In ihrer Kolumne „Familie und Gedöns“ schreibt Lisa über alles, womit sich Eltern so beschäftigen (müssen), diesmal: Wann ist es an der Zeit, das Familienbett zu beenden?
Dieser wohlriechende Kindernacken!
Ich fürchte, was die Sache mit dem Familienbett betrifft, haben wir ein Problem. Genauer gesagt, ein Suchtproblem. Wir wissen ganz genau, dass es eigentlich eine ziemlich gute Idee wäre, das (noch) zweijährige Kind endgültig rauszuschmeißen. Ich sage nur: Rückenprobleme, steifer Nacken, Gliedmaßen, die sich am Morgen anfühlen, als wäre man neunzig. Es ist aber so wahnsinnig schön, nachts seine Nase in diesen unheimlich wohlriechenden Kindernacken zu stecken und sich an die kleine Person im Lama-Schlafanzug zu kuscheln, und überhaupt: Du blinzelst einmal, und schon wird die Person im Lama-Schlafanzug es peinlich finden, mit dir im selben U-Bahn-Waggon gesehen zu werden!
Deshalb bleibt alles so, wie es ist. Das Kind wird abends in unserem Ehebett zu Bett gebracht; in unserem Schlafzimmer steht seit einiger Zeit ein Kinderbett, in dem theoretisch der Einschlafprozess eingeleitet werden könnte; dann müsste man allerdings mindestens eine halbe Stunde lang verkrümmt auf dem Boden hocken und Händchen halten, bis das Kind sich bequemt einzuschlafen, da ist es im Ehebett definitiv gemütlicher. Und wenn das Kind dann dort schon so gemütlich liegt, freue ich mich jeden Abend drüber, und verzichte darauf, es in sein eigenes Bett zu verfrachten.
Mit einem Jahr ins eigene Zimmer – macht man so
Wie grausam muss es sein, als erstes oder zweites Kind auf die Welt zu kommen – zumindest in unserer Familie. Das erste Kind zog aus dem Beistellbett unverzüglich in ein Gitterbett um, als das Beistellbett zu klein wurde, und pünktlich zum ersten Geburtstag zog es in ein eigenes Zimmer um – ich hatte schließlich gelesen, dass man das so macht. Das zweite Kind durfte einen Hauch länger bleiben, dann wurde es auch ausquartiert. Faszinierenderweise ohne Stress zu machen; es lag jeden Abend ohne einen Mucks zu machen im Gitterbett und schlief irgendwann von selbst ein, ohne sich bemerkbar zu machen. Beim ersten Kind, ich schäme mich wirklich, habe ich sogar eine Art Einschlaftraining gemacht – auch hier hatte ich gelesen, dass man das so macht, denn: Irgendwann müssen Kinder lernen, allein und ohne Hilfe einzuschlafen. Heute fällt mir beim besten Willen nicht mehr ein, wieso eigentlich.
Die Person im Lama-Schlafanzug in unserem Bett hat neben den anfangs beschriebenen Nachteilen natürlich auch Vorteile: Billigeren Urlaub zum Beispiel. Es ist nämlich beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, Unterkünfte zu finden, die Familien mit mehr als zwei Kindern vorsehen. Meistens: Elternschlafzimmer, Kinderschlafzimmer, für wohl gemerkt zwei Kinder. Darüber hinaus wird es sehr teuer. Bisher war es bei Hