Die Möglichkeiten, sich von unliebsamen oder anstrengenden Aufgaben abzulenken, sind zahlreich. In ihrem neuen Buch erklärt die Psychologin Miriam Junge unter anderem, wie wir tatsächlich vorankommen.
Endlich konzentriert arbeiten
Kennen wir alle: Man hat Berge von Arbeit vor sich, verbringt aber Stunden damit, lustige Tiervideos zu schauen oder irgendwas aufzuräumen – und hat man sich endlich aufgerafft, lässt man sich ständig ablenken. Tatsächlich kann sich kein Mensch für volle acht Stunden konzentrieren. Laut einer Studie der Princeton University wechselt unsere Aufmerksamkeit alle 125 bis 250 Millisekunden von hochfokussiert zu unfokussiert und wieder zurück.
Aber auch wenn wir unsere Konzentration nicht komplett beeinflussen können, lässt sich die Fähigkeit zur Konzentration durch gewisse Strukturen und Abläufe fördern. In ihrem Buch „Kleine Schritte mit großer Wirkung – mit minimalen Veränderungen zu maximaler Zufriedenheit“ erklärt die Diplompsychologin Miriam Junge, wie wir alte Routinen durchbrechen und so unsere Ziele erreichen können. Wir veröffentlichen einen Auszug aus ihrem Buch:
Ablenkung aus dem Weg gehen
Um fokussiert zu bleiben, dein Ziel im Blick zu behalten und Frustrationen zu vermeiden, gilt es, Ablenkungen aus dem Weg zu gehen. Denn Ablenkungen halten dich davon ab, das zu erreichen, was du erreichen willst! Für den Umgang mit ihnen gibt es verschiedene Tricks, die ich dir jetzt vorstelle. Probiere sie aus.
1. Vermeide Multitasking
Das Gehirn kann zwar mehrere Dinge gleichzeitig, aber nur, wenn es sich um automatische Prozesse handelt. Du kannst morgens deine Zähne putzen und währenddessen überlegen, was du anziehst. Du kannst Auto fahren und dabei Radio hören. Aber zu komplexe Nebentätigkeiten lenken ab. Du kannst keinen längeren Text schreiben, während du telefonierst. Konzentriere dich auf eine Sache.
2. Verzichte auf ständige Erreichbarkeit
Schalte Benachrichtigungen, Alarme und Push-Meldungen ab. Versuche stattdessen, gezielt zu einem festgelegten Zeitpunkt alles für dich Wichtige zu checken. Wenn dir das besonders schwerfällt, probiere besser noch den Flugmodus deines Smartphones aus oder lege es an einen Ort, wo es dir Mühe macht, es wieder hervorzuholen.
3. Blockiere Internetseiten
Es gibt Plug-Ins, mit denen du Internetseiten für eine bestimmte Zeit blockieren kannst. Das ist besonders nützlich, wenn du dir abgewöhnen möchtest, ständig auf Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest & Co. abzuhängen. Wenn du doch etwas nachschauen musst, mach dir noch mal bewusst, was genau du auf dieser oder jener Seite tun willst. Hast du es erledigt, schließe die Seite wieder.
4. Vermeide Vermeidung
Unnötiges Aufschieben oder Vertagen ist nicht zielführend. Es kann dir zwar helfen, dich kurzfristig gut zu fühlen – doch Verantwortung zu vermeiden, bringt auf Dauer selten Erleichterung. Wenn du dir bewusstmachst, dass du niemals etwas erreichst, wenn du nicht anfängst, schwindet auch die Verlockung, Dinge aufzuschieben. Frage dich also: Warum nicht gleich? Übe Achtsamkeit, was deine Ausreden angeht und hinterfrage sie. Extremes Aufschieben, die Prokrastination, gilt übrigens als ein Symptom einer psychischen Störung, unter der Betroffene meist dauerhaft leiden.
