Freiheit war immer eines der Dinge, die Lebensqualität für mich ausmachten. Einfach machen. Einfach weg. Einfach alles neu. Doch seit anderthalb Jahren sieht das ganz anders aus: Denn der Kosmos ,Welt‘ wurde zum Kosmos ,Kind‘. Erst nach und nach begreife ich, dass er eine neue Freiheit und ein neues Ich zum Vorschein bringt. Es geht nicht mehr darum, was ich alleine schaffen kann, sondern darum, mit wem ich gemeinsam stärker bin. Eine Entwicklung, die mir nicht nur die Kindererziehung, sondern auch das Führen von EDITION F leichter macht.
Postkartensprüche als Lebensentwurf
Ich bin eine Großstadtpflanze. Da bin ich ziemlich sicher. Von Halle in die Welt, immer weiter, immer größer. München, Berlin, New York, Kapstadt. Hauptsache groß, wild und voller Abenteuer. Doch seit eineinhalb Jahren ist alles anders: Ich wohne im Dorf. Nein, ich reise nicht täglich aus der brandenburgischen Pampa an, um in der Hauptstadt ,from nine to five‘ die Welt ein bisschen weiblicher zu machen. Ich habe mein Dorf in Berlin errichtet. Denn seit eineinhalb Jahren bin ich Mutter und erlebe, dass die alten Sprichwörter durchaus Berechtigung haben.
Zur Geburt erhielt ich von einer Freundin eine Glückwunschkarte mit der simplen Aufschrift: „It takes a village to raise a child.“ Schnell landete sie in dem großen Stapel von niedlichen Motivkarten zur Geburt – und der Spruch bohrte sich derweil immer schneller in mein Leben. Denn das Abenteuer Kind zu bestreiten ist gar nicht so leicht wie gedacht. Gerade dann, wenn man ambitioniert alles unter einen Hut bringen möchte: Supermama, Superunternehmerin, Superfrau, Superfreundin, Supertochter. „Alles super“ ist aber ein Lebensstatus, den man im Wirrwarr der Aufgaben, der neuen Rolle, der Verantwortung und der ewigen Selbstbewertung eigentlich nie erreicht. Die Lösung: Abgeben. Im Job. Und zu Hause.
Abgeben war nur leider in der Vergangenheit nicht gerade meine Stärke – zu sehr war ich getrieben vom Perfektionismus, dem Gedanken „das könntest du besser machen“ und dem Drang, dabei zu sein. Aber wie sollte ich das weiterhin so aufrechterhalten? Alles war doch plötzlich anders. Seit dem 30. September 2016, dem Tag der Geburt meines Sohnes, hat mich – ganz pathetisch – die bedingungslose Liebe übermannt. Sie hat mich weicher gemacht, meine Prioritäten auf den Kopf gestellt und mir statt Perfektionismus eine große Portion beruflichen Pragmatismus einverleibt. Und auch privat musste ich lernen, meine ganz eigenen Stereotype zu hinterfragen, emotional und persönlich. Fern des intellektuellen Diskurses, den wir hier bei EDITION F führen. Die Fragen: Bin ich als Mama wirklich die einzige, die das Beste fürs Kind will und bin ich die einzige, die das auch schafft?
Ein Hoch auf das Dorfleben
Mit der Geburt hat die Beziehung zu meiner Familie ein ganz neues Level erreicht. Mindestens an jedem Mittwoch reisten meine Mutter, meine Tante und mein Onkel an, um dem kleinen Caspar einen grandiosen Tag zu bereiten. Oft blieb meine Mutter sogar darüber hinaus, wenn die Termine von mir und meinem Mann mal wieder kollidierten. Herrlich. Und auch der Freundeskreis war plötzlich neu sortiert. Alle Eltern rückten näher an uns ran – es gibt Whatsapp-Gruppen, um uns auf Spielplätzen zu verabreden oder dringende Fragen rund ums Kind weit weg von Elternforen zu diskutieren. Die Babysitterbörse funktioniert bestens, ebenso wie die gegenseitigen Angebote, aufs Kind aufzupassen und auch Urlaube werden inzwischen gern in einer Elternrunde verbracht, die es jeder Mama und jedem Papa mal möglich macht, ein Essen in Ruhe zu genießen. Wer selber Kinder hat weiß, dass das ein wahres Geschenk ist.
Aber wie findet man denn dieses Dorf, wenn die Familie zu weit weg ist und die guten Freunde weggezogen sind?
Die Eltern-Kontaktbörse
Auch wenn ich heute eine Dorfgemeinde um mich geschart habe, muss ich rückblickend sagen, dass es viele Momente gab, in denen ich mich allein gefühlt habe. Ich wollte nicht über die Müdigkeit meckern oder meine heimliche Überforderung eingestehen oder mich darüber beklagen, dass der kleine Caspar nur nah neben mir schlief und mich deshalb teilweise stundenlang bewegungslos ans Sofa fesselte. Einfach, weil jede Bewegung seine blauen Kulleraugen hat vorwurfsvoll aufklappen lassen. Diese ganz persönlichen Momente des Mutterseins hat man eben nur mit sich, nicht mal mit dem eigenen Partner. Und sie lassen einen manchmal mit dem Gefühl zurück, dass niemand diese Welt teilen kann. Falsch gedacht. Denn fängt man an, sich zu öffnen, merkt, dass die kleinen ,einsamen‘ Welten sich ganz schnell mit denen der anderen verbinden. Ein Glück, dass das Muttersein mir ein dankbares neues Gesprächsthema geliefert hat, welches es mir – einer eigentlich eher schüchternen Person – viel leichter macht, ohne die sonstige Kraftanstrengungen auf sogenannten Netzwerk-Events ins Gespräch zu kommen. Egal wo, egal wann: Kinder verbinden. Von Taxi, Supermarkt und Café über Zug und Hotel bis hin zum Spielplatz kommt man ins Gespräch.
Und genau darum geht es auch im Stokke Summer House, das im Wunderhaus Berlin, Belforterstraße 8, 10405 Berlin, vom 21. April bis 15. September 2018 stattfindet. Schwangere, Neu-Eltern und alte Erziehungsprofis können hier mit oder ohne Freunde in eine Welt eintauchen, die den offenen Austausch möglich macht, einen Community Hub, an dem wir uns ohne Fassade begegnen dürfen und wo Eltern und Kinder gemeinsam eine tolle Zeit erleben können. Und vielleicht findet man hier sogar neue Mitstreiter für die eigene Dorfgemeinde.
Denn am Ende geht es um Vertrauen. Darum, Menschen in sein Leben zu lassen, die einen unterstützen. Beruflich und privat. Inzwischen gebe ich an vielen Stellen gerne ab – und sehe, dass das Team bei EDITION F ganz wunderbar zusammenarbeitet und Verantwortung übernimmt, auch wenn ich zum Austausch mal nur per Email oder Handy zur Verfügung stehe. Und Caspar tut es gut, nicht nur die Witze von Mama zu hören, sondern mit Alt und Jung, mit der Kita und anderen Eltern in Berührung zu kommen. Mit Menschen, die es gut mit ihm meinen, die mich entlasten und die ihm Dinge beibringen und Geschichten erzählen können, die ich nicht erlebt habe.
Erst heute ist mein Mann für vier Tage beruflich wegfahren – morgen kommt meine Mutter. Es ist wirklich herrlich, dieses Dorfleben in der Stadt. Ein Hoch auf alle Dorfbewohner und diese, die wir bald als Neubürger in unserem oder ihrem ganz eigenen Kreis begrüßen werden.
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