Ich muss mich weder meinem Alter entsprechend kleiden, noch den ach so wichtigen Kopfstand im Yoga machen. Warum einzig und alleine ich entscheide, was ich tun und lassen möchte und warum Vergleiche mit anderen uns nicht gut tun.
Kopfstand? Nein, danke.
Gestern war ich mal wieder beim Yoga. Seit vielen Jahren bin ich sehr begeistert von den Stunden bei Ina – kein bisschen esoterisch, mit guter Stimmung und viel Wissen. Nach der Stunde gestern fühle ich mich deutlich aufrechter, beweglicher und gestreckter. Gut so! Auch wenn ich – wieder mal – keinen Kopf-und keinen Schulterstand gemacht habe.
Warum nicht? Ein Kind würde jetzt sicher antworten: „Na, darum nicht!“ Gefällt mir ziemlich gut, diese Antwort … Meine „erwachsene“ Variante lautet: Weil ich eben nicht mag – Peng! Na sowas. Also wirklich, wo doch jeder weiß, wie wertvoll Kopf- und Schulterstand im Yoga sind: „Umkehrhaltungen generell steigern die Sauerstoff-Zufuhr, stimulieren die Schilddrüse und kommen der Atmung zugute. Und überhaupt: Was man im Yoga nicht mag, das kann man auch nicht richtig, weil man nicht übt und gerade deshalb sind diese Übungen für die Betreffende so wichtig. Echt, jetzt!” So hat Ina das ungefähr ein Jahr lang immer wieder betont, beteuert und wiederholt. Sie würde auch Hilfestellung geben und überhaupt.
Nein. Nein! Ich mag einfach nicht. Punkt. Ohne tiefenpsychologische Gründe, ohne Trauma oder Angst – ich MAG.EINFACH.NICHT.
Inzwischen ist Inas Standardsatz dann immer: „Alle machen Kopf-/Schulterstand und die, die nicht mögen, machen das, was Bettina macht.” Na bitte – geht doch.
Ohne Smartphone lebt man hinterm Mond? Nein.
Ich hab mir vor einem Monat ein Tablet zugelegt. Großartig, das Teil!
Ich nutze und genieße es sehr. Es fährt superschnell hoch, ist
handlich, lädt zum Surfen auf der Couch ein und passt in die Handtasche
für die Präsentation beim Kunden. „Ach echt jetzt?”, werdet ihr
vielleicht schmunzeln, „Ist ja gaaaanz was Neues, Tablets gibt’s doch
schon ewig.”
Stimmt. Und doch hab ich erst jetzt eines. Weil ich nämlich nicht jeden Techniktrend sofort mitmache. Und ich bin sogar noch viel schlimmer. Achtung, jetzt folgt das große Outing! Viele waren deshalb schon wirklich betroffen und fassungslos, viele fragten mich, wie man überhaupt so existieren könne und noch dazu erfolgreich im Businessleben bestehen. Bist Du bereit? Halt Dich fest: Ich hab noch nicht mal ein Smartphone, nur ein simples Nokia Handy.
Na? Vom Stuhl gefallen? Schnappatmung oder Lachflash bekommen? Tjahaa, ich trau mich was, oder? Mein Handy reicht mir. Ich muss nur telefonieren und SMS schreiben können. That’s it. Ich vermisse nichts, ich komme vorwärts und bin oft genug online, um meinen Kunden schnell antworten zu können. Ich frage in fremden Städten einfach nach dem Weg, ruf mein Taxi mit dem Telefon und schau in der S-Bahn aus dem Fenster oder ins Buch. Ich brauch kein Smartphone.
Graue Haare machen alt? Blödsinn!
Gerade habe ich wieder einmal in einer Frauenzeitschrift gelesen, dass sich die Frau ab 50 doch besser die Haare tönen oder färben solle, weil grau, weiß und silbern im Haar unnötig älter mache und die älteren Damen vielleicht in eine ganz falsche Schublade stecken würde.
Hmm, in welche Schublade? In die der Frauen über 50? Ja Gott, da pass ich doch perfekt rein mit meinen 52 Jahren. Ich liebe meine silbernen Strähnen in meinem sonst blonden Schopf. Ich werde sogar regelmäßig darauf angesprochen, wie raffiniert ich mir die wohl habe reinfärben lassen. Außerdem sind meine Haare viel gesünder und lebendiger, seit ich nicht mehr färbe. Und sie machen mich auch nicht „unnötig älter“, weil ich mit Make-up und Farbe in der Kleidung schon dagegen zu steuern weiß.
Wer entscheidet, was ich will? Ich.
Vieles mache ich mit, weil ich es klasse finde: Ich liebe Twitter, trage gerne Kleider im Bohemien-Style, mag Pulled-Pork, lese Business Punk und finde das Trendgetränk Ingwer-Shot lecker. Mir sind solch altmodische Werte wie Demut und Achtsamkeit wichtig, ich mag mein Festnetz Telefon und schreibe schrecklich gerne per Hand, am liebsten mit Bleistift, mein Musikgeschmack ist weitestgehend in den 70er- und 80er Jahren stehengeblieben, ich esse immer noch so gerne wie als Kind Vanilleeis mit heißer Schokoladensauce, finde Justin Bieber doof, Ed Sheeran jedoch genial, und viele Blockbuster von heute langweilig.
Ja, manchmal bin ich echt altmodisch. Ich bin halt Bettina. Und die ist 52 Jahre alt und keine 25. Und findet eben vieles großartig und manch anderes blöde und langweilig. Und wenn wieder einmal jemand sagt, ich müsse doch endlich mit der Zeit gehen und mir so ein gottverdammtes Smartphone anschaffen, dann antworte ich sicher: Einen Scheiß muss ich!
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