Michelle Obamas Autobiografie „Becoming” ist eines der erfolgreichsten Bücher des Jahres. Und das völlig zu recht: 5 Dinge, die wir durch die Lektüre gelernt haben.
Michelle Obama erzählt ihre Geschichte
Michelle Obama hat eine der erfolgreichsten politischen Autobiografien der Gegenwart geschrieben: „Becoming” verkaufte sich seit Erscheinen am 13. November 2018 bereits über drei Millionen Mal. Und ist damit auch eins der schnellst verkauften Sachbücher aller Zeiten. Gerade im amerikanischen Raum gab und gibt es viel Wirbel um das Buch, das Michelle Obamas Lebensgeschichte von ihrer frühen Kindheit bis kurz nach der zweiten Amtszeit ihres Mannes Barack Obama als Präsident der USA erzählt. Dieser Wirbel ist berechtigt.
Die Autobiografie ist, da sind sich die Kritiker*innen einig, anders als vergleichbare Werke früherer First Ladys. Michelle Obama erzählt ihre Geschichte ehrlich, klug und empowernd. Denn was sich wie ein roter Faden durch die mehr als 500 Seiten zieht: die Symbolkraft ihrer eigenen Geschichte. Wenn Michelle Obama oder „Miche”, wie sie von Familie und Freund*innen genannt wird, als Kind schwarzer Eltern aus einem Arbeitervorort Chicagos es auf eine der besten Universitäten des Landes, in eine renommierte Kanzlei und viele wichtige Positionen bis hin zur ersten schwarzen First Lady Amerikas – und an der Seite des ersten schwarzen Präsidenten – geschafft hat, dann, das betont Obama immer wieder, können es alle anderen auch. Allerdings, auch das ist etwas, das die ehemalige First Lady, immer wieder beschreibt, musste sie dafür auch sehr hart arbeiten.
„Becoming” und die anschließende Lesereise brachten Michelle Obama auch immer wieder Kritik ein. Der Hauptgrund: ihre Gage, die für das Buch angeblich bei umgerechnet 53 Millionen Euro lag und auf der Lesereise pro Veranstaltung bis zu rund 350.000 Euro angesetzt wurden. Damit ist Michelle Obama aber längst nicht die erste ehemalige First Lady, die ordentlich Geld mit ihrer Geschichte erzählt. Und es macht ihre Geschichte nicht weniger wertvoll für eine Welt, in der Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts immer noch unterschiedliche Chancen haben.
In „Becoming” stecken viele wichtige Erkenntnisse. Hier haben wir deshalb fünf Dinge gesammelt, die man durch die Lektüre von Michelle Obama lernen kann.
1. Die Antwort auf die Frage: „Bin ich gut genug?” heißt „Ja”
Michelle Obama und ihr Bruder waren die ersten Menschen in ihrer Familie, die studiert haben. Ihre Eltern steckten viel zurück, um ihren Kindern die beste Ausbildung zu ermöglichen. Immer wieder beschreibt Michelle Obama, wie sie an Orten, die einzige oder eine von wenigen Schwarzen war. Und dazu die einzige Frau. Eine Frage, die sie ihr Leben lang begleitete: „Bin ich gut genug?”, rührte auch daher, dass sie immer wieder die Erfahrung machen musste, sich deshalb fehl am Platz zu fühlen. Aber sie hat dieses Gefühl immer wieder überwunden. In dem Kapitel, in dem es um ihre Zeit an der Universität geht, schreibt sie zum Beispiel über weiße, männliche Kommilitonen: „Als ich ihnen genauer zuhörte, stellte ich fest, dass sie überhaupt nicht schlauer waren als wir anderen. Sie waren schlicht mutiger, weil sie auf einer Welle der Überlegenheit schwammen, gestärkt von der Tatsache, dass die Geschichte sie noch nie eines Besseren belehrt hatte.” Von nun an kann Obama die Frage: „Bin ich gut genug?“ mit „Ja, das bin ich wirklich” beantworten. Und mit „Becoming” gibt sie die Antwort an eine jüngere Generation weiter.
