In ihrer Twentysomething-Kolumne schreibt Silvia über alles, was ihr gerade durch den Kopf geht – in dieser Woche: Die Klischees über die Generation Y.
Die Generation bekommt einen Namen
Generationszuschreibungen sind ja so eine Sache. Funktionieren sollen sie für alle, aber je nachdem wen man dazu befragt, bekommt man auch die unterschiedlichsten Antworten, wie denn jene Menschen zu sein haben. Wahrscheinlich funktionieren diese schwammigen Begriffe deshalb auch so gut.
Und bei allen, die ab den 1980er Jahren geboren sind, ist es eben der Stempel der Generation Y – zuvor auch gerne: „Generation Praktikum” genannt. Aber das ließ eben nicht genug weiße Flecken, um sie mit allerlei Klischees auszumalen. Obwohl das ja mit der „Generation Golf” auch ganz gut geklappt hat.
Das kann ja nichts werden: Castingshows und Bubble Tea
Über uns wird ja vieles erzählt, und manchmal ertappt man sich selbst schon bei dem Gedanken: Hach ja, so sind wir eben. Zuschreibungen nerven manchmal, sie helfen aber auch zu ordnen. Versuchen wir es mal: Wir sind also die Generation Y (Why). Klingt anstrengend, oder? Ist auch manchmal so. Kein Wunder, schließlich hieß es aufwachsen zwischen Castingshow, Bubble Tea und verschultem Studium. Aber schauen wir doch mal ein paar Thesen zu uns an.
Wir sind unpolitisch
Unpolitisch? Vor allem fragen wir erst einmal viel. Wir sind aufgewachsen mit einer Informationsflut, die ohne Doorkeeper auf uns einprasselt. Ja, es geht hier um das Internet. Sicherlich, früher hat der Politikbetrieb, wie wir wissen, auch schon einigen Mist gebaut. Das kam nur meist nicht so schnell raus. Im digitalen Zeitalter haben wir andere Möglichkeiten, um an Informationen zu kommen. Was für ein Wunder ist es, dass man sich da irgendwann fragt: Was macht ihr da eigentlich? Und wenn man sich fragt: Haben die Parteien überhaupt noch die Macht, wirklich etwas in der Welt zu beeinflussen? Verdrossenheit würde ich es nicht nennen, eher Misstrauen. Und das haben wir doch mit vielen gemein. Oder was sagt die Generation Golf dazu?
Wir sind Egozentriker
Wir drehen uns doch nur noch um uns selbst und Hauptsache, die Follower auf Instagram stimmen. Ja, wir sind irgendwie in die Bredouille gekommen, damit aufzuwachsen, dass man uns sagte, wir seien was Besonderes. Wir seien die, die alle Möglichkeiten haben. Und das haben wir auch. Zudem verlangt man nicht so viel von uns. Außer Selbstverwirklichung. Und das kann einen manchmal schon ganz schön umschmeißen vor Druck. Klingt nach Heulen auf hohem Niveau? Ist es. Aber trotzdem kann es schwer lasten, wenn dich alle mit glänzenden Augen ansehen und so was wie den Amerikanischen Traum von dir erwarten. Nur gerne mit was, das ganz viel Sinn macht und Gutes in die Welt bringt.
Wir sind die neuen Spießer
These: Wir sind spießiger als unsere Eltern es je waren. Ja, nicht ganz falsch. Zwar schmeißen sich viele nach der Schule in den Backpacker-Traum Australien, Thailand, oder nun: Vietnam, um mal was zu sehen, statt gleich mit der Ausbildung weiterzumachen. Aber das ist ja auch schon fast wieder die Erwartung des Establishments. Außerdem ganz klar geregelt: Ein halbes bis ein Jahr wird gereist und Obst auf Plantagen gepflückt und dann kehrt man mit ganz vielen neuen Freunden zurück. Jetzt aber schnell was studieren. Und ja, hier wird dann der Lebenslauf gepflegt, als gäbe es kein Morgen mehr, sich Sorgen um die berufliche Zukunft gemacht und vom ersten Geld ein Hund gekauft oder eine Eigentumswohnung angezahlt. Gerne auch in der Nähe des Elternhauses.
Wir haben Probleme, uns zu verlieben
Die Liebe, die Liebe. Was nützt sie in Gedanken? Nicht viel. Und doch tun wir uns vermeintlich schwer, sie vom Kopf ins Herz zu tragen, und dann auch noch an jemanden zu verschwenden (siehe: Egozentriker). Aber wie kommts? Vielleicht davon, dass von uns nicht viel in Sachen Verantwortung erwartet wird. Wenn, dann erwarten wir das von uns selbst. Heute ist es OK, wenn man mit 32 noch in der WG wohnt, mit 40 sein Berufsleben komplett umkrempelt oder mit 60 nochmal heiratet. Weil immer alles irgendwie noch geht, benehmen wir uns einfach wahnsinnig lange so, als seien wir Peter Pan auf der Neverland Ranch und wenn wir dann doch aus den Strumpfhosen rausgewachsen sind, dann wundern wir uns, dass niemand an unserer Seite ist. Und schauen dann tagelang nach einsamen Hütten auf Cabinporn-Tumblrn, um uns davonzuträumen. Alleine sein hat ja auch was für sich.
Ja gut, ist nicht nur Bullshit-Bingo, und sicherlich was Wahres dabei. Aber anstatt die Zeit allzu sehr mit Schubladendenken und Negativ-Beispielen zu verschwenden, sollte man uns vielleicht einfach mal machen lassen. Denn wir sind sowieso schon dabei. Und eigentlich kann man uns auch ganz gerne haben. Ich meine, Castingshows und Bubble-Tea, oder?
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