Bild: Sebastian Geis

„Frauen werden in der Kreativindustrie nicht gehört“

Kund*in
USM
Autor*in
EDITION F studio
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Mit den GoalGirls haben Kaddie und Helmut das Konzept Werbeagentur neu gedacht: Sie arbeiten fast ausschließlich mit Freelancer*innen zusammen und erproben holokratische Strukturen mit ihrer Co-Creagency. Wir haben sie in ihrem „Womb“ in Berlin Mitte besucht – wo sie uns verraten, was sie sich dabei gedacht haben.

Agentur, aber anders

Wie gründet man eigentlich eine zeitgemäße Werbeagentur? Kaddie und Helmut probieren es gerade aus. Die beiden Schwestern, und ja, Helmut heißt eigentlich Helena, wird aber seit Kindestagen eben Helmut genannt, wissen, dass Innovation nicht dadurch entsteht, dass man alles so macht wie immer. Man macht es eben anders. Deswegen haben sie die Co-Creagency gegründet: eine Agentur, die fast ausschließlich auf freie Mitarbeiter*innen und holokratische Strukturen setzt. Was das genau heißt, warum sie sich dazu entschieden haben und was das alles mit den Spice Girls zu tun hat – wir haben nachgefragt und die beiden gemeinsam mit unserem Advertorial-Partner USM in ihrem Office besucht und geschaut wie es im Büro der beiden aussieht.

Ziemlich früh haben die beiden Schwestern auf USM gesetzt. Das modulare System spiegelt die Co-Creagency-Idee wider, kann Räume immer individuell stützen und passt deshalb ziemlich gut zu Neuer Arbeit. Bilder: USM

Liebe Kaddie und liebe Helmut, welches Problem löst ihr mit GoalGirls?

Kaddie: „Ich selbst komme aus der Kreativbranche und war genervt davon, dass meine Stimme nie gehört wurde. Meine Ideen wurden zwar genutzt, aber ich durfte sie nicht präsentieren. Ich habe dann sehr schnell gemerkt, dass das für mich als Kreative kein Umfeld war, in dem ich arbeiten wollte. Als GoalGirls dann zu einem Agenturprojekt wurde, ursprünglich war das ja eher ein Blog, der über unsere Gründung berichten sollte, haben wir schnell gemerkt, dass wir mit der Co-Creagency genau das Problem lösen, das ich damals hatte: Obwohl man eine starke Stimme hat, wird man als Frau in der Kreativindustrie nicht so gehört, wie das bei Männern der Fall ist. Das liegt an den hierarchischen Strukturen, ist ein riesiges strukturelles Problem und entspricht längst nicht mehr dem Zeitgeist.“

„Meine Ideen wurden zwar genutzt, aber ich durfte sie nicht präsentieren.“

Kaddie

Und das hast du immer darauf zurückgeführt, dass du eine Frau bist?

Kaddie: „Die Tatsache, dass man als Frau in einem Team umgeben ist von Männern und sich das bis hin zu wichtigen Managementpositionen nicht ändert, spielt da auf jeden Fall mit rein. Deswegen ist uns in der Agentur wichtig, dass jede gehört wird. Dass in der Co-Creagency ausschließlich Frauen arbeiten, ist unser Steckenpferd und das merkt man auch an unseren Kampagnen.“  

Woran denn genau?

Helmut: „In unseren Kampagnen und Projekten versuchen wir auf Gleichberechtigung zu achten und die weibliche Perspektive hilft dabei. Unsere Umsetzungen sind weniger sexistisch – einfach, weil die Konzepte und Ideen von Frauen sind und die waren in der Kreativindustrie bisher eben viel zu leise.“

Vor der Co-Creagency hattet ihr bereits eine funktionierende Agentur. Warum habt ihr dann überhaupt noch die Co-Creagency gegründet?

Kaddie: „Wir waren fünf oder sechs Mädels und haben Kampagnen für ganz unterschiedliche Kund*innen umgesetzt. Aber irgendwie hatten wir nicht das Gefühl, dass wir damit Frauen so empowern konnten, wie wir es eigentlich wollten und genug Frauen mit unserer Arbeit gefördert haben. Denn eigentlich wollten wir mit der Agentur alle ins Boot holen.“

Helmut: „Wir haben auch gemerkt, dass die Kreativität leidet. Wenn du an Projekten arbeiten musst, auf die du eigentlich keine Lust hast, dann ist das super demotivierend. Trotzdem haben wir über ein Jahr an diesen alten Strukturen festgehalten – aber das war auch gut so. Denn nur durch diese Frustration haben wir gemerkt, was wir unbedingt wollen: Frauen stärken und dazu bekräftigen, dass sie an Projekten arbeiten, auf die sie wirklich Lust haben. Wir wollen eine ,Talent-Factory‘ sein, wir wollen, dass alles ein bisschen schneller ist und dafür haben wir uns verschiedene Lösungen überlegt, die wir gerade erproben. Die Co-Creagency ist unsere Antwort auf eingefahrene Agenturstrukturen.“

Das Büro der Gründerinnen in Berlin-Mitte schafft auch eine Fläche für den Dialog nach außen.

Und was macht ihr anders?

Helmut: „Wir setzen auf ein Modell, bei dem wir hauptsächlich mit Freelancer*innen zusammenarbeiten. Damit wollen wir ausschließen, dass man an Themen arbeitet, die einen eigentlich nicht interessieren.“

Kaddie: „Zuerst wollten wir sehr demokratisch sein. In einer demokratischen Lösung wäre es bei uns so gewesen, dass wir Projekte und Projektpositionen innerhalb der Gruppe gevotet hätten. Wir haben dann aber gemerkt, dass das relativ schwierig ist, denn es gibt Menschen, die sind sehr still und haben trotzdem die Skills, die wir in unserer Agentur unbedingt brauchen – die haben sich im Zweifel aber nicht gemeldet. Die Frauen, die besonders introvertiert sind, hatten so kaum die Chance bestimmte Positionen zu bekommen, obwohl sie dafür total gut geeignet gewesen wären. Deswegen erproben wir gerade holokratische Konzepte und bisher funktioniert das für uns total gut.“

Was heißt das konkret? Holokratie klingt ja sehr nach Zukunft.

Kaddie: „Wir sagen immer ,We are one and a whole‘ und meinen damit, dass deine Arbeit nur toll ist oder zum Ziel führt, wenn das ganze Team zusammen zum Ziel kommt. Außerdem beschreibt es gut den Umstand, dass wir durch die freien Mitarbeiter*innen super flexibel sind. Die Holokratie kommt da mit rein, wo es um Strukturen geht. Du hast zwar einen Projectlead, also eine Person, die das Projekt leitet, es gibt aber einen Expert*innenkreis um diese Position herum. Jede*r Expert*in ist nur Expert*in für ein Gebiet, es gibt zum Beispiel nur eine Grafik-Designerin oder eine Social-Media-Strategin. Niemand muss Angst haben, dass durch die verschiedenen Absegnungsprozesse die eigene Arbeit verfälscht wird ­– was ja auch sehr demotivierend sein kann.“

Helmut: „Dadurch sind wir viel offener für Innovation und gleichzeitig bekommt jede*r bei uns das Gefühl, sehr unabhängig und autonom zu arbeiten. Trotzdem ist man Teil eines Teams. Jede Frau bei uns ist Teil der Co-Creagency und hat einen Platz als Expertin.“

„Jede*r bei uns das Gefühl, sehr unabhängig und autonom zu arbeiten. Trotzdem ist man Teil eines Teams.“

Helmut

Kaddie: „Außerdem kann man überknüpfend an Projekt A und Projekt B arbeiten und da erneut Synergien finden.“

Wie stellt ihr denn dann sicher, dass sich da niemand übernimmt? Wenn es viele spannende Projekte gibt, will man da natürlich gerne mitarbeiten. Wie schafft ihr es, da auch so eine Art Korrektiv zu initiieren? 

