Foto: Franziska Krug/Getty Images for VISA

„Eine Führungspersönlichkeit muss Good und Bad Cop in einer Person sein“

Kund*in
VISA
Autor*in
EDITION F studio
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Im Interview sprechen wir mit Merle Meier-Holsten, Marketingchefin von Visa, über die Arbeit in einem internationalen Konzern, die niedrige Frauenquote in der Finanzbranche und gute Unternehmenskultur. 

„Respekt ist im Berufsleben essentiell“

Die Finanzwelt wirkt für all diejenigen, die nichts mit ihr zu tun haben wie ein Buch mit sieben Siegeln. Entweder man gehört dazu oder eben nicht. Merle Meier-Holsten arbeitete fast zwei Jahrzehnte in der Lebensmittelindustrie, um dann den nächsten großen Schritt zu wagen und die Branche zu wechseln. Im Interview spricht die Marketingchefin von Visa darüber, wie es ist im Konzern zu arbeiten, welche Hürden die Finanzbranche dringend noch angehen muss und welche Rolle sie sich selbst dabei zuschreibt. Zudem haben wir sie gefragt, welchen Rat sie Frauen mitgeben kann, die sich verändern oder aufsteigen wollen.

Das Thema Finanzen ist medial gerade stark im Fokus: Inwiefern waren Finanzthemen schon vor deinem Jobwechsel zu Visa relevant für dich?

„Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber Geld ist und bleibt die Basis allen Wirtschaftens. Ich habe schon früh angefangen, Geld bewusst zu sparen und auszugeben – es geht im Prinzip immer um die Ziele, die man verfolgt.“

Du hast nach über 18 Jahren in der Lebensmittelindustrie die Branche gewechselt – was hat dich angetrieben?

„Angetrieben hat mich die Lust auf Neues und der Drang, die viel zitierte Komfortzone zu verlassen. Viele Marketing-Menschen können sich ja schon mehrere Jahre in einem Unternehmen nicht mehr vorstellen, und bei mir kam dann irgendwann auch der Wunsch nach einem Wechsel auf. Und da dachte ich: Wenn schon wechseln, dann richtig. Das hat mit meinem vorhergehenden Unternehmen nichts zu tun, ein toller Konzern mit tollen Möglichkeiten für seine Mitarbeiter*innen. Wie auch mein jetziger Arbeitgeber.“

Du bist ja auch nach dem Wechsel in einem internationalen Großkonzern geblieben: Was schätzt du hier besonders?

„Das Wort ,international‘ deutet da schon die Richtung an. An verschiedenen Standorten arbeiten zu können, über Länder- und kontinentale Grenzen hinweg mit Kolleg*innen aus vielen verschiedenen Nationen in verschiedenen Sprachen zu kommunizieren: Das bereichert das ganze Leben. Es sind die positiven Seiten der Globalisierung, in deren Genuss ich komme. Man lernt viel über Menschen und über die Welt, bildet sich kulturell enorm weiter. Und da kommt einem dann Deutschland oft sehr klein vor, weil man lernt, es in einen anderen, globalen Kontext zu setzen anstatt in den Mittelpunkt.“

Du hast vorher und auch jetzt bei Visa als Head of Marketing gearbeitet – was war die größte Umstellung oder ist der Unterschied vielleicht doch kleiner als gedacht?

„Die größte Umstellung war das Geschäftsmodell. So gibt es bei Visa sehr viele Abkürzungen und Akronyme – da musste ich mich erstmal einfinden. Zudem ist das Business komplexer:  Produkte, Services und Technik sind sehr vielfältig. Da darf man sich nicht scheuen, auch mal die Kolleg*innen um eine Nachhilfestunde zu bitten. Für mich sind diese Lernprozesse sehr bereichernd. Was bei Visa hilft: Mein Marketingfundament, meine Erfahrungen und die Synergien zu meinem alten Job.”

Gibt es ein Vorurteil, das du vor deinem Jobwechsel über die Finanzbranche hattest und das du jetzt widerlegen kannst?

„In den Frankfurter Towern geht es kühl, hart, rational und über die normalen Maße hinaus renditegetrieben zu. Außerdem arbeiten alle von 6 Uhr morgens bis Mitternacht. Doch weit gefehlt: Ich arbeite mit Menschen, die viel lachen, kreativ sind, bei aller Freude an der Arbeit auf Work-Life-Balance achten und zum Feierabend sehr gerne mit den Kolleg*innen Apfelwein trinken gehen.“

Die Frauenquote der großen Finanzunternehmen ist im Top-Management ja noch nicht ideal – wo liegen deiner Meinung nach die größten Hürden und siehst du dich selbst als Teil der Lösung?

