, kommt es dann ganz häufig zu weichen Knien und folgenden Sätzen: „Ich stelle mich dabei blöd an“, oder: Es ist doch lächerlich, wenn ich das jetzt mache.“

Tja, klar kann man sich damit schwertun. Schließlich will man jetzt verdammt gut rüberkommen, sei es in der Bar, an der Kasse oder auf Tinder. Und immer wieder die Frage: wie stellt man das an? Oder auch: kann man das lernen? Ich sage ja, das kann man. Aber vielleicht anders, als man nun vermuten würde und auf jeden Fall sollte man aufpassen, wen man fragt.

Das kann nämlich ganz schön in die Hose gehen. So tauchten neulich Flirttipps für Whatsapp-Nachrichten von einem Frauenmagazin in meinem Facebook-Feed auf, bei denen mir die Kinnlade runterklappte. Darunter Dinge wie: „Liebe Grüße von mir und meinen Girls. + ein Foto auf dem DU am heißesten aussiehst.“ Das soll zeigen, dass man alleine Spaß hat und soll ihm den Druck nehmen, dich glücklich machen zu müssen. Oder: „Hey, das ist mir jetzt ein bisschen peinlich. Aber könntest du mir helfen, meinen PC/ meine Waschmaschine/mein Fahrrad zu reparieren? Ich hab doch von sowas keine Ahnung …“ Damit, so wird geschrieben, wird eine Frau maximal hilflos wirken und darauf würde wiederum der Mann stehen. Oder, auch eine Sternstunde: „Du schickst kommentarlos Fotos von Dingen, die dich gerade beschäftigen, die du gekauft hast oder was du gerade machst.“ Das soll eine Erinnerung daran sein, dass es dich noch gibt und ihn im Vermissungsanfälle hervorrufen. Urgs, entschuldigt, mir kam gerade etwas hoch.

Wer gefallen will, muss sich nicht gefällig machen

Nun schießen mir viele Fragen durch den Kopf, aber vor allem eine: wie ekelhaft und grenzdebil kann es werden? Ich brauche jetzt nicht zu kommentieren, wie abartig ich Tipps finde, mit denen ich mich als maximal hilflos zeigen soll. Oder wie sinnlos es bitte ist, außer um als Freak dazustehen, ungefragt irgendeinen Mist von sich zu schicken, den man gerade gekauft hat – ich glaube, jeder mit ein bißchen Grips versteht das ohne weitere Ausführung. Wir sind doch nicht weniger als dem Untergang geweiht, wenn das tatsächlich die Mittelchen sein sollen, mit denen Frauen einen Mann für sich gewinnen soll. Wir Heteros, es wird mir immer deutlicher, haben manchmal wirklich eine Schraube locker. Ich meine, im Ernst: sowas Hirnrissiges und Fragwürdiges, habe ich seit den Flirt-Tipps, die das Bravo Magazin pubertierenden Mädchen gab und die nach einem Shitstorm offline genommen wurden, nicht mehr gelesen. Kleine Geschmacksprobe? Bittesehr: „Stehst du auf dem Schulhof oder an der Bushaltestelle, dann überkreuz mal deine Beine. Diese Pose lieben Star-Girls, weil sie schlank macht und sexy wirkt!” Wow, einfach nur wow.

Gefallen zu wollen, das kennen wir alle – und was wäre falsch daran. Auch sich im besten Lichte zu zeigen und nicht jede Macke in der Anfangsphase gleich auf den Tisch zu knallen, gehört dazu. Sich dafür aber gefällig, nein, lächerlich zu machen und als billige Projektionsfläche einer himmelschreiend stereotypen Idee einer Frau und eines Mannes zu dienen, ist leider echt nicht der Weg. Zumal, ich wiederhole es gerne, ich mir sicher bin, dass nicht ein einziger der zehn gemachten Flirt-Tipps funktionieren wird. Und wenn doch, sollte jede Frau sofort die Beine in die Hand nehmen.

Flirten: so macht man das

Wie geht’s denn nun? Nun, subtil ist eigentlich meist schön, aber nur, wenn nicht zu viel Rätselraten dazu gehört. Zu mir hat zum Beispiel mal ein Mann gesagt: „An diesem einem Abend in dem Club, war doch schon klar, dass ich dich toll finde.“ Mir war das allerdings überhaupt nicht klar, also fragte ich, wie er darauf komme. Und er antwortete: „Weil ich dir da eine Cola gekauft habe, das habe ich ja sonst nie gemacht.“ Ich musste lachen, weil ich das tatsächlich ausschließlich als nette Geste (mir war heiß, ich war etwas müde und angetrunken) eines Kumpels verstanden hatte, nicht aber als die große Flirt-Offensive. Er dagegen war während der Übergabe aufgeregt und meinte, nun unmissverständlich klargemacht zu haben, dass er auf mich steht. Tja, so oder so ähnlich klingen die Flirts, die irgendwie in die Hose gehen und dann nicht zum Liebesglück führen – auch wenn es bei uns tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt geklappt hat. Das aber auch nur, weil wir einen gemeinsamen Freundeskreis hatten und nicht so wahnsinnig viel von diesem einen Abend abhing – hätten wir uns als Fremde getroffen, wären wir wahrscheinlich auch als Fremde aus dem Abend gegangen. Und wie schade das gewesen wäre.

Was ich damit aber eigentlich sagen will: Es gibt natürlich nicht den ultimativen Tipp und es gibt auch keine Textvorlage, die versprechen kann, dass sich Mann oder Frau ganz sicher in einen verliebt. So funktioniert’s einfach nicht. Flirten geht nicht nach Vorlage, nach Schema F, weil jeder Mensch ganz anders funktioniert. Wie man nun, wie eingangs versprochen, aber doch lernen kann, besser zu flirten? Ganz einfach: Auf die eigene Intuition hören (und nicht so sehr auf den Kopf), Blickkontakt suchen, offen sein, keine Spielchen spielen, lächeln, wenn das Gegenüber einem zum Lächeln bringt, lachen, wenn das Gegenüber einen zum Lachen bringt, keine Nullachtfünfzehn-Sprüche, sondern was, was zur Situation passt, zuhören, ehrlich sein, Spaß haben, gehen, wenn es keinen mehr macht. Fertig.

Es bedarf nicht viel mehr, als seine naturgegebene emotionale Intelligenz anzuwenden. Aber bitte niemals auf Menschen hören, die sagen, sie hätten den ultimativen Tipp, wie sich andere in einen verlieben. Denn macht man das, benimmt sich am Ende wahrscheinlich wie ein Trottel, steht die Beine überkreuzt, die Haare um den Finger wickelnd, in der Ecke und spricht davon, dass man keine Dinge reparieren kann. Das kann man als Idiotentest nehmen, aber nicht, um die Liebe zu finden. Denn, mal ehrlich, wer da anbeißt, scheidet hundertprozentig aus.

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