Der Rasiererhersteller „Gillette” will mit einem neuen Werbespot ein Zeichen gegen toxische Männlichkeit setzen. Das ist vor allem schlaues Marketing – und trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung.
Kann ein Rasierer die Welt verändern?
Heute morgen ging ein feministischer Seufzer durch unsere Redaktion: Der Rasiererhersteller „Gillette” hat auf dem US-amerikanischen Markt einen Werbespot herausgebracht, der für ein neues Männerbild wirbt. „The Best Men Can Be” – toxische Männlichkeit ist over. Wir können beruhigt nach Hause gehen.
Das ist natürlich totaler Quatsch. Dieser Werbespot ist wahrscheinlich vor allem eins: schlaues Marketing. Und ob das neue Männerbild bis zur nächsten Fußball-Weltmeisterschaft der Herren anhält, bleibt auch abzuwarten. Gerade während solcher Großereignisse hat dem Unternehmen das testosterongesteuerte Männlichkeitsbild bisher doch immer sehr gut in den Kram gepasst. Trotzdem ist es ein Grund zur Freude, dass ein Hersteller, der bisher mit einem sehr stereotypen Männerbild geworben hat, in Reaktion auf die #Metoo-Bewegung einen Werbespot rausbringt, der ein sehr viel diverseres Bild zeichnet – auch wenn zu einer wirklich offenen Definition von Männlichkeit natürlich noch einiges fehlt: zum Beispiel Männer, die nicht dem gängigen Schönheitsbild entsprechen, behinderte Männer, Transmänner.
Die negativen Reaktionen in den sozialen Medien, die vielen Männer, die dort zu einem Boykott der Marke aufrufen (und offenbar ein Problem damit haben, besser zu werden) und der Fakt, dass die Kampagne, die auch die finanzielle Unterstützung von NGOs, die im Bereich neuer Männlichkeitsbilder arbeiten, durch die Marke einschließt, zeigen vielleicht, dass wir uns dennoch auch über so einen kleinen Schritt freuen sollten. Das Ende des Patriarchats können wir aufgrund des Werbespots also leider noch nicht ausrufen, aber ein erfreulicher Schritt in die richtige Richtung ist es trotzdem.
Und für alle, die sich noch einmal vergegenwärtigen wollen, wie das Gillette-Männerbild sonst aussah, haben wir hier noch ein ganz besonderes Schmankerl aus späten 1980er-Jahren:
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