Belästigung kann alle Geschlechter und Menschen aller Herkünfte und sexuellen Orientierungen betreffen. Wir und die Initiative StandUp sagen: Das muss aufhören. Aber was kann jede*r Einzelne von uns tun?
Was versteht man unter Belästigung in der Öffentlichkeit?
Belästigung kann sich in vielen verschiedenen Facetten zeigen. Sie ist nicht immer klar für außenstehende Personen erkennbar. Generell ist zu sagen, dass ein Verhalten als belästigend einzustufen ist, sobald sich die betroffene Person unwohl, abgewertet oder bedrängt fühlt. Dies fängt mit unangenehmen Blicken oder Gesten an. Hinzu kommen anzügliche Kommentare, Bedrängungen, Forderungen nach Telefonnummern oder persönlichen Details, unerwünschte Berührungen bis hin zu Exhibitionismus und der Aufforderung zu sexuellen Handlungen oder Stalking.
Was zählt ist: Sobald für die betroffene Person eine Grenze überschritten wurde, ist bereits zu viel geschehen und es muss eingegriffen und das Verhalten der Täterin gestoppt werden. Doch dies ist oft nicht so einfach. Daher setzt sich L’Oréal Paris in Zusammenarbeit mit der NGO Right to Be in der Aktion „Stand Up“ für Aufklärung und das richtige Handeln bei Belästigung in der Öffentlichkeit ein.
Wie sollte man als Zeugin von Belästigung in der Öffentlichkeit handeln?
Hast du schon erlebt, wie eine andere Person in der Öffentlichkeit belästigt wurde? Wusstest du nicht, wie du handeln sollst und hast du, statt zu helfen, wie erstarrt der Belästigung zugesehen? Hast du dir vielleicht sogar eingeredet, dass diese Handlung halb so schlimm ist, obwohl du ein schlechtes Bauchgefühl hattest?
Right to be und L’Oréal Paris haben die 5D-Methode entwickelt, um Zeug*innen von Belästigungen zu zeigen, wie diese in verschiedenen Situationen handeln sollten, um der betroffenen Person zu helfen. Jede Belästigung ist eine zu viel und es ist wichtig, für solche Grenzüberschreitungen sensibilisiert zu sein. Wenn der*m Täter*in nicht aufgezeigt wird, dass das Verhalten als belästigend wahrgenommen wird, kann damit suggeriert werden, dass das Verhalten in Ordnung ist und weiter ausgeübt werden kann.
Die 5D-Methode von Right to Be
Um bei Belästigungen in der Öffentlichkeit einzugreifen, hilft es, sich mit den von Expert*innen geprüften Verhaltensregeln, der 5D-Methode, auseinanderzusetzen.
Distract = Ablenken
Wenn du beobachtest, wie eine Person belästigt wird, dann versuche die Tat zu unterbrechen und abzulenken. Gehe auf die Person zu und frage nach der Zeit oder dem Weg, tue so als, wärt ihr befreundet und frage die belästigte Person, ob sie mit dir kommen will. Stelle dich zwischen Täter*in und Opfer oder stifte Unruhe. Hierbei kommt es vollkommen auf die Situation an. In der Bahn musst du wahrscheinlich anders handeln als im Club.
Delegate = Andere hinzuziehen
Es ist oft schwierig, ganz allein zu helfen. Deine eigene Sicherheit und die der belästigten Person sollten zudem an erster Stelle stehen. Daher sollte man, wenn möglich, andere umstehende Personen oder im Idealfall Autoritätspersonen ansprechen und involvieren. Im Bus kann man zum Beispiel die Busfahrerin über den Vorfall informieren und/oder umstehende Fahrgäst*innen um Hilfe bitten, in der Bar kann es der*die Türsteher*in oder eine Servicemitarbeiterin sein. Auch die Polizei kann in so einem Fall angesprochen und um Hilfe gebeten werden. Es ist ein Zeichen von Stärke, sich Hilfe zu holen, keine Schwäche!
Document = Aufnehmen
Für die spätere Aufklärung des Falles kann es hilfreich sein, das Handy zu zücken und das Geschehen aufzuzeichnen. Du solltest das Material jedoch nie selbst online posten, sondern der belästigten Person das Material zukommen lassen, damit diese es als Beweis für die Belästigung verwenden kann. Frage die betroffene Person bitte, wofür sie das Material nutzen möchte.
Delay = Aufschieben
Auch wenn der Vorfall bereits vorbei ist, solltest du der*m Betroffenen zur Seite stehen. Denn Belästigung kann traumatisch sein und eventuell Erinnerungen an frühere ähnliche Taten hervorrufen und retraumatisierend wirken. Solidarisiere dich und betone, dass das Verhalten der belästigenden Person falsch war.
