Foto: Dominik H Müller

Sängerin Alina: „Als Kind war ich furchtlos – Unsicherheiten habe ich erst später entwickelt“

Sängerin Alina singt von intimen Gefühlen, prägenden Lebensereignissen und der Kraft von Worten. In ihrer Wahlheimat Berlin ist sie bei Universal unter Vertrag und arbeitet gerade an ihrer zweiten Platte und einer weiteren Konzerttour.

Lampenfieber gehört dazu

Wäre sie nicht Sängerin, wäre Alina vermutlich Meeresbiologin oder Prinzessin geworden. So stellte sich die Musikerin jedenfalls ihr Zukunft vor als sie noch ein kleines Kind war. Ihre Eltern erkannten jedoch das Talent, das Alina zum Ausdruck brachte, wenn sie im Kinderzimmer, unter der Dusche oder im Auto sang und förderten sie. Alina ist an ihrer großen Leidenschaft drangeblieben.

Mit sieben hatte sie ihren ersten Auftritt, mit 14 ihre erste eigene Band. Nach einem abgebrochenen Studium zog sie nach Berlin, wo sie dann auch ihren ersten Vertrag bei Universal unterschrieben hat. Ihre Songs handeln von den großen Gefühlen, Begegnungen und Dramen in Alinas Leben. Sich selbst beschreibt sie als „intensiven Bühnenmensch“. Wir haben mit Alina im Interview darüber gesprochen, was ihre Leidenschaft ist und wie sie mit ihren Songs Statements setzt.

Liebe Alina, woher kommt deine Leidenschaft für Musik?

„Das hat mir definitiv meine Familie mitgegeben. Ich bin in einem sehr musikalischen Umfeld aufgewachsen. Meine Eltern hatten sogar eine Familien-Band, da habe ich schon als Grundschulkind Songs performt. Den ersten Auftritt meines Lebens hatte ich auf dem 40. Geburtstag meines Papas. Das war ein sehr besonderes Erlebnis für mich – die Leute sind komplett ausgerastet wegen meiner Performance. Den Drang zu singen und zu unterhalten hatte ich schon immer.“

Deine Eltern haben das also gefördert?

„Ja, zum Glück haben sie nie gesagt, dass ich lieber still und leise sein soll. Sie haben mich unterstützt und darüber bin ich sehr dankbar. Ich glaube wirklich, dass viel zu viele Talente zu früh schon abgeschmettert werden.“

Was würdest du also jungen Leuten raten, deren Eltern nicht gerade begeistert sind, wenn sie ihnen von einer Gesangskarriere vorträumen?

„Sich nicht davon abhalten lassen und einfach immer singen wenn es geht – unter der Dusche, im Auto, einfach überall.“

Warst du denn schon immer der Typ, der überall gerne gesungen hat?

„Ich hatte schon immer das Performance-Gen in mir. Als Kind war ich wirklich furchtlos und habe jede Bühne an mich gerissen. Unsicherheiten und Angst habe ich erst entwickelt, als ich älter wurde.“

Ich bin besessen von Musik. Am Tage habe ich mehr Stunden Musik auf den Ohren als dass ich schlafe.

Wie kam es dazu?

„Es gab nicht den einen Moment, ab dem ich mich unsicher auf der Bühne gefühlt habe. Aber als Teenager habe ich angefangen, mich selbst sehr in Frage zu stellen. Ich fand mich nicht unbedingt die Tollste und Hübscheste und habe gespürt, dass ich den Kindheitsbonus nicht mehr habe. Als junge Frau wurde ich einfach anders bewertet. Auf einmal hatte ich Lampenfieber. Verstärkt wurde das dadurch, dass ich mit 16 bei Deutschland sucht den Superstar mitgemacht hat. Dort habe ich einige Ängste entwickelt.“

Wie hat dich die Sendung verändert?

„Ich habe an der ersten Staffel teilgenommen. Dort kam ich sogar bis unter die besten 30. Trotzdem hat mich dieses Format gedemütigt. Als Teenagerin habe ich gar nicht richtig verstanden, wie dort im Hintergrund die Fäden in der Hand gehalten werden. Als ich von der Show zurückkam haben die Leute alle über mich geredet und ich habe mich ziemlich bloßgestellt gefühlt. Ich habe mich dem Medium Fernsehn total ausgeliefert. Wenn ich meinem 16-jährigen Ich einen Rat geben könnte, dann wäre das, auf jede Bühne zu gehen, aber bloß keine Casting-Bühne!“

Wie gehst du jetzt mit Angst vor Auftritten um?