Kaddie: „Die meisten unserer Projekte funktionieren nach einem speziellen Prozess, wir nennen das „fast casual“. Im Grunde ist damit gemeint, dass all unsere Projekte vier Wochen gehen. Die Zeit, die in einem Projekt anfällt, ist also immer einigermaßen überschaubar. Außerdem bestimmten wir jetzt immer, wieviel Zeitaufwand in welcher Position bei welchem Projekt ansteht, denn so können alle besser planen. Wir wollen aber, dass sich die Frauen selbst rational an ihre Projekte setzen und predigen immer, dass, gerade in der Kreativindustrie, Zeit und Ideen das sind, womit man Geld verdient. Man muss sich seine Zeit gut einteilen können.“

Helmut: „Das Prinzip ,Wer am längsten in der Agentur bleibt, der arbeitet am besten‘ gibt es bei uns nicht. Um sieben Uhr ist der Laden zu.“

Ihr arbeitet fast ausschließlich mit freien Mitarbeiter*innen zusammen, die sich vorab bewerben, Teil eurer „Gang“ zu sein. Was ist, wenn es schief geht?

Helmut: „Wir halten die Erwartungen für die Mädels genauso niedrig wie für uns. Dafür können wir aber neue Methoden ausprobieren. Wenn es schief geht, finden wir einen Weg, das wieder zu lösen. Ich glaube dieses gegenseitige Verständnis davon, dass wir eben ein Startup sind, und dass jede auch ein wenig die Macht hat mitzuentscheiden wie es weitergeht, das gibt uns am Ende die Freiheit, Kreativität und auch einen gewissen Drive.“

Ist das, was ihr macht, New Work?

Kaddie: „Das war ursprünglich nicht unser Ziel, aber da rutschen wir jetzt natürlich total rein. Und das ist cool, weil wir unsere Strukturen und Methoden als Antwort auf die Probleme entwickeln, die wir in konservativeren Arbeitswelten eben hatten. Bei New Work geht es für mich hauptsächlich darum, eine Firma zu gründen, weil es eine Mission gibt, die alle gemeinsam wichtig finden. Was wir mit GoalGirls fördern wollen, ist das Gefühl, darin bestärkt zu werden, als Frau an Sachen zu arbeiten, an denen man wirklich arbeiten will – und dabei auch gehört zu werden. Diese gemeinsame Mission teilen wir mit allen GoalGirls. Der holokratische Ansatz ist dabei total hilfreich, er ist das empowernde Element und macht wahrscheinlich auch den Unterschied, wenn es darum geht, wie lange man bei einem Unternehmen bleiben will, weil man sich ja immer ganz aktiv aussucht, woran man gerade arbeiten möchte.“

Helmut: „Das ist ja auch eine Art Wertschätzung: Man wird durch den Einsatz und Aufwand, den man in Projekte steckt, bewertet und kann flexibel in Teams arbeiten und neue Menschen kennenlernen, die einen inspirieren.“

Habt ihr das Gefühl man könnte diese Strukturen auch in sehr konservativen Konzernen etablieren? Oder eignen sich dafür hauptsächlich Neugründungen?

Helmut: „Holokratie funktioniert sehr gut für unsere Generation, also die Gen Z und Millenials. Das liegt daran, dass sich viele Ältere in ihrem Konstrukt von 9-to-5 sehr wohl fühlen, für die funktioniert das gut. Ich glaube deswegen, dass es bei Neugründungen gut klappt, man ist noch nicht in starren Strukturen gefangen. Allerdings entdecken auch tradiertere Unternehmen den Ansatz für sich. Statt dann alles umzuschmeißen, kann man hier anbieten, einen Pop-Up zu entwickeln oder eine Kollaboration zu starten. Ich glaube nicht daran, dass man alte Strukturen von Null auf 100 umschmeißen kann. Aber man kann einzelne Bereiche ausprobieren.“

Bunte Wände, Designermöbel: Das Büro wird erfüllt von dem, was es auch inhaltlich geben soll: Kreativer Stimmung. Bild: Sebastian Geis

Wie könnte die Politik euch als junges Startup mit innovativen Ideen besser unterstützen?

