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Wir müssen endlich anfangen, offen über Geschlechtskrankheiten zu sprechen

Eine Studie zeigt: Menschen zwischen 18 und 35 sprechen kaum mit ihren Partner*innen über Geschlechtskrankheiten. Warum wir uns weniger schämen und offener miteinander reden sollten.

Alle wollen Spaß im Bett

Ob Tinder wirklich dafür sorgt, dass wir mehr Sex haben, sei mal so dahin gestellt. Trotzdem war es nie einfacher und akzeptierter, seine Sexualität in dem Maße auszuleben, in dem es einem gefällt. Unabhängig von seinem Geschlecht muss sich niemand mehr dafür schämen, mit wechselnden Partnern zu schlafen. Der Pool dieser wird durch Dating-Apps zusätzlich vergrößert. Soweit, so sexuell befreit. Und das ist gut so.

Bei all dem Spaß, den wir im Bett haben können, scheint eine Sache aber in den Hintergrund zu rücken. Immer häufiger hört man von One Night Stands, bei denen „Nimmst du die Pille?“ noch das höchste der Gefühle ist. Danach soll es doch bitte endlich losgehen. Und selbst wenn man sich darauf eingelassen hat, längerfristig das Bett mit jemandem zu teilen: bevor man auf Kondome verzichtet, sprechen immer noch zu wenig Menschen darüber, wann sie das letzte Mal auf Geschlechtskrankheiten getestet wurden.

Die Pille ist kein Zaubermittel

Dass die Pille zwar vor Schwangerschaften schützt, aber nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten, sollte inzwischen eigentlich jedem klar sein. Trotzdem kommt es immer wieder zu Situationen, in denen sich die Geschlechtspartner ausschließlich auf ein alternative Verhütungsmittel verlassen. Was einige außerdem zu vergessen scheinen: auch beim Oralverkehr kann man sich mit Tripper, Chlamydien oder anderen Geschlechtskrankheiten anstecken. Und mal ehrlich: Wie viele Menschen benutzen tatsächlich ein Lecktuch im Bett?

Ein Test verschafft Klarheit

Man kann nur mutmaßen, was uns zu so viel Leichtsinn verleitet. Vielleicht ist es das  trügerische Gefühl von Sicherheit, man würde sich schon nicht anstecken. Einmal ist schließlich keinmal und meistens benutzt man ja auch Kondome.

Doch selbst wenn keine direkten Symptome auftreten, kann man sich angesteckt haben. Es gibt genug sexuell übertragbare Krankheiten, die entweder bei Frauen oder bei Männern keine Symptome hervorrufen. Ein Grund mehr, regelmäßig von einer Ärztin oder einem Arzt checken zu lassen, ob man selbst gesund ist. Doch wie offen kommuniziert man das seinem Partner oder seiner Partnerin?

Let’s talk about sex

Um dies herauszufinden, hat eine Studie von Cosmopolitan und Esquire 1.454 junge Frauen und Männer zwischen 18 und 35 befragt. Es ging dabei vor allem darum, wie regelmäßig sich die Befragten auf Geschlechtskrankheiten testen ließen und wie offen sie darüber mit ihrem Partnern sprachen. Wie repräsentativ eine Studie mit dieser recht kleinen Anzahl an Teilnehmern ist, bleibt unklar. Trotzdem lassen sich aus der Studie erste Rückschlüsse ziehen, denn sie weist ganz eindeutige Tendenzen auf.

Bei der Befragung kam heraus, dass 40 Prozent der Teilnehmer nicht wussten, ob ihr Partner schon mal auf Geschlechtskrankheiten getestet wurde. Erschreckend, teilt man doch sonst so viel Intimes miteinander. Sollte ein Thema, das so eng mit der eigenen und der Gesundheit des Partners verknüpft ist, nicht eingehender besprochen werden?

All Adventuros Women Do

Dass die Verantwortung der Verhütung in vielen heterosexuellen Beziehungen sehr ungleich verteilt ist, ist keine neue Information. Traurig nur, dass auch die Diskussion über Geschlechtskrankheiten und Tests in den meisten Fällen von der Frau angeregt wird. So gaben 52 Prozent der weiblichen Teilnehmer der Umfrage an, das sie das Thema in ihrer aktuellen Beziehung angesprochen hätten. Bei den Männern war es nicht einmal ein Drittel.

Auch die Zahlen der Personen, die sich im letzten Jahr auf Geschlechtskrankheiten testen ließen, lagen weil auseinander. Bei den Frauen waren es 58 Prozent, bei den Männern nur 33 Prozent.

 Woran liegt das?

Woran das liegt, kann man nur mutmaßen. Ist es bei Frauen durch den obligatorischen Frauenarztbesuch einfach mit weniger Aufwand verbunden, einen Test durchführen zu lassen? Frei nach dem Motte „Jetzt bin ich sowieso schon da, jetzt kann ich auch noch in den Becher pinkeln?“ So wird man regelmäßig erinnert, ein Mediziner hat regelmäßig ein Auge auf eine potentielle STD-Party zwischen den Beinen und bis zum 25. Lebensjahr ist ein Chlamydientest sogar kostenlos.

Oder liegt es vielleicht auch daran, dass es Männern immer noch unangenehm ist, einer Frau zu unterstellen, sie könnte ungeschützten Sex gehabt haben und dann – Gott bewahre – auch noch mit mehreren Partnern? Sind Slutshaming-Paradigmen so fest in den Köpfen verankert, dass man bloß nicht andeuten möchte, eine Frau könnte schon mit anderen Männern geschlafen und sich sexuelle ausgetobt haben? Es scheint skurril, dass solche veralteten Ansichten uns davon abhalten sollten, auf unsere Gesundheit zu achten.

Vieles an Sex ist sexy – warum dann nicht auch, darüber zu reden und offen zu zeigen, dass es einem wichtig ist, weder sich selbst noch seine*n Partner*in zu gefährden?

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