Ein tolles Kinderbuch erzählt starke Geschichten und zeigt jungen Menschen, dass sie sich nicht in Rollen pressen lassen müssen, dass die Welt bunt und vielfältig ist und die Liebe sowieso. Und genau das machen diese zehn Lese-Perlen kindgerecht und liebevoll.
Richtig gute Bücher, sind eine richtig gute Sache – besonders für Kinder
Wie ist das mit dem Leben, der Liebe, was macht uns Menschen aus? Eine einfache Antwort gibt es darauf nicht, aber das ist auch kein Beinbruch. Viel wichtiger ist zu entdecken, was möglich und wie bunt die Welt ist. Aber auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn sich etwas gut für uns anfühlt, dass wir uns Hilfe suchen sollten, wenn wir Sorgen haben und, dass wir alle oft viel stärker sind als wir denken. Auch wenn sich das manchmal anders anfühlt.
Genau das können auch schon gute Kinderbücher vermitteln. Wir haben zehn Bücher fernab der alten Klassiker zusammengestellt, die sich besonders an Mädchen richten (aber sicher auch Jungs großen Spaß machen), allesamt echte Mutmacher, die ohne veraltete Rollenbilder auskommen. Viel Spaß!
Tanga und der Leopard ( ab 6 Jahren)
Tanga ist die Tochter eines großen Medizinmannes des Stammes der Toblongos, sie ist schneller als die anderen, sie ist schlau und geschickt – und sie hat den Mut, sich einem großen Leoparden in den Weg zu stellen, der ihren Stamm bedroht. Und damit wird sie zur Heldin, die anderen Mädchen zeigt, was möglich ist. Traditionelle Rollenbilder findet man in diesem Buch nicht, und wenn doch, dann sieht man sie auf den Kopf gestellt – ein tolles Buch, mit wunderschönen Illustrationen, das zeigt, wie gut Abenteuergeschichten mit einer jungen weiblichen Hauptprotagonistin zusammenpassen. Mehr davon!
Roberto Malo, Grancisco Javier Mateos und David Laguens: Tanga und der Leopard, Abac Verlag, August 2016, 32 Seiten, 13,95 Euro.
Klein (ab 3 Jahren)
„Klein“ ist ein Buch, das sehr berührt. Nicht nur weil es sehr liebevoll umgesetzt wurde, sondern auch ein schwieriges Thema behandelt: Häusliche Gewalt und wie sich die aus Kindersicht anfühlt. Das wird anhand eines Winzlings namens „Klein“, dem es zuhause gar nicht gut geht, weil ziemlich viel gestritten wird, erzählt. Warum, weiß es nicht, aber es fühlt sich gar nicht gut an, es macht Angst und einsam. Und jetzt, wo man dringend jemanden zum Reden bräuchte, gibt es scheinbar niemanden, dem man sich anvertrauen kann, gibt niemanden, der Sicherheit ausstrahlt. Bis eine Erzieherin in der Kita es mit ihrer lieben Art schafft, doch an Klein heranzukommen. Ein sehr wichtiges Thema, das ganz behutsam und kindgerecht angegangen wird.
Stina Wirsén: Klein, Klett Kinderbuchverlag, März 2016, 40 Seiten, 9,95 Euro.
Malala, für die Rechte der Mädchen (ab 8 Jahren)
„Malala“ ist ein bewegendes Sachbuch mit tollen Illustrationen von Aurélia Fronty für Kinder im Grundschulalter, das von der mutigen Pakistanierin Malala Yousafzai handelt. Das Mädchen stand schon mit elf Jahren gegen die Taliban auf, die ihre Mädchenschule schließen wollten. Im Jahr 2012 erlangte sie dann internationale Aufmerksamkeit als sie den Hinrichtungsversuch durch die Taliban schwer verletzt überlebte. Seither setzt sich die junge Aktivistin für die Rechte der Kinder und ganz besonders für das Recht der Mädchen auf Bildung, ein. Für dieses Engagement erhielt sie im Jahr 2014 – im Alter von gerade einmal 17 Jahren – den Friedensnobelpreis. Das Buch vermittelt, wie wichtig Bildung für alle Kinder ist und ist schlicht ein Plädoyer für Gerechtigkeit.
Raphaele Frier: Malala: Für die Rechte der Mädchen, Knesebeck Verlag, Februar 2017, 48 Seiten, 14,95 Euro.
Ein Känguru wie du (ab 8 Jahren)
Wie schön wäre es im Meer zu baden, jetzt wo man endlich da ist! Aber leider haben Raubkatzen wie Pascha und Lucky ja Angst vor dem Wasser – das wurde ihnen zumindest beigebracht. Außerdem steht da ja auch noch das Zirkusfestival an, bei dem sie ihre Tricks vorführen sollen. Glücklicherweise lernen die beiden das schwule Känguru Django kennen, mit dem man nicht nur toll über die Dächer hüpfen und andere Abenteuer erleben kann, sondern das ihnen auch den Mut gibt, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich Dinge zu trauen, von denen einem vorher gesagt wurde, die könnte man ja sowieso nicht. Ein liebevolles und lustiges Buch, das viel Spaß macht und Vorurteile abbaut bzw. gar nicht erst aufkommen lässt.
Jörg Mühle und Ulrich Hub: Ein Känguru wie du, Carlsen Verlag, Dezember 2015, 96 Seiten, 12,99 Euro.
Wild (ab 4 Jahren)
„Wild“ ist ein Buch, das mit wenig Text auskommt und lieber mit sehr starken Bildern erzählt. Es handelt von einem Mädchen, das gemeinsam mit Tieren in der Wildnis wohnt und dort ein Leben führt, das von unbeschwertem Glück und vor allem von Freiheit geprägt ist. Bis schließlich andere Menschen kommen, um es zu retten und ihm ein konventionelles, ein „normales“ Leben zu ermöglichen. Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht, denn in diesem Leben und all dem, was es hier tun und lassen soll, fühlt sich das Mädchen fremd und unwohl – bis es schließlich so unglücklich ist, dass es zurück in den Wald flieht. Das Buch ist ein Plädoyer dafür, Kinder mal machen zu lassen, ihnen Freiraum zu geben und dass wir alle – ob groß oder klein – eben ganz unterschiedliche Dinge brauchen, um glücklich zu werden. Toll!
Emily Hughes: Wild, Fischer Sauerländer Verlag, Februar 2015, 40 Seiten, 14,99 Euro.
Teddy Tilly (ab 4 Jahren)
Was macht man, wenn man spürt, dass man eigentlich jemand anderes ist als derjenige als der man von seinem Umfeld wahrgenommen wird? Genau das fragt sich Teddybär Thomas, denn für ihn fühlt es sich schon lange falsch an, Thomas zu heißen. Viel lieber will er Tilly genannt werden und allen sagen, dass er eine Teddybärin ist. Aber wem kann man sich in dieser Sache anvertrauen? Teddy traut sich nicht zu seinem besten Freund zu gehen – aber zu Finn, denn der kann gut zuhören. Ein Glück macht Teddy das, denn Finn kann versichern, dass es allen, die Teddy lieb haben, total egal ist ob er Thomas oder Tilly heißt, ob er Bär oder Bärin ist und dass es doch schön ist, zu wissen, dass man lieber Tilly sein will. „Teddy Tilly“ ist eine liebevolle Geschichte zum Thema Transgender, aber auch eine Lektion über die Liebe und die Freundschaft, über Identität und Toleranz und darüber, dass wir uns nicht verstellen müssen, um gemocht zu werden. Mehr davon!
Jessica Walton: Teddy Tilly, Fischer Sauerländer Verlag, August 2016, 32 Seiten, 14,99 Euro.
Der Eisdrache (ab 5 Jahren)
Ein wunderschönes Märchen über Drachen, ein mutiges Mädchen und wie Mitgefühl und Mut die Welt verändern kann: Wenn die Eisdrachen davonfliegen, nehmen sie den Winter mit sich fort und der Frühling kehrt ein. Darauf wartet das Mädchen sehnsüchtig – nur kommt der Frühling in diesem Jahr einfach nicht. Denn einer der Eisdrachen ist mit verletztem Flügel auf dem Dach des Hauses liegen geblieben. Der Winter bleibt also und wird immer unerbittlicher – genauso wie der Hunger, die Angst und die Wut darüber. Es scheint irgendwann keinen Ausweg mehr aus dieser kargen Kälte zu geben – doch genau da, hat das Mädchen die zündende Idee dazu, was nun zu tun ist. Sie kann den Drachen retten und der Frühling kommt endlich zurück. Der Winter wird immer grimmiger, der Hunger immer nagender, die Herzen erstarren in Zorn und Angst. Als die Not so groß wird, dass es keinen Ausweg zu geben scheint, besinnt sich das Mädchen. Mit Großmut und einer fantastischen Idee gelingt es ihr, den Eisdrachen zu retten und den Frühling ins Land zu holen.