Helmut: „Mit unserem Agenturkonzept ist es recht schwer in einem Land wie Deutschland wirklich durchzustarten, weil es in Deutschland strukturell so schwierig ist, selbstständig zu sein. Wenn man, wie wir, sehr viel mit Freelancer*innen arbeitet, die sich alle selbst krankenversichern und sehr hohe Steuern zahlen, muss man das bedenken – die müssen sich die Projekte auch leisten können, besonders kleine und solche, die zwar wichtig sind, aber wenig Budget haben. Für uns wäre es natürlich herrlich, wenn das ein wenig einfacher wäre für unsere Frauen. Und uns steht das auch im Weg.“

Kaddie: „Da wir schnell und agil arbeiten wollen, wäre es schön, wenn es zumindest einen Mittelweg gäbe. Man kann sich ja auch mal die Frage stellen: Was könnte man als Company alles reißen, wenn die Leute diesen strukturell unsicheren Weg nicht gehen müssten? Wenn sich eine Person dazu entscheidet, aufgrund dieser Unsicherheiten die Selbstständigkeit aufzugeben, dann haben wir sie zumindest ein Stück weit verloren – auch wenn wir natürlich fördern wollen, dass die Mädels anschließend eine richtig gute Position bekommen und unsere GoalGirls-Werte da dann einführen.“

Was sind denn die Werte, für die GoalGirls steht?

Kaddie: „Wir wollen Kampagnen machen, die für Equality und Diversität stehen. Das sind Werte, die in unserer Generation super wichtig sind. ,Less Elbows, more heart‘ ist auch ein Statement, hinter dem wir vollkommen stehen. Es ist ein kollektives Gefühl, sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam herauszufinden, was man gut kann. Unsere Kund*innen sollen diese Werte ebenfalls vertreten. Wir wollen keine Trendy-Empowerment-Agentur sein, sondern gemeinsam an zukunftsträchtigen Missionen arbeiten und die Generation Z miteinbeziehen.“

Helmut: „Untereinander wissen wir, dass es ein sicherer Raum für alle ist. Wir sind keine reinen Dienstleister*innen.“

goalgirls – Letter to Mankind (The Empowerment Hymn) Zum Start nahmen die Goal Girls ein eigenes Musikvideo auf.

Okay, ich hab noch eine letzte, sehr wichtige Frage. Auf eurer Website steht: We are an agency built with the sassy spirit of a 90s girlband. Jetzt frage ich mich natürlich: Spice Girls oder Tic Tac Toe?

(Alle lachen.)

Kaddie: „Wir sind Spice Girls! Wir haben alle möglichen Spice Girls hier, jede könnte sich hier ihren eigenen Namen wählen und wäre in ihrer Disziplin zu Hause, das passt super gut.“ 

Und wie übertragt ihr diesen Spirit auf eure Arbeit?

Kaddie: „Wir merken, dass wir als Gang und sogar in den einzelnen holokratischen Teams total darauf bedacht sind, uns gegenseitig zu pushen. Wir sind frech, wollen uns als Kollaborationspartnerin und nicht als Dienstleisterin sehen. Wenn man mit uns zusammenarbeitet, dann bekommt man eben eine sassy Spice Girls Gang an die Hand und die setzt dann die Projekte um. Und das macht vor allem ultra viel Spaß. 

Helmut und Kaddie, danke für das Gespräch!

Im Gespräch mit den Goal Girls Macherinnen in ihrem Office. Fast ein bisschen wie Zuhause. Bild: Sebastian Geis.

Wer noch mehr tolle Ideen fürs Büro und Zuhause entdecken will schaut bei unserem Advertorial-Partner USM vorbei.

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