Anna von „Berlin Mitte Mom“ kann es langsam nicht mehr hören oder lesen: die ständigen Behauptungen über angebliche „Mommy Wars“. Sie startet den Gegenentwurf und hat aufgeschrieben, wie Mütter sich gegenseitig unterstützen können.
No more Mommy Wars!
Ich kann es nicht mehr hören. Lesen. Und überhaupt. Diese hoch geschriebenen angeblichen „Mommy Wars“, in die wir Mütter doch angeblich allesamt verstrickt sind. Ich mag nichts mehr davon hören, wie gewisse Kohorten von Müttern sich vermeintlich aufeinander stürzen, weil sie sich gegenseitig niedermachen, sich im Wettkampf darum, wer die bessere Mutter sei, den jeweiligen Lebensstil vorhalten und jede Gelegenheit ergreifen, die jeweils andere schlecht zu machen. Mir reicht’s.
Wieso wird uns immer unterstellt, wir seien untereinander missgünstig? Was sind Mommy Wars überhaupt? Und warum? Was soll das? Ich kenne sowas nur aus Kolumnen unterbeschäftigter Journalisten (ja, sie sind doch häufig männlich), die wieder die nächste Sau durchs Dorf jagen. Und dann sind es eben gerne mal wieder die Mütter, die sich ja so leicht in Pro und Contra Impfen, Stillen oder Milchpulver, Tragen oder Schieben, Familienbett oder Ferbern, Hausgeburt oder geplanter Kaiserschnitt, Wegwerfwindeln oder Windelfrei, Stay-at-home-Mom oder Karrieremutti… unterteilen lassen. Und wenn wir uns nicht genügend zanken, werden solche angeblichen Konflikte und Konfrontationen eben herbei geschrieben.
Mir stinkt das Mommy-Wars-Gedöns gewaltig! Ich mag das nicht mehr lesen und schon gar nicht in irgendeiner Weise daran teilnehmen. Gerade heute las ich wieder auf der Facebook-Seite befreundeter Bloggerinnen die Frage an die Leserinnen, was die „fiesesten Sprüche (wären), die sich Mütter gegenseitig im Alltag reindrücken“. Muss das sein? Müssen wir uns da auch noch gegenseitig bloßstellen und anprangern? Ich mach da jedenfalls nicht mit.
Und da neulich jemand sehr Liebes zu mir sagte: „Keine empowert so wie du!“, dachte ich mir, ich stelle lieber mal 10 Ermutigungen zusammen, die wir Mütter einander sagen sollten. Quasi als Gegenentwurf zu den ewigen Mommy Wars.
1. Du bist die Richtige!
Wir Mütter kennen es alle. Kurz nachdem das erste Kind geboren wurde, wissen alle um uns herum alles besser. Der oder die Kinderärztin, die Krankenschwester auf der Station, die Mutter, die Schwiegermutter, die Nachbarin…Es ist, als wäre um uns herum plötzlich alles voller Expert*innen und sie sind alle Profis, wenn es um unser Kind geht. Warum es schreit, was wir falsch gemacht haben. was wir ändern müssen und so weiter. Und wir fühlen uns dann oft schuldig und versuchen, komische Standards zu erfüllen, um alle zufriedenzustellen.
Was wir uns statt gut gemeinter Ratschläge gegenseitig sagen sollten: Nein! Du bist die Richtige für dein Kind, du bist die Expertin. Du bist die Einzige, die dein Kind jetzt wirklich braucht.
2. Ich weiß, wie du dich fühlst.
Als ich zum ersten Mal Mutter wurde, gab es unendlich viele Dinge, die mich unangenehm überraschten, und ich fragte mich: „Warum, zur Hölle, hat mir das niemand vorher gesagt? Gibt es da einen Geheimbund, der nichts ausplaudert und dem man erst qua Geburt beitreten kann? Muss ich all diese Erfahrungen unbedingt so unvorbereitet selbst durchleben?“ Tatsache ist: Viele Erfahrungen kann man nicht vorwegnehmen. Man weiß erst, wovon die Rede ist, wenn man es erlebt.
