Ich bin Feministin und ließ mich von meinem Partner demütigen. Heute weiß ich, woran es lag und dass ich mich anders entscheiden kann.
Wie konnte ich mich von einem Mann so behandeln lassen, wenn ich mich Feministin nenne?
Viele von euch kennen diese Persönlichkeiten, die sich zu 100 Prozent für bestimmte Themen wie Feminismus oder Menschenrechte einsetzen. Genauso bin ich auch – ich kämpfe für Frauenrechte, ich will Gleichberechtigung, ganz besonders im Beruf. Ich wünsche mir, endlich die gleichen Chancen wie meine Kollegen in der Forschung und die gleiche Unterstützung auf dem Weg zur Universitätsprofessorin zu haben. Aber dieser Weg ist von Steinen bedeckt und nach jedem kleinen Erfolg kommt das nächste doppelt so große Hindernis. Aber ich werde nicht aufgeben und weiter meine Träumen zu folgen.
Doch auf diesem Weg passierte es mir, dass ich mich verliebt habe. Wir begegneten uns am Arbeitsplatz. Einer der unpraktischsten Orte für Romanzen, auch wenn viele Menschen hier ihre Partner kennenlernen. Ich gehöre zu den Frauen, die hochsensibel und empathisch sind. Er gehörte zu den Männern, die narzisstisch veranlagt sind und auf Frauen herabsehen. Seine Haltung versteckte er hinter seinem Charme und seiner „Smartness“, aber sie schien durch.
Es war das typische Szenario. Er bezirzte mich mit bedeutungsvollen Geschenken, da er wusste, dass ich nicht jemand bin, der sich mit Pralinen und Rosen umhauen lassen würde. Er gab mir Geschenke mit Bedeutungen – Münzen mit einem Aufdruck der ersten Frauenrechtlerinnen, ein von ihm selbst gepflückter Blumenstrauß usw. Mir blieb fast keine andere Wahl als mich in ihn zu verlieben – dachte ich – aber es war meine Wahl.
Emotionaler Missbrauch – Gaslighting
Ich war erfolgreicher er als er, jünger als er und naiver als er und das alles machte er sich zunutze. Denn er war klug, aber nicht diszipliniert, was seinen fehlenden Erfolg erklärte und seine Verbitterung, welche ich erst im Nachhinein gesehen habe.
Er spielte mit mir – es war emotionaler Missbrauch. In den USA wurde der Begriff des „Gaslighting“ eingeführt, was haargenau beschreibt, wie er mich behandelt hat – er verdrehte Sachverhalte und ließ mich an meinen eigenen Wahrnehmungen zweifeln.
Er gab mir Aufmerksamkeit und ich brauchte und wollte sie. Sobald er sie mir entzog, fühlte ich mich schlecht. Er behandelte mich vor allen anderen Arbeitskollegen schlecht, indem er herablassende Witze über meine „Ambitionen, Strebsamkeit, Überstunden, Intelligenz und gutes Aussehen“ machte. Seiner Meinung nach waren die Kombination von Intelligenz und Schönheit bei Frauen nur selten anzutreffen. Was für ein Schwachsinn. Wir sind alle außergewöhnlich und schön auf unsere Art und Weise.
Auch innerhalb von Konflikten stellte er sich auf die Seite derjenigen, von denen er am meisten profitieren konnte, was für mich bereits eine rote Flagge hätte sein können. Aber ich war verliebt.
Narzisst-Empath-Beziehung
Typisch in der Beziehung mit Narzissten: Am Ende jedes Konfliktes, welchen er initiiert hatte, war ich schuld. Er macht Dinge absichtlich falsch und ich war schuld. Er hatte mich zu seinem „emotionalen Punching-Bag“ auserkoren. Wenn er einen guten Tag hatte, war alles gut. Wenn es ihm schlecht ging, musste er seine Unsicherheit abbauen, schrie mich an und machte mich und meine Arbeit runter. Wie oft ich hören musste, dass alles, was ich tue, schlecht sei. Er demütigte mich vor Freunden. Und gerade die Freunde, die von meinem feministischen Engagement begeistert waren, waren entsetzt, dass ich mich in so einen Mann verliebt hatte. Ich hörte nicht auf sie.
