Foto: Andre Hunter | Unsplash

Eine Uni führt die 100-Prozent-Frauenquote ein – ein erster Vorstoß zur Weltherrschaft der Frauen?

Die Technische Universität Eindhoven führte Anfang Juli 2019 die 100-Prozent-Frauenquote ein. Das heißt, sie wollen in den nächsten Jahren freie Stellen erstmal nur für Frauen ausschreiben – ein Vorstoß, der nicht nur auf Zustimmung stieß.

Endlich tut sich was!

Eine 100-Prozent-Frauenquote? Klingt nach einem erfrischend radikalen Ansatz für das Thema ungleiche Geschlechterverhältnissen. Und genau den verfolgt die Technische Universität Eindhoven, seit Anfang Juli 2019 in den Niederlanden. Hier möchte man in den nächsten fünf Jahren alle frei werdenden Stellen mit Frauen besetzen. Sollte sich nach sechs Monaten keine für die Stelle finden, bekommen auch Männer die Chance, sich zu bewerben.

Eine gute Nachricht für alle Niederländerinnen in den MINT-Bereichen, die es auch schnell in die deutschen Schlagzeilen geschafft hat. Endlich packt mal jemand die Sache richtig an. Doch nicht bei allen kommt die Maßnahme gut an. Vielleicht wurde in den Fällen etwas missverstanden? Für alle, die jetzt zu hyperventilieren beginnen, kann man Entwarnung geben: Es geht nicht darum, nur noch Frauen an der Universität zu beschäftigen und alle Männer zu feuern. Sondern einen Ausgleich zu schaffen, der sonst Jahrzehnte dauern würde. Die Weltherrschaft der Frauen ist also auch mit dieser Maßnahme noch wirklich weit entfernt. Oder geht es hierbei am Ende etwa um Bestrafung?

Die erste Uni, die es wirklich will

Dieser Gedanke treibt Christian Weber, Autor der Süddeutschen Zeitung, tatsächlich um. Er schreibt, dass die 100-Prozentquote „Männer der Gegenwart für die Fehler der Vergangenheit“ bestraft. Eine merkwürdige Deutung, wenn es doch schlicht darum geht, eine Chancengleichheit der Geschlechter herzustellen. Und darum, dass das bisherige System korrigiert wird, von dem bislang vor allem Männer profitieren – und nun eben alle. Das scheint ein beängstigender Gedanke zu sein.

Statt sich über die Uni zu ärgern, sollte man den Vorstoß loben. Denn hier wird eben gar nicht erst versucht, was bisherige freiwillige Quoten in Deutschland sowieso nicht erreicht haben. Im Fall der TU kann sich niemand mehr hinter Ausreden verstecken und Frauen weiterhin übergehen, weil die sich magischerweise nicht bewerben oder eben einfach nicht wollen, wie es immer so schön heißt. Wie es zu den 100 Prozent kam? Das kommentiert Frank Baaijens, Rektor der TU, in einem Interview mit dem Spiegel schlicht damit:  „Alle Maßnahmen haben gar nicht oder nur zu langsam gewirkt. Deshalb brauchen wir eine neue Lösung.“

Richtig so. Denn wie man auch in Deutschland sehen kann, ändert sich ohne radikale Ansätze herzlich wenig. Das bayerische Landesamt für Statistik gibt an, dass sich der Anteil von weiblichen Professorinnen im Vergleich zum vergangenen Jahr um nur 0,6 Prozent gesteigert hat. Rechnet man das hoch, so kann es noch 50 Jahre bis zur Gleichstellung dauern. Gleichstellung in der Wissenschaft sieht anders aus.

Vielleicht doch kein halbes Jahrhundert bis zur Gleichstellung

Ein erstes Ergebnis der Maßnahmen könnte es in eineinhalb Jahren geben, denn dann möchte die TU sie überprüfen und bewerten. Bis es soweit ist inspirieren sie vielleicht jetzt schon andere Universitäten oder Unternehmen dazu, sich auch abseits von politischen Maßnahmen mit Gleichstellung zu beschäftigen. Die TU gibt einen Impuls, über den hoffentlich viele nachdenken werden: Wofür stehen wir als Unternehmen? Wo haben wir noch andere blinde Flecken? Schließlich ist eine Geschlechterparität erst der Anfang, um ein wirklich diverses Unternehmen zu sein.

Eins macht die Uni auf jeden Fall jetzt schon, bevor die Ergebnisse da sind: Sie lassen hoffen, dass sich wirklich etwas ändern könnte. Vielleicht müssen Frauen doch kein halbes Jahrhundert warten bis sie die gleichen Chancen bekommen. Mit ihrer 100-Prozent-Quote setzt die TU schonmal ein starkes Zeichen, wie das funktionieren kann. Nämlich, indem man handelt, statt nur zu reden.

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