„Lampenfieber gehört für mich manchmal einfach dazu. Bei kleineren Auftritten bin ich souverän und habe gar keine Symptome. Bei manchen größeren Bühne packt es mich. Dann wird mir schwindelig und heiß und meine Stimme zittert noch ein bisschen, wenn ich den ersten Song anstimme. Aber dann rufe ich mir selbst ins Gedächtnis, dass die Angst nur da ist, weil ich die Situation nicht kenne und mache dann das Beste aus der Herausforderung.

Wenn ich meine Songs performe, dann stecke ich wirklich ganz tief drin in der Emotion und mache das mit Leidenschaft. Am meisten liebe ich, dass sich das auf das Publikum überträgt und wirklich ganz magische Momente entstehen, in denen sich die Energien hochschaukeln. Das ergreift mich wirklich sehr.“

Wie schafft man solche Momente?

„Das liegt vermutlich daran, dass ich meine Texte selbst schreibe. Meine erste Platte ist wie eine Biografie. Die Lieder handeln entweder von Dingen, die mir selbst oder Nahestehenden passiert sind. Wenn ich in einer Situation bin, in der etwas Bewegendes passiert, schreibe ich mir das gleich darauf von der Seele. Das kommt dann einfach aus mir raus.“

Ich könnte den Großstadtdschungel in Berlin nicht überleben, wenn ich nicht ständig meine Kopfhörer auf den Ohren hätte.

Welches ist dein liebstes Lied?

„Es gibt einen Underdog auf der Platte: ‚Worte sind Mörder‘. Ich singe davon, dass Reden Silber ist, Schweigen Gold und Worte Mörder. Es geht darum, dass man aufpassen sollte, was man sagt. Ich liebe es einfach, den Song live zu performen. Das Lied ist ein bisschen düster, aber die Stimmung die es transportiert, ist sehr gefühlvoll. Wenn ich das auf der Bühne singe, dann lasse ich mich wirklich darin fallen und raste ein bisschen aus.“

Handeln die Lyrics von einem persönlichen Erlebnis?

„Ja, ich kann mich mit dem Liedtext selbst identifizieren. Oft habe ich Ratschläge bekommen, nach denen ich niemanden gefragt habe. Manche davon waren verletzend. Und natürlich habe ich auch einige Kommentare zu meinem Aussehen bekommen oder Abschätziges darüber gehört, was ich mache. Manchmal war das noch nicht einmal böse gemeint, aber das waren trotzdem Aussagen, die mir wehgetan haben. Deshalb erinnert der Song daran, seine Worte bedacht zu wählen.“

Wie schaffst du es, dich so verletzlich in deinen Liedern zu zeigen?

„Ich wähle meine Themen selbst und dabei auch die Perspektive und die Worte. Wenn ich mich also bewusst dafür entscheide über eine ‚Schwäche‘ zu singen oder über etwas, was mich verletzt hat, dann bin ich emotional schon einen Schritt weiter. Und dann finde ich, dass das auch eine Stärke ist. Zumal ich auch die Erfahrung gemacht habe, dass gerade die Songs, bei denen ich über meine Schwächen singe, die Zuhörer*innen am meisten für sich selbst rausziehen können. Das Feedback von meinen Fans ist dann wirklich toll! Einer hat sich sogar ein paar Zeilen von mir tätowieren lassen, weil sie ihm so viel bedeuten.“

Was für Botschaften in deinen Songs sind dir am wichtigsten?

„Zu sich selbst zu stehen, ist die wichtigste Message aus meinen Liedern. Man braucht sich nicht verstecken! Bei meinem Auftritt in der NDR-Talkshow habe ich beispielsweise gesagt, dass es jeder Körper verdient hat, schön gekleidet zu sein. Im letzten Sommer habe ich das erste Mal ein Bild von mir im Bikini auf Instagram hochgeladen. Das ist jetzt im Nachhinein eine wichtige Erfahrung für mich. Denn daraufhin hat mir eine Followerin eine Nachricht geschickt, dass sie dieses Bild so krass ermutigt hat, dass sie sich das erste Mal im Leben getraut hat, Bilder von sich selbst im Urlaub machen zu lassen. Davor hat sie sich immer total unwohl in ihrem Körper gefühlt. Sie war mit ihrem Mann und ihrem Kind an den schönsten Orten, aber sie hat mir geschrieben, dass man denken könnte, sie wäre nie dabei gewesen, weil es keine Bilder gibt. Ich freue mich so sehr, ihr Mut gemacht zu haben. Als sie mir geschrieben hat, bin ich selbst in Tränen ausgebrochen. Sie konnte so einen großen Schritt gehen, weil meine Botschaft sie erreicht hat. Das sind die tollen Momente in meinem Musiker*innendasein. Zu spüren, dass ich die Leute da draußen erreiche, berühre und inspiriere.

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