Der Höhepunkt war, als er mir einen Ring gab und ich ihn akzeptierte, obwohl ich wusste, dass er schon vergeben war. Am Ende stellte sich heraus, dass er wirklich nur gespielt hatte – und ich mich selbst betrogen. Wieso?
Ich wollte so sehr das „Happy End“. Ich wollte so sehr geliebt werden. Ich wollte endlich das, wovon so viele sprachen „wahre Liebe“.
Das Gefühl, ihn zu brauchen, und die Leere, wenn er nicht da war, waren so
schmerzhaft. Ich verspürte diese direkte Verbundenheit, die, wie ich heute weiß, vor allem von dem Interaktionsmuster von Narzissmus und Empathie stammt. Aber ich interpretierte es als tiefe Liebe, obwohl es fehlende Selbstliebe war.
Nach außen war ich die erfolgreiche und willensstarke Frau, die genau weiß, was sie will und sogar als Mentorin für andere junge Frauen tätig ist. Innen drin beherrschte mich das Impostor-Syndrom, die tiefe Unsicherheit und das verletzte innere Kind.
Aus seinen Fehlern lernen und wachsen
Ich möchte, dass jede Frau weiß, es ist okay zu weinen, es ist okay Fehler zu machen, es ist okay nicht immer stark zu sein, es ist okay nicht
perfekt zu sein, es ist okay ihr selbst zu sein, aber bitte, bei allem was ihr
tut, habt das Ziel glücklich zu sein – und ehrlich zu euch selbst.
Es war sehr wichtig für mich, diesen Mann zu treffen, denn erst dadurch erkannte ich, dass ich mich nicht liebte. Wir hatten die typischen Beziehung, die Narzissten und Empathen oft eingehen. Als Empathin kümmerte ich mich um ihn und tat alles für ihn am Arbeitsplatz. Am Ende wollte er auch meine Arbeit für seinen eigenen Erfolg benutzen, aber ich bin eine Kämpferin und habe dies nicht zugelassen. Als er meine beruflichen Träume zerplatzen lassen wollte, riss die Schnur und ich sah, dass niemand das Recht hat, meine Träume niederzumachen oder wegzunehmen. Von dem Tag an hatte er an jegliche Macht über mich verloren.
Was ich erkannt habe: Wir lernen viele Verhaltens- und Denkmuster bereits in unserer Kindheit. Aber wir haben die Macht, Dinge anders zu machen. Er konnte mich emotional nur missbrauchen, weil ich es zugelassen habe. Es war mein auch meine Schuld, ich bin kein Opfer, es war meine Entscheidung, weil ich unbedingt geliebt werden wollte. Ich wusste die ganze Zeit, dass die Art und Weise wie er mich manipulierte, niedermachte und aufzog vor anderen nicht richtig war.
Dennoch bin ich nicht schwach, weil ich aufgrund dieser Erfahrung gewachsen bin und gelernt habe. Nie wieder möchte ich einen Mann hinterherlaufen, der mich nicht verdient hat und gerade deshalb arbeite ich daran, mich selbst zu lieben. Das innere Gefühl der Leere, das er hinterließ, war meine fehlende Selbstliebe. Heute würde ich sagen, es ist wirklich traurig, dass ich dachte, ich bräuchte ihn. Aber nach dieser Situation habe ich mich verändert und bin sehr viel stärker und bestimmter geworden. Die Person, die ich heute bin, wird als angehende Führungskraft akzeptiert – ich bin nicht mehr das Mädchen, dass ich damals war, als ich ihn traf. Heute könnte er nicht mehr mit mir spielen.
Seid gut zu euch selbst
Ich kann jeder starken Frau raten, gebt acht auf euch, seid freundlich zu euch. In dieser Leistungsgesellschaft arbeiten wir und kämpfen wir für unsere Ziele. Manchmal vergessen wir dabei, dass wir großartige Wesen sind mit großartigen Eigenschaften und jede von uns unterschiedlich und wundervoll auf Ihre Art. Gönnt euch die Pause, gönnt euch Urlaub, kauft den Latte Macchiato mit Karamell oben drauf, ja esst Schokoladeneis und guckt euren Lieblingsfilm, auch wenn ihr eigentlich arbeiten könntet – an einem Sonntagabend.
Gönnt euch Selbstliebe – denn jeder Mensch verdient geliebt zu werden, besonders von sich selbst.
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