Was wir aber tun können: Wir können uns gegenseitig sagen oder signalisieren, dass wir das kennen. Verstehen. Nachfühlen. Uns erinnern. Wir können einander anlächeln und uns zunicken, sogar wenn wir uns gar nicht kennen. Die Mutter mit dem schreienden Kleinkind an der Kasse. Die Mutter mit dem trotzenden Dreijährigen an der Hand und dem weinenden Baby im Tragetuch. Die, die ihre Kinder an der roten Ampel anschreit, weil sie loslaufen wollten. Die, die keine Süßigkeiten kauft und auch die, die welche kauft, damit die Kinder einfach mal aufhören zu quengeln. All das kennen wir. Und wir können sagen: „Ich weiß, wie du dich fühlst. Ich verurteile dich nicht!“
3. Sei nicht so hart mit dir!
Oft sind wir Mütter unsere schlimmsten und härtesten Kritikerinnen. Wir machen uns Sorgen, dass wir zu streng, zu lasch, zu verwöhnend, zu nachsichtig, zu fordernd, zu wenig liebevoll, zu unkontrolliert, zu helicopternd, zu tolerant….mit unseren Kindern sind. Wenn uns die Hutschnur reißt und wir die Kinder anmeckern, fühlen wir uns schlecht oder wenn sie nicht pünktlich im Bett sind. Wenn das Essen nicht Bio und die Hausaufgaben nicht fertig sind, weil wir es einfach nicht geschafft haben. Wenn der Job leidet oder die Freundschaften oder eben die Zeit mit der Familie, weil wir alles unter einen Hut bringen wollen. Es gibt unzählige Situationen, in denen wir uns selbst geißeln und mit solchen Sprüchen im Kopf rumlaufen wie „Wie du mit deinen Kindern sprichst, wird ihre innere Stimme klingen“ oder so ähnlich.
Besser als alle Mommy Wars, besser als jeder schlaue Spruch ist es, wenn wir uns gegenseitig an Folgendes erinnern: Sei nicht so hart mit dir! Du bist keine schlechtere Mutter, nur weil du einmal schreist oder den Kindern Tiefkühlpizza aufbackst. Du bist ein Mensch und darfst schwache Momente haben und deine Kinder fühlen sich deshalb nicht weniger geliebt.
4. Es wird besser. Wirklich!
Oft ist der Alltag mit unseren Kindern furchtbar anstrengend. Die Tage dehnen sich ewig aus und die Nächte sind nicht erholsam. An manchen Tagen, wenn zum Beispiel alle hintereinander krank werden und sich die Termine stapeln, fühlt es sich an, als sei es nicht zu schaffen, es sei denn, wir würden uns klonen.
Das kommt von einer langgedienten Mutter an die Newbies und diejenigen, die gerade in harten Phasen mit ihren kleinen Kindern stecken: Es wird besser! Versprochen! Ich sage nicht, dass es leichter wird, weil die Themen sich nämlich einfach nur verändern, der Einsatz, vor allem emotional, bleibt für uns aber der gleiche. Dennoch: Ihr werdet wieder mehr Schlaf bekommen. Die Zeit für euch wird wieder mehr werden. Ihr werdet wieder mehr ihr selbst sein und die Kinder werden sich super entwickeln. Ganz bestimmt. Versprochen!
5. Du bist die beste Mutter, die du sein kannst.
Was wird uns Müttern immer alles gesagt, wie wir sein müssten, um eine gute Mutter zu sein! Ganze Bücher werden darüber geschrieben und füllen die Lebenshilfe-Regale in den Buchhandlungen. Wie wir richtig gebären sollen, wie wir unsere Kinder richtig ernähren, aufziehen, erziehen, in Ruhe lassen, fördern, aber nicht überfordern sollen, wie wir sie tragen, schieben, füttern, wickeln und ansprechen sollen und natürlich, gekoppelt an diese Liste: Was wir alles so furchtbar, FURCHTBAR falsch machen können. Das verunsichert viele von uns zutiefst, gerade beim ersten Kind. Wir sehen uns ständig im Spiegel von Mütterschema F und gleichen uns ab – und dabei kommen wir gar nicht mal so oft schlecht weg.
Ich sage: Du bist die beste Mutter, die du sein kannst. Du tust, was du für richtig hältst und schaust auf deine Kinder, in der Hoffnung, nichts Fundamentales falsch zu machen. Ich bin sicher, wir machen alle etwas falsch. Aber was genau und wie nachhaltig sich das auf unsere Kinder auswirkt, das werden uns nur unsere Kinder eines Tages mal sagen können. Hör auf dein Bauchgefühl, trau deinem Gefühl für dein Kind und gib das, was du kannst, in die Bindung zu deinem Kind. Mehr kann niemand von dir erwarten.
6. Ich weiß, dass du durch harte Zeiten gehst.
Aber manche Zeiten sind härter als andere. Wir kämpfen mit unsren Umständen, beruflich und privat. Vielleicht haben wir ein besonderes Kind oder eine besondere Situation, in der uns das Leben nicht leicht von der Hand geht. Und vielleicht sind wir dann dünnhäutig, an unseren Grenzen und nicht so belastbar wie sonst. Oft sehen andere das und verstehen es nicht. Oder noch schlimmer: Sie verurteilen uns.
Was ich anderen Müttern in so einer Situation sagen möchte: Ich sehe dich und ich weiß, dass es grade hart ist für dich. Ich verstehe vielleicht nicht alles, was bei dir los ist, aber ich verurteile dich nicht für deine Entscheidungen und ich habe großen Respekt vor deiner Leistung.
7. Sei nicht nur stolz auf deine Kinder. Sei stolz auf dich!
Die Kinder sind wunderbar, sie entwickeln sich täglich weiter und erfüllen uns mit Stolz. Manchmal können wir es kaum fassen, wie mächtig dieses Gefühl ist, das wir haben, wenn wir auf unsere größer werdenden Kinder schauen. Aber das hat auch eine andere Seite. Ich kenne das von mir selbst. Nur zu leicht vergisst man sich selbst darüber, dass so viel Fokus auf der Entwicklung der Kinder liegt. Dass wir darauf ausgerichtet sind, sie zu begleiten, ihr Wachsen und Werden zu leiten und für sie da zu sein. Dass wir auch und gerade als Mütter (jaja, Eltern. Aber es geht hier eben um die Mütter!) einen riesigen Anteil daran haben und dafür sorgen, dass unsere Kinder möglichst behütet und geborgen aufwachsen, vergessen wir nur allzu oft. Und die meisten anderen Menschen um uns herum auch.
Wie gerne sage ich deshalb anderen Müttern: Du machst das so toll, du kannst stolz auf dich sein! Ich werde niemals den ermutigenden Effekt vergessen, den es auf mein Mama-Sein hatte, als mir eine andere, erfahrene Mutter sagte: „Ich beobachte dich mit deinen Kindern und ich finde, du machst das großartig.“ Wir sollten uns gegenseitig diesen oder ähnliche Sätze viel öfter sagen. Sie wirken wie ein Boost auf unser Selbstverständnis als Mütter und helfen uns in Zeiten des Zweifels.
8. Gönn dir Pausen und sei gut zu dir.
Für uns Mütter bleiben oft nur die Reste der Zeit übrig. Unsere Tage sind rhythmisiert durch die Bedürfnisse und Abläufe der Kinder, durch die Anforderungen des Berufsalltags und allem, was an Familienarbeit noch so zu tun ist. Meistens ist das viel. Die Pausen für uns, in denen wir wirklich nichts tun oder uns nur mit uns beschäftigen, sind rar, und oft haben wir selbst dann noch ein schlechtes Gewissen und gönnen uns die Ruhephasen und Pausen nicht. Füße hochlegen und lesen? Ach, da ist doch noch die Steuer… Bierchen auf und Serien glotzen? Da kann man doch noch Wäsche machen… Ich sehe so viele von uns, die sich die Pausen nicht ohne Reue gönnen und die ständig das Gefühl haben, sie müssten für die Familie, die Kinder noch mehr geben. Dabei gehen sie häufig über ihre eigenen Grenzen und merken es nicht.