In den vergangenen Jahrzehnten sind viele Frauen in die Finanzbranche geströmt, jedoch mehrheitlich ins Marketing. Das ist sicher eine Erklärung, weshalb es noch Nachholbedarf gibt. Wichtigster Punkt ist aber, dass Banken, gerade Investmentbanken, viel stärker von klassischer Männerkultur geprägt sind als andere Unternehmen. In einem Umfeld, in dem Frauen jahrzehntelang nur im Vorzimmer akzeptiert waren, muss man sich erstmal durchsetzen. Aber Persönlichkeiten wie Dorothee Blessing (Deutschlandchefin von JP Morgan, Anm. d. Red.), Charlotte Hogg (Chief Executive Officer, Visa Europe, Anm. d. Red.) oder Ann-Kristin Achleitner (Aufsichtsrätin u.a. bei der Deutschen Börse, Anm. d. Red.) haben viele Hürden abgebaut und Frauen den Weg ins Topmanagement bereitet. Auch Bettina Orlopp ist als Commerzbank-Vorständin ein gutes Beispiel dafür, dass sich Frauen immer mehr durchsetzen. Mit diesen Frauen würde ich mich aber nicht vergleichen, zumal ich als Marketing-Managerin in einer Disziplin arbeite, die von Frauen ohnehin stärker besetzt wird.“

Gibt es konkrete Dinge, die du intern oder ihr als Unternehmen macht, um euch selbst weiterzuentwickeln und mehr Frauen in allen Ebenen und Bereichen zu stärken?

„Wir haben jüngst unser ,Women Network für Zentraleuropa’ gelauncht, mit dem wir Frauen beruflich wie auch persönlich in ihrer Entwicklung unterstützen. Wir wollen hier Mentorinnenprogramme anbieten, coachen, netzwerken. Eine Community für Frauen aufzubauen ist das Ziel.“

Du hast bei EDITION F als Community-Autorin schon vor einiger Zeit fünf Tipps für den Karriereeinstieg veröffentlicht und dich darin für eine offene Fehlerkultur sowie ein authentisches Auftreten stark gemacht: Was macht deiner Meinung nach eine gute Unternehmens- und Führungskultur aus?

„Eine Führungspersönlichkeit muss Good und Bad Cop in einer Person sein, das ist das A und O. Sie muss gut zuhören können, Teamplayer*in sein, aber im richtigen Moment auch den Mut zu unpopulären, einsamen Entscheidungen haben. Sie sollte fair, freundlich und auch fröhlich im Umgang sein, aber auch harte Kritik üben können. Viele scheuen sich, Mitarbeiter*innen persönlich zu nahe zu treten, und gerade das kann dann zu schlechter Stimmung im Team führen und damit zu schlechten Ergebnissen. Sowohl bei Lob als auch bei Kritik sollte jede*r Adressat*in auch wissen, dass er*sie gemeint ist. Kritik muss dann aber wiederum so formuliert sein, dass klar ist, dass sie sich auf das Projekt oder die Aufgabe bezieht – und nicht auf die Person generell. Wenn dem so ist, sollte man sich vielleicht lieber trennen. Extrem wichtig zudem: Freiheiten gewähren. Hat sich ein*e Mitarbeiter*in bei einem Projekt bewährt, sollte ich ihm*ihr vertrauen und einfach machen lassen. Der Kontrollzwang in deutschen Unternehmen verhindert häufig mehr Kreativität und höhere Produktivität. Die Zeit, die ich einspare, weil ich nicht andauernd mit den Kolleg*innen zum Report zusammensitze, kann ich vielleicht besser in Strategie oder Innovation stecken.“

Gab es eine berufliche Situation, die dich positiv oder negativ geprägt und damit deinen eigenen Weg beeinflusst hat? Hast du einen ganz persönlichen Führungsstil entwickelt – und hattest du Hilfe dabei?

„Ich hatte einen großartigen Mentor zudem hat mich meine Familie unterstützt wie auch geerdet. Aber es sind auch negative Erfahrungen, die einen weiterbringen. Wichtig: Den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern Kritik annehmen. Fortwährend lernen, egal wie weit man es gebracht hat und wie alt man inzwischen ist. Überlegen, was man sich von anderen Führungspersönlichkeiten abschauen kann. Und zuletzt: Authentisch sein, mutig sein und einen offenen Blick auf seine Mitmenschen haben. Respekt ist im Berufsleben essentiell.“

Gibt es einen Rat, der dich begleitet oder den du Frauen mitgeben kannst, wenn sie aufsteigen oder sich verändern wollen?

„Beim Aufstieg: Nicht darüber nachdenken, wie sich das Verhältnis zum Team verändern wird. Nicht darüber sinnieren, wie Kolleg*innen jetzt über einen denken und ob sie tuscheln. Tun sie, aber das ist nicht relevant. Coaching-Angebote wahrnehmen, aber deren Ratschläge auch kritisch hinterfragen und nicht jeden für bare Münzen nehmen. Bei Veränderung: Nicht überlegen, was man verliert, sondern, was man gewinnen wird. Das macht jeden Wechsel leichter.“

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