2. Repräsentation ist eines der wichtigsten Projekte unserer Zeit
Als schwarzes Präsident*innenpaar haben die Obamas in Fragen der Repräsentation stellvertretend viele erste Male erlebt. In „Becoming” wird deutlich wie bewusst Michelle Obama die Verantwortung ist, die damit einhergeht. Sie hat es sich zu einem ihrer erklärten Ziele gemacht, jungen schwarzen Menschen und insbesondere Frauen, zu zeigen, dass der Weg auch für sie frei ist – zumindest theoretisch. Denn Obama bleibt in „Becoming” durchaus realistisch und kritisiert die herrschenden Verhältnisse, in denen struktureller Rassismus immer noch ein reales Problem in Amerika ist. Umso wichtiger empfindet sie die Förderung von jungen Menschen. Und widmen ihnen einen eigenen Absatz in ihrer Danksagung.
3. Frauen können nicht alles richtig machen – und müssen gerade deshalb zusammenhalten
In ihrer Autobiografie geht Michelle Obama sehr ehrlich mit ihren eigenen Zweifeln um: als Akademikerin, First Lady und Mutter. Sie bricht bewusst mit dem Bild der perfekten Frau und zeigt sich damit solidarisch mit anderen Frauen. Egal ob es um Fehlgeburten, Eheprobleme oder Fehler im öffentlichen Auftreten geht, Obama geht ehrlich damit um. Sie spricht über die Teilzeitfalle, über Frauen, die alles gegeben haben und es doch nicht allen recht machen konnten. Sie erzählt aber immer wieder auch von den Frauen – Freundinnen, beruflichen Mentorinnen oder Frauen aus ihrem familiären Umfeld –, die sie herausgefordert, gefördert und immer wieder aufgefangen haben. „Becoming” ist auch Plädoyer für den Zusammenhalt unter Frauen.
4. Auch gute Beziehungen erfordern harte Arbeit
Barack und Michelle Obama galten insbesondere während der zwei Präsidentschaftsperioden oft als das „perfekte Paar”. Bilder, auf denen die Liebe zwischen den beiden vermeintlich unübersehbar war, gingen um die Welt. Und auch im Buch lässt Michelle Obama keinen Zweifel daran, dass Barack Obama die Liebe ihres Lebens ist. Und trotzdem räumt sie ehrlich ein, dass auch die beiden eine Paartherapie gemacht haben. Sie spricht offen darüber, was die höchstmögliche politische Karriere für eine Partnerschaft bedeutet und räumt ein, dass sie für den Traum ihres Mannes immer wieder zurückgesteckt hat. Sie rechnet ehrlich damit ab, wie es sich anfühlt, wenn man merkt, dass eine Beziehung nicht gleichberechtigt geführt werden kann. „Becoming” hat eine klare Botschaft: Jede gute Beziehung ist verdammt harte Arbeit.
5. „When they go low, we go high” – aber nicht ohne Narben
Eines der wohl berühmtesten Zitate Michelle Obamas lautet: „When they go low, we go high”. Eine Botschaft, die sich auch durch ihr Buch zieht. Allerdings lernt man dort auch, was zum Beispiel die lebenslange Erfahrung von strukturellem Rassismus für Narben hinterlässt. Obama beschreibt ihre Verletzungen ehrlich. Und schafft es gerade damit ihre Botschaft zu vermitteln. Ganz am Ende ihres Buch kommt sie auf die Porträts von ihr und Barack Obama zu sprechen, die nun in der National Portrait Gallery in Washington hängen: „Die Bilder sind wunderschön, das Wichtigste ist aber, dass sie nun dort hängen und junge Menschen sie sehen können – dass unsere Geschichten dazu beitragen können, die Vorstellung abzutragen, man müsse ein ganz bestimmtes Aussehen haben, um in dieser Geschichte verewigt zu werden. Wenn wir dorthin gehören, dann tun es so viele andere auch.” Das ist vielleicht, gerade unter dem neuen Präsidenten Amerikas, die wichtigste Botschaft ihres Buches.
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