5. Nutze To-do-Listen
Notiere dir abends drei kleine Aufgaben, die du am nächsten Tag erledigen willst. Zum Beispiel kleine Ideen, wie du eine unliebsame Gewohnheit umgehen kannst. Stelle die wichtigste Aufgabe an den Anfang deiner Liste. Dein Unterbewusstsein kann dann schon mal vorarbeiten, während du schläfst. Am nächsten Tag arbeitest du deine Aufgaben ab. Und zwar ohne Umschweife.
6. Probiere die Zwei-Minuten-Regel
Schiebe kleine, aber wichtige Aufgaben nicht ständig auf. Erledige sie nicht später, sondern gleich! Frei nach dem Motto „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“. Alles, was du innerhalb von zwei Minuten oder weniger schaffst, erledige sofort. Die Zwei-Minuten-Regel geht übrigens auf den US-Autor David Allen zurück, einen Experten für Selbstmanagement. Sie ist Bestandteil seines Bestsellers „Wie ich die Dinge geregelt kriege. Selbstmanagement für den Alltag“.
7. Übe die Pomodoro-Technik
Diese Methode des Zeitmanagements wurde in den 1980er-Jahren entwickelt und hat ihren Namen von einem Küchenwecker, der aussieht wie eine Tomate. Stelle dir einen Timer auf 25 Minuten (egal, ob Tomaten-Küchenwecker oder Handy). In dieser Zeit fokussierst du dich voll und ganz auf deine Aufgabe und machst anschließend eine kleine Pause. Spätestens nach vier „pomodori“ gönn dir eine längere Unterbrechung (15 bis 20 Minuten). So trainierst du, deine Konzentration über 25 Minuten aufrechtzuerhalten. Für Fortgeschrittene: Sobald du dich ablenken lässt, stell den Timer erneut auf 25 Minuten.
8. Nimm Ablenkungen bewusst wahr
Sobald du merkst, dass du von deinem Ziel oder deiner Aufgabe abgekommen bist, mach es dir bewusst. Zum Beispiel, wenn du dir abgewöhnen willst ständig dein Handy zur Hand zu nehmen, obwohl es eigentlich gerade keinen Grund dafür gibt. Halte inne und unterbinde die Ablenkung. Dabei hilft es, eine Phrase wie „Dies ist nicht, was ich tun muss. Dies ist nicht, was ich tun will“ zu wiederholen. Lerne, zu erkennen, wann und wodurch du abgelenkt wirst. Das Gehirn ist gut ausgestattet, um kleinere, weniger aufdringliche Ablenkungen zu ignorieren.
9. Schaffe eine reizarme Umgebung
Begib dich in eine Atmosphäre, in der dir deine Aufgabe leichterfällt. Wenn du fasten möchtest, solltest du dich nicht mit deinen Freunden zu einem Fünf-Gänge-Menü treffen! Wenn du große Projekte hast, die deine Aufmerksamkeit erfordern, halte dich irgendwo auf, wo dich niemand aus deiner Konzentration reißt. Tipp: Kopfhörer schirmen dich ab und lassen dich beschäftigt erscheinen. Das schreckt Leute davon ab, dich zu unterbrechen (selbst wenn du gar keine Musik hörst). Viele dieser Tipps helfen vor allem gegen Ablenkungen bei der Arbeit. Im oft stressigen Berufsalltag ist es aber sogar möglich, auch ohne allzu große Willenskraft Ablenkungen zu vermeiden – nämlich dann, wenn dir eine Aufgabe so viel Freude bereitet, dass du völlig in deiner Tätigkeit versinkst. Dann spricht man in der Psychologie vom sogenannten „Flow-Erlebnis“. Auf Deutsch: Schaffens- oder Tätigkeitsrausch. So ein Gefühl kannst du auch erreichen, wenn du nach den ersten kleinen Erfolgserlebnissen Spaß an der Veränderung deiner Routinen gefunden hast!
„Kleine Schritte mit großer Wirkung: Mit minimalen Veränderungen zu maximaler Zufriedenheit – Von headspace empfohlen“, Miriam Junge. Kösel-Verlag, 16 Euro.
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