Muskulöse Frauen werden oft für ihr Aussehen kritisiert. Aber wer definiert denn eigentlich, was weiblich oder schön ist? Im Gespräch mit Bodybuilderin Carina Moeller-Mikkelsen.
Entgegen der Klischees
Gewichte heben und schöne Kleider tragen, auf Wettkämpfe hin trainieren und am nächsten Tag wieder pünktlich dem Job als Bankkauffrau nachgehen – für Carina Moeller-Mikkelsen schließen sich diese Dinge nicht aus. Für ihr Umfeld war das erst einmal ungewohnt. Frauen mit ausgeprägten Muskeln polarisieren, werden gerne mal als „zu männlich“ oder „ekelhaft“ bezeichnet. Für Carina ist klar: Weiblichkeit hat wenig mit dem Äußerlichen zu tun, sondern vielmehr damit, wie man sich fühlt. Sie ist Teil der neuen Dove-Kampagne „Meine Schönheit ist meine Entscheidung“, bei der unter dem Motto #MeineSchönheit ganz unterschiedliche Frauen sich und ihre Körper in aller Vielfalt zeigen und zelebrieren.
Wir haben mit ihr über Reaktionen in ihrem Umfeld, Ehrgeiz und den Umgang mit negativer Kritik gesprochen.
Wenn man einen vermeintlich unüblichen Weg geht, hat man es meistens mit Gegenwind von Freunden und der Familie zu tun. Wie war das bei dir?
„Wenn man am Anfang bei seinen Eltern steht und von seinem Plan erzählt, Bodybuilderin zu werden und an Wettkämpfen teilnehmen zu wollen, ist das alles andere als einfach. Das erste Bild, das bei Familie und Freunden auftaucht, ist das typische ‚Mannsweib‘-Bild. Ich stand mit meinen sportlichen Zielen also erst einmal alleine da. Ich habe dann versucht, meine Familie so gut wie möglich teilhaben zu lassen, damit sie verstehen können, was genau ich da überhaupt tue und warum. Und dass aus Carina nicht gleich Claus wird. Nach meinem ersten Wettkampf 2014 hatten alle den größten Respekt und rückblickend würde ich sagen, dass das der Punkt war, ab dem alle zu hundert Prozent hinter mir standen und sehr stolz auf mich waren. Sie haben einfach gesehen, wie viel Zeit, Energie und teilweise auch Verzicht mit dem Sport verbunden ist.“
Als Bodybuilderin musst du sehr kontrolliert und fokussiert sein. Warst du schon immer „die Ehrgeizige“?
„Was Essen und Sport angeht, war ich lange nicht besonders diszipliniert (lacht). Aber es stimmt wohl schon, dass ich ein Ziel sehr ehrgeizig verfolge, wenn ich es mir erst einmal in den Kopf gesetzt habe.“
Du bist Bankkauffrau und Bodybuilderin. Wir können uns vorstellen, dass du immer wieder in überraschte Gesichter blickst, wenn du von deiner anderen Rolle erzählst. Wie ist das für dich? Findest du es anstrengend, dich erklären zu müssen oder ist es vielleicht sogar ganz spannend, mit Klischees zu brechen?
„Ich liebe es, mit Klischees zu spielen! Das versuche ich auch online auf meinem Instagram-Profil darzustellen. Ich zeige mich auf einem Foto gerne geschminkt im Kleid und auf dem nächsten dann beim Training, wo man dann deutlich Muskeln, Konturen und Adern sehen kann. Unter solchen Posts kommentieren dann viele, wie ‚eklig‘ und ‚männlich‘ das sei – meistens sind das aber auch die gleichen, die unauffällig oder unbewusst bei den Bildern im Kleid auf ‚Gefällt mir‘ drücken. Mir ist es wichtig, den Menschen da draußen zu zeigen, dass auch Frauen mit Muskeln schön sein können – sowohl online als auch im realen Leben.“
Und wie definierst du Weiblichkeit?
„Weiblichkeit und Schönheit liegen immer im Auge des Betrachters, wie man das so schön sagt. Dennoch ist Weiblichkeit für mich: Wenn man sich selbst in seiner eigenen Haut wohlfühlt so wie man ist und dies auch ausstrahlen kann.“
Im Rahmen der Kampagne hat Dove ein Video von dir geteilt, wie du in einem Abendkleid Gewichte hebst. Einige Kommentare darunter waren beleidigend und zeigen, wie nötig solche Kampagnen sind. Wie gehst du mit Hass im Internet um?
„Ich versuche, den Hass erst gar nicht zum Thema werden zu lassen. Es gibt immer Menschen, die etwas Negatives zu sagen haben oder einen sogar beleidigen – vor allem, wenn man einen etwas anderen Weg wählt als die Norm. Ich sehe solche Kommentare aber nicht als einen persönlichen Angriff. Ich nehme das eher aus einer außenstehenden Perspektive wahr und nehme es mir nicht zu Herzen. Es ist legitim, dass dieses Schönheitsideal nicht jedem gefällt und man kann das auch äußern, solange es in einem vernünftigen Ton passiert.“
Wie erlebst du die Szene hinsichtlich der Geschlechter? Ist Sexismus ein Problem? Sollte sich etwas ändern?
„Ich habe bisher noch keine negativen Erfahrungen machen müssen, was Sexismus anbelangt. Der Sport ist sehr freizügig, weil Körper und Körperformen sehr im Fokus stehen. Es kommt aber immer darauf an, wie man sich präsentiert und darstellt.“
Und zum Schluss brennt uns natürlich noch eine Frage unter den Fingern: Sitzt du manchmal auch in Jogginghose auf der Couch und isst Pizza?
„Klar, ich liebe Essen! Das würden meine Freunde und Familie wahrscheinlich auch direkt so unterschreiben (lacht). Bei mir gibt es also auch sehr gemütliche Abende in Jogginghose, die Haare zum lockeren Dutt gebunden und am besten Pizza, Eis und Schokolade.“