Troon Harrison: Der Eisdrache, G & G Kinder- und Jugenbuch Verlag, September 2016, 48 Seiten, 18 Euro.
Anastasia McCrumpet und der Tag, an dem die Unke rief (ab 10 Jahren)
„Anastasias Tag begann mit einer Beerdigung. Von da an ging es bergab.“ So beginnt der erste Band über die fast 11-jährige Anastasia McCrumpet, die eigentlich ein ziemlich gewöhnliches Leben zu haben scheint und auch ein ziemlich gewöhnliches Mädchen ist – bis sich die Ereignisse überschlagen und sie in ein skurriles Abenteuer gerät. Das zu dem Zeitpunkt als ihre Eltern sich an einem entfernten Ort von einem mysteriösen Unfall erholen müssen und sie zu zwei unbekannten Großtanten umsiedelt. Und dort ist gar nichts mehr so wie sie es kennt. Ein ziemlich lustiges, ziemlich schräges und auch leicht gruseliges Buch – also ziemlich unterhaltsam über fantastische Abenteuer, Freundschaft und ein mutiges Mädchen erzählt an dem auch Erwachsene ihre Freude haben.
Holly Grant: Anastasia McCrumpet und der Tag, an dem die Unke rief, Band 1, Cbt Verlag, Mai 2015, 352 Seiten, 9,95 Euro.
Alles Familie! Vom Kind der neuen Freundin vom Bruder von Papas früherer Frau und anderen Verwandten (ab 5 Jahren)
Es gibt das althergebrachte Familienbild, das aus Mama, Papa und Kind(ern) besteht – und es gibt so viele Familienkonstellationen mehr, wie Patchwork-Familien, Regenbogenfamilien, Familien mit einem alleinerziehenden Elternteil, Adoptivfamilien und und und. Doch in ihnen wachsen Kinder auf, die ihre Realität häufig nicht in Kinderbüchern wiederentdecken dürfen. Gut, dass es „Alles Familie!“ gibt, denn in diesem Buch ist das anders. Es erzählt humorvoll von einer kunterbunten Familienwelt, von Bluts- und Wahlverwandschaften, von den kleinen und großen Fragen, die in diesen Konstellationen auftreten, von dem Leben mit Geschwistern und als Einzelkind, kurz: Von der ganzen Palette, die das Leben zu bieten hat. Herrlich!
Alexandra Maxeiner, Anke Kuhl: Alles Familie!: Vom Kind der neuen Freundin vom Bruder von Papas früherer Frau und anderen Verwandten, Klett Kinderbuch Verlag, Februar 2013, 32 Seiten, 13,95 Euro.
Mein Leben, mal eben (ab 12 Jahren)
Für die 13-jährige Anouk ist es gerade nicht so einfach. Und das nicht nur wegen der Pubertät, in der man sich sowieso schon komisch und irgendwie falsch am Platze fühlt, auch in der Schule ist nichts rosig. Und zuhause sowieso nicht, denn zuhause lebt sie mit ihren zwei Müttern zusammen und das, wird ihr immer wieder gesagt, ist so gar nicht normal – und Anouk wünscht sich nichts mehr als einfach nur stinknormal und einfach mal unterm Radar zu sein. Sie will also ihr Leben ändern, endlich in die Schablone passen, in der es sich so herrlich unbeobachtet Leben lässt – aber auch das ist nicht einfach, denn normal gibt es eben nicht und außerdem ist Anouk dafür auch viel zu chaotisch. Alles Mist. Bis Anouk merkt, sie muss gar nicht an sich und ihrem Leben herumschrauben, es ist alles okay so wie es ist. Ein tolles, herrlich anderes Mädchenbuch, das zeigt, wie wichtig ein gesundes Selbstbewusstsein ist. Ganz besonders in der Teenagerphase und noch mehr für die leisen, zarten Menschen unter uns.
Nikola Huppertz: Mein Leben, mal eben: Just me, Coppenrath Verlag, Januar 2017, 256 Seiten, 12,99 Euro.
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