Ich möchte sie beiseitenehmen und ihnen sagen: Ich kenne das Gefühl, aber mach mal Pause. Sei mal nur für dich da. Sei mal ganz bei dir. Das brauchst du nicht nur, damit das alles weiter so laufen kann, sondern es steht dir zu. So wie es jedem Menschen zusteht. Sei gut zu dir, so wie du gut zu deinen Kindern bist, denn du bist genauso wichtig wie sie.
9. Deine Kinder sind dein Maßstab, sonst niemand.
Unsere Kinder sind soziale Wesen, so wie wir. Sie finden Freund*innen und erzählen aus dem Kindergarten oder der Schule. Und sie vergleichen sich und ihre Umstände. Wie ist das Leben bei den Freunden und Freundinnen zu Hause? Wie wird dort gelebt, gesprochen, gespielt? Was wird im Kindergarten als Maßstab formuliert? Wie verhalten sich Erzieher*innen, wie die anderen Eltern? Und schon vergleichen wir auch: uns selbst und unsere Kinder, mit anderen Kindern und anderen Müttern. Und dabei werden plötzlich die Maßstäbe andere Menschen in unseren Köpfen laut. Das bringt viel Unsicherheit und katapultiert uns nicht zu selten in die defensive Position. Dabei muss das gar nicht sein.
Mitmütter. Die einzigen, die den Maßstab festlegen und zwar, indem sie spiegeln, wie es ihnen geht, sind unsere Kinder. Sind die glücklich und gesund? Entwickeln sie sich gut und haben sie eine gute, sichere Bindung an uns? Dann ist das der Maßstab, nichts sonst. Andere Kinder können schon Fahrrad fahren/schwimmen/krabbeln/allein verreisen/random? Egal, das ist nicht der Maßstab! Andere Eltern wuppen scheinbar mühelos Karriere/Familienleben/Hobbys/Sport und wirken auch noch immerzu ausgeschlafen? Wurscht! Wir sind nur für unser eigenes Glück verantwortlich. Nur das, was für unsere kleine Einheit, unsere Familie passt, ist das Richtige. Und für jemand anderen muss es auch nicht passen.
10. Alles wird gut.
Ich weiß, manchmal steht das alles wie ein Berg vor uns und es wäre so leicht, den eigenen Frust mit dem Bashen andere Mütter abzuarbeiten. Bietet es sich nicht geradezu an, die eigenen Entscheidungen daran abzugleichen und sich Bestätigung zu holen, in dem man in der eigenen Kohorte auf die vermeintlichen Angehörigen der „Gegenseite“ verbal eindrischt? Nur brauchen wir das nicht, wenn wir uns auf unserem eigenen Weg sicher sein können.
Alles wird gut. Wirklich. Die Kinder werden gut, die schweren Phasen gehen vorbei, unsere Anstrengungen werden sich lohnen und ja, es gibt auch wieder mehr Schlaf. Aber all das wird sich noch viel wunderbarer fügen und entwicklen, wenn wir auf dem Weg anderen Mütter die Hand reichen, statt sie niederzumachen. Wenn wir sie ermutigen, statt sie zu verurteilen. Wenn wir uns die Mühe machen, hinter die Kulissen zu schauen und die Anstrengungen und Leistungen der anderen Mütter zu sehen und sie zu würdigen.
Ich sage mal wieder NEIN zu Mommy Wars und hoffe auf mehr Solidarität und Ermutigungen unter Müttern. Meine 10 Punkte sind nur einige der vielen Möglichkeiten, die sich uns im Alltag bieten, einander zu ermutigen. Und zum Schluss zitiere ich mich mal selbst:
„Wenn doch nur alle Menschen wüssten, wie beflügelnd Ermutigungen wirken! Die Welt wäre voller Liebesbriefe.“
In diesem Sinne: Seht das als meinen Liebesbrief an alle Mütter. Ihr macht einen großartigen Job!
Dieser Text erschien zuerst bei Berlin Mitte Mom. Wir freuen uns, dass wir ihn auch bei uns veröffentlichen können.
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