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Agilität: Bist du als Führungskraft überhaupt bereit dafür?

Wir brauchen eine agile Organisation! Aber was bedeutet das eigentlich und wie geht man das an, damit es nicht alleine bei der guten Idee bleibt – und wann eignet sich das überhaupt? Über den Sinn und Unsinn von Agilität.

Warum überhaupt agil sein?

Immer wieder fällt derzeit der Begriff: Agilität. Alle wollen noch schneller, noch flexibler, noch erfolgreicher sein. Fair enough, wenn man ein*e Unternehmer*in ist. Allerdings sollte man dabei den Sinn des Anliegens nicht aus den Augen verlieren. Allem voran steht dabei die Frage: Welches Bedürfnis steht hinter dem Wunsch agil zu sein?

Genau mit dieser Frage solltest du deshalb starten, wenn du dich mit dem Thema beschäftigen willst. Methoden alleine bringen dich per se nirgendwo hin. Hinter dem Wunsch steckt ein ganz konkretes Bedürfnis. Das zu benennen ist der erste Schritt. Andernfalls jagst du den nächsten Führungstrend durchs Haus und am Ende liegen alle erschöpft in der Ecke.

Aus diesem Grunde noch einmal die Frage: Was ist das dahinter liegende Bedürfnis, wenn du sagst, du willst auf den Weg zu einer agilen Organisation?

Hier ein paar Ideen:

1. Du möchtest, dass dein Team schneller und möglichst eigenständig auf die Bedürfnisse von Kund*innen reagiert
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2. Du möchtest früher Trends entdecken und das Know-How deiner Mitarbeiter*innen nutzen, um Innovation voran zu treiben
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3. Du möchtest die Attraktivität deines Unternehmens für Fachkräfte und Potenzialträger*innen erhöhen
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4. Du möchtest alte, nicht mehr förderliche Strukturen erkennen und aufbrechen, um größere Flexibilität in dein Unternehmen zu bringen.

5. Du möchtest den Gewinn steigern
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Das sind nur ein paar Beispiele, warum das Thema Agilität für dich spannend sein könnte. Jedes dieser Bedürfnisse erfordert ein anderes Vorgehen.

Die Methode sollte euch dienen, nicht umgekehrt

Sobald du das Bedürfnis erfasst hast, das dich antreibt, kannst die Methode wählen. Was du aber wirklich vermeiden solltest: nur deshalb eine gerade angesagte Methode zu wählen, um „up-to-date“ sein – weil es eben so schön klingt. Es gibt viele tolle Methoden, um Co-Creation, Kreativität, Flexibilität und Eigenverantwortung zu fördern. Und nicht jede passt in jedes Unternehmen.

Es ist aber auch ganz grundsätzlich niemals die Methode, die den Unterschied macht, sondern immer die innere Haltung, mit der die Methode angewandt wird. Das ist etwas, was viele aus den Augen verlieren. Tools zu vermitteln ist leicht. Die innere Haltung zu schulen, ist dagegen um einiges schwerer. Sie erfordert, dass du dir bewusst darüber bist, was passiert und achtsam bist. Es erfordert eine ehrliche Überzeugung von dir, sowohl den Menschen als auch der Sache gegenüber.

Vor der Umsetzung braucht es ehrliche Antworten

Aus diesem Grunde solltest du dir über wesentliche Fragen klar werden:
Wie wertschätzend bist du Mitarbeiter*innen gegenüber, auch wenn ihre Leistung nicht deinen Erwartungen entspricht?

Läuft alles gut, ist es leicht wertschätzend zu sein. Herausfordernd wird es, wenn deine Mitarbeiter*innen hinter deinen Erwartungen zurückbleiben. Sei ehrlich zu dir! Inwieweit bist du in der Lage, die Verantwortung für deinen Teil zu übernehmen? Fragst du dich, was du als Führungskraft hättest besser machen können oder erliegst du der Versuchung, den anderen abzuwerten mit der Folge, dich zunächst einmal besser zu fühlen?

Wie sehr bist du in der Lage, dich mitzuteilen gerade dann, wenn es nicht gut läuft?

Wenn die Dinge so laufen, wie du es dir wünschst, ist es leicht eine gute Haltung deinem Gegenüber einzunehmen. Was aber, wenn Herausforderungen kommen? Was ich beobachte: Viele Menschen gehen aus dem Kontakt. Sie tauschen sich dann lieber mit Personen ihres Vertrauens über die persona non grata aus. Dagegen ist auch erst einmal nichts gegen einzuwenden, wenn es deiner Selbstreflexion dient. Nicht aber, wenn du es nutzt, um ein Drama aufrecht zu erhalten.

Starke Führungskräfte sind in der Lage, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und mit dem, was sie denken und fühlen, auf die andere Person zuzugehen. Sie bleiben auch dann zugewandt, wenn sie Grenzen setzen. Sie scheuen sich nicht davor, der anderen Person ein Feedback zu geben, in dem Wissen, dass wir alle Menschen sind. Menschen, die auch mal hinter den eigenen Erwartungen und den der Anderen zurück bleiben. Sie erkennen sowohl sich selbst als auch die andere Person in dieser Verletzlichkeit an.

Diese innere Haltung ist entscheidend. Sie resultiert daraus, dass du dich selbst gut kennst und in der Lage bist, deine Muster und die der anderen zu erkennen und weise darauf zu reagieren.

Die Herausforderungen von Agilität

Gleichzeitig ist es wichtig, dass du dir der Herausforderungen bewusst bist, die Agilität mit sich bringt. Um eine flexible und eigenverantwortlich handelnde Organisation zu entwickeln, brauchst du mehr als bewusste Menschen um dich herum. Nicht jeder Mensch möchte eigenverantwortlich handeln. Einige Menschen sind damit überfordert.

Aber: Eigenverantwortung ist nicht immer zwingend erforderlich, um das Bedürfnis zu erfüllen, was du mit dem Wunsch nach Agilität verfolgst. Deine Aufgabe ist es nicht, das nächste Vorzeigeunternehmen in Sachen Agilität zu werden. Deine Aufgabe ist es, einen Ansatz zu finden, der dem Unternehmen, den Mitarbeiter*innen und den Kund*innen dient. Sei achtsam in Bezug auf die Frage, welcher Ansatz zu dir und deinen Mitarbeiter*innen passt.

Selbstreflexion, das Erkennen von Mustern und der achtsame Umgang mit den Menschen – einschließlich dir selbst –, sind Schlüssel für Inspiration und der Flexibilität. Diese Fähigkeit will gelernt sein. Es ist also wichtig, dem Prozess Zeit zu geben und genau hinzuschauen, welche nächsten Schritte dich wachsen lassen.

Dieser Artikel ist zuerst auf dem Coconut Life Blog erschienen. Wir freuen uns, ihn auch hier veröffentlichen zu können.

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