Direct = Ansprechen
Dies ist der drastischste Schritt, in eine Belästigung einzugreifen und sollte erst nach sorgfältigem Abwägen beziehungsweise nach Anwendung der vorherigen vier Ds verwendet werden. Durch ein direktes Ansprechen der Beteiligten wird hier unmittelbar in das Geschehen eingegriffen. Sage dem*der Täter*in, dass das Verhalten nicht in Ordnung ist. Sage klar und deutlich, die belästigende Person solle damit umgehend aufhören. Dies sollte das letzte Mittel sein, denn es kann vorkommen, dass der*die Täter*in aggressiv auf den direkten Eingriff in das Geschehen reagiert. Oder gehe zur*m Betroffenen und frage, was hier los sei und ob Hilfe benötigt werde.
Auf der Website von StandUp International kannst du ein Training absolvieren, um dein Wissen weiter zu vertiefen. Du siehst dabei kurze Videos und musst einschätzen, ob hier Belästigung vorliegt. Außerdem erlernst du mögliche Verhaltensweisen. Bereits über zwei Millionen Menschen haben dieses wichtige Training absolviert und setzen sich so gegen Belästigung in der Öffentlichkeit ein.
So solltest du dich verhalten, wenn du selbst Belästigung erfährst
Belästigt zu werden, ist ein grauenhaftes Gefühl und oft ist die betroffene Person hilflos und kann aus Schock weder reagieren noch sich der Situation entziehen. Folgende Punkte solltest du im Hinterkopf haben:
Bitte um Hilfe!
Spreche Personen in deinem Umfeld an und bitte diese, dir zu helfen. Es hilft, die Person mit direkten Kennzeichnungs-Merkmalen anzusprechen. Zum Beispiel: „Sie in der weißen Jacke, bitte helfen Sie mir.“ Kontaktiere im Idealfall Autoritätspersonen, falls diese sich in unmittelbarer Nähe befinden.
Sag etwas!
Sage der dich belästigenden Person, dass sie aufhören soll und das Verhalten nicht akzeptabel ist. Versuche nicht, mit dem*der Täter*in zu diskutieren, sondern bringe dich so schnell wie möglich in Sicherheit.
Dokumentiere!
Dokumentiere das Tatgeschehen per Foto oder Video, wenn du die Möglichkeit dazu hast. Das Material kann dabei helfen, die Darstellung des Geschehenen aufzuarbeiten. Dabei muss darauf geachtet werden, dass keine Informationen über Täter*in oder Opfer veröffentlicht werden und die Aufnahmen nur mit der Polizei geteilt wird.
Weitere Aufklärung über Belästigung in der Öffentlichkeit
Um das Problem der Belästigung in der Öffentlichkeit besser zu verstehen, hat L’Oréal Paris eine internationale Studie in Auftrag gegeben. Wir zeigen hier einen Ausschnitt der Studie „International Survey on Sexual Harassment in Public Spaces“ von L’Oréal Paris und Ipos im März 2021. Dabei wurden Frauen in 15 Ländern gefragt, ob sie folgende Arten von Belästigung persönlich erlebt haben:
- 57 Prozent: Anstarren, anzügliche Blicke, unangemessene und unerwünschte Gesten
- 52 Prozent: Anzügliche Kommentare/Witze über den Körper einer Person
- 45 Prozent: Drängen zu einem Date oder zur Herausgabe der Telefonnummer bzw. anderer persönlicher Informationen
- 39 Prozent: Unerwünschte Berührungen, Umarmungen, Küsse
- 24 Prozent: Aufforderung zu sexuellen Handlungen oder Dienstleistungen
Mehr Informationen und Kennzahlen gibt es hier: https://www.standup-international.com/de/de/facts.
Die NGO „Right to Be“, mit der L’Oréal Paris die Aktion ins Leben gerufen hat, setzt sich schon seit vielen Jahren gegen Belästigung ein. Ihr Ziel ist eine Welt ohne Belästigung und voller Menschlichkeit. Neben den Trainings sammelt die Organisation Erfahrungsberichte über Vorfälle von Belästigungen. Bereits über 15.000 Erfahrungsberichte hat „Right to Be“ erhalten. Das Teilen dieser oft traumatischen Ereignisse kann helfen, die Geschehnisse zu verarbeiten und zeigt anderen Betroffenen, dass sie nicht alleine sind und dass es sich lohnen kann, sich zu öffnen und damit einen Heilungsprozess in Gang zu setzen.
Belästigung in der Öffentlichkeit ist leider immer noch allgegenwärtig. Daher ist es unglaublich wichtig sich bewusst zu machen, wie man als Zeugin und Opfer in solchen Situationen handeln sollte. Dank des Trainings von „Stand Up“ kannst auch du lernen, wie du dich im Falle von Belästigungen verteidigen und anderen helfen kannst. Schließe dich dem „Stand Up“ Movement an und nehme, wie bereits über zwei Millionen Menschen, an dem Training gegen Belästigung teil.
