Ein Burnout veränderte alles. Das Gefühl, nie wieder arbeiten zu wollen, nutzte Carina Herrmann für einen totalen Neustart. Sie erfand für sich einen neuen Job.
Mein Burnout ließ mich ausbrechen
„Ich liege in meinem Bett und starre die Decke an. Ich möchte nicht aufstehen. Ich möchte nicht zur Arbeit. Ich möchte einfach nur liegen und schlafen“, so begann mein erster Artikel bei EDITION F. „Es fühlt sich alles leer an. Bedeutungslos. Selbst die Tränen, die mein Gesicht herunterlaufen, fühlen sich emotionslos an. Das war vor vier Jahren.“
Vor neun Monaten schrieb ich für EDITION F auf, dass ich ausbrechen musste, um nicht wieder in die alten Mühlen zu kommen. Weil sich viele von euch gefragt haben, wie das genau aussah, das Ausbrechen, schreibe ich nun eine kleine Fortsetzung.
Die Entscheidung, nach dem Burnout etwas anderes zu tun
Nach einer langen Reise durch Australien und Südostasien und der Erkenntnis, dass mich ein Burnout in die Welt getrieben hatte, beschloss ich, nicht wieder in die aktive Arbeit als Kinderkrankenschwester zurückzukehren. Mir war klar, dass es selbst nach dieser langen Auszeit nur eine Frage der Zeit sein würde, bis ich wieder zurück am selben Punkt ankommen würde, an dem meine Arbeit mich langsam innerlich auffressen würde.
Aber was macht jemand, der außer einer Ausbildung keine anderen Erfahrungen besitzt?
Eine zweite Ausbildung in einem ganz anderen Beruf? Noch einmal auf ein Ausbildungsgehalt sinken?
Oder ein Studium beginnen und auf elternunabhängiges Bafoeg zur Unterstützung setzen?
Alles auf Null
Selbst wenn ich eine dieser Möglichkeiten in Betracht gezogen hätte, wäre da immer noch die Frage gewesen: Was will ich eigentlich werden? Womit will ich die nächsten 20, 30 oder 40 Jahre meines Berufsalltags füllen? Man fühlt sich nach einem solchen Rückschlag in die Schulzeit zurückversetzt. Ein Burnout, der eine Rückkehr unmöglich macht, setzt alles wieder auf Null zurück.
Ich versuchte also schon in meiner Auszeit herauszufinden, was mich erfüllt, was mich begeistert und was so viel Leidenschaft in mir weckt, dass selbst nach vielen Stunden weder Langeweile noch Erschöpfung entsteht. Und fand das Schreiben für mich. Aber mit dem Schreiben Geld zu verdienen ist in etwa so schwer wie mit jedem anderen Künstlerberuf.
Meine Leidenschaft zum Beruf machen
Trotzdem wollte ich alles daran setzen, mir ein Leben basierend auf meinen zwei großen, neu entdeckten Leidenschaften aufzubauen: Dem Schreiben und dem Reisen.
Etwa zu dieser Zeit gab es einen neuen Trend in Deutschland: Der des professionellen Bloggens. Für mich schien das wie der Goldschatz am Ende des Regenbogens. Mit dem Schreiben über das Reisen so viel Geld zu verdienen, dass ich dauerhaft reisen könnte? Das wäre der absolute Traum. Also fing ich an, das Ganze professionell anzugehen. Ich verabschiedete mich innerlich von den 20 Leser*innen, die mein Reiseblog bisher hatte, und strebte die ersten 10.000 an.
Wo ist die Lücke, dich mich braucht?
Ich suchte mir eine Nische, die viel diskutiert war und genügend Nachfrage bot: Pink Compass – mein Reiseblog für allein reisende Frauen wurde geboren. Ich las alles, was mir zum Schreiben, Bloggen, Suchmaschinenoptimierung und Marketing in die Hände fiel.
Dadurch, dass ich als Kinderkrankenschwester in all dem absolut jungfräulich war, tat sich mir eine komplett neue Welt auf und die Lernkurve war rasant und anspruchsvoll. Schnell verschwand der glänzende Traum von der Hängematte, in der ich ein paar Stunden die Woche hübsche Reisegeschichten schrieb und sich meine Reisekasse so automatisch füllte. Aber trotz allem war ich fasziniert und begeistert genug, um jede freie Minute neben meinem Bürojob, den ich in dieser Zeit angenommen hatte, um ein finanzielles Polster zu schaffen, in meine zukünftige Selbständigkeit zu stecken.
Denn genau das entstand gerade: meine Selbständigkeit als Online-Unternehmerin. Nach sechs Monaten der intensiven Vorbereitung und mit mittlerweile 6.000 Leser*innen monatlich wagte ich dann den Sprung und verkaufte alles, was ich besaß und nicht auf Reisen mitnehmen konnte.
Ich löste meine Wohnung auf und verließ meinen angenehmen und sicheren Bürojob, um die Welt als Bloggerin und Dauerreisende zu erobern.
Verrücktes Risiko?
War es riskant? Unsicher? Vielleicht sogar verrückt? Möglich.
Aber es war eine Entscheidung, mit der mein Herz glücklich war. Und eine Entscheidung, die den Ausblick auf die Möglichkeit bot, sich ein profitables Einkommen komplett selbst zu schaffen. Auch wenn es weitere 18 Monate dauerte und einen zweiten Blog brauchte – dieses Mal zum Thema Online-Business für ambitionierte Frauen – bis dieser selbst erschaffene Beruf genug Einkommen erzeugte, um meinen alten Standard wieder zu erreichen, war es all die Arbeit wert.
Mir hat es aber vor allem eines gezeigt: Dass es niemals so leicht ist wie heute, sich digital eine komplett neue, berufliche Existenz aufzubauen. Selbst ohne Vorwissen, lediglich mit viel Leidenschaft, der Bereitschaft zu lernen und harter Arbeit ist es dank des Internets möglich, etwas komplett Neues zu erschaffen.
Und so aus einem Teufelskreis auszubrechen. Sich selbst neu zu erfinden. Und glücklicher zu werden.
Mehr auf EDITION F
Burnout: Ich möchte nicht zur Arbeit. Nie mehr. Weiterlesen
Die besten Apps für mehr Work-Life-Balance. Weiterlesen