Foto: Drag Queen Story Hour

Märchenstunde für mehr Akzeptanz – wenn Dragqueens Kinderbücher vorlesen

Die amerikanische Organisation „Drag Queen Story Hour“ lädt Dragqueens in Büchereien, Schulen und Buchläden ein. Dort lesen sie Kindern vor und sprechen über Respekt und Selbstliebe.

Toleranz von Anfang an

Kinder müssen vieles Lernen. Laufen, Sprechen, sich alleine die Nase putzen. Doch mindestens genauso wichtig ist es, die Sozialkompetenz so früh wie möglich zu schulen. Denn was man in der Kindheit verinnerlicht, das verankert sich tief im Unterbewusstsein. Wenn also unser Ziel ist, die Welt zu einem bunteren und toleranteren Ort zu machen, dann sollte wir dafür sorgen, dass die nächste Generation von Anfang an in einem liebevollen und toleranten Umfeld auswächst. Wer von klein auf lernt, anderen zu repektieren, wird höchstwahrscheinlich auch im Erwachsenenalter offen auf andere Menschen zugehen, egal ob diese einem ähneln oder nicht.

Doch wie führt man Kinder locker und mit Spaß an so große, grundlegende Themen heran? Diese Frage stellten sich die Schriftstellerin Michelle Tea und das Team von RADAR Productions. Sie wollten etwas schaffen, das den Kindern Lebenswelten zeigen, die sie vielleicht noch nicht aus ihrem persönlichen Umfeld kannten und trotzdem bunt und altersgerecht ist. So rief das Team nach einigen Überlegungen das Projekt Drag Queen Story Hour ins Leben. Dabei lesen Dragqueens  ehrenamtich aus Kinderbüchern vor. Gegründet wurde das Projekt Ende 2015 in San Francisco, inzwischen gibt es Ableger in New York und Los Angeles.

Sei du selbst!

Das Team stößt dabei auf große Resonanz. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Eltern von dieser Möglichkeit sehr begeister sind“, sagt Jessica Espejel, Mitarbeiterin in einer der teilnehmenden Büchereien im Gespräch mit Vice. Sie gibt zu, sich anfangs Gedanken darüber gemacht zu haben, wie das Projekt bei den Familien ankommen würde. Die Sorgen waren allerdings unbegründet. „Es wurde direkt gefragt, wann es das nächste Mal so eine Lesung geben wird.“ Außerdem findet sie es wahnsinnig wichtig, Kinder beizubringen, dass es so etwas wie eine „normale“ Person nicht gebe. „Es ist einfach wunderschön, wenn jemand, der auf den ersten Blick anders scheint, den Kindern sagt: Du darfst genauso sein, wie du gerne möchtest.“, sagt Jessica Espejel.

Die Bücher wählen die Dragqueens dabei selbst aus, immer passend zum Thema Inklusion, Toleranz, Respekt. Mal geht es um eine genderfluide Katze, mal darum, wie unterschiedliche Familien aussehen können. Das Projekt zeigt auch, dass es immer mehr Kinderbücher gibt, in denen Lebenskonzepte jenseits von Heteronormativität und Cisgender gezeigt werden.

„Bist du ein Junge oder ein Mädchen?“

Gemeinsam mit ihren Eltern und der Dragqueen basteln die Kinder, können sich verkleiden und fragen stellen. In einer Reportage des Guardians beschreibt die Autorin Erin McCormick eine Situation zwischen Dragqueen Honey Mahogany und einem kleinen Jungen. „Bist du ein Junge oder ein Mädchen?“, fragt dieser Honey. „Nun, ich denke ich wurde als Junge geboren“, antwortet sie. „Aber ich ziehe mich gerne wie ein Mädchen an. Das macht mir Spaß.“

Man sieht: die Lesungen regen zum Dialog an. Was ist „normal“, wie fühlt es sich an, dazu zu gehören? Welche Geschlechterrollen und -klischees gibt es? Die Kinder sprechen mit den Dragqueens, mit einander, mit ihren Eltern. Ein großartiger spielerischer Einstieg in das Thema Respekt und Tolerant, der den Kindern nahezulegen, dass jeder Mensch einzigartig ist und geliebt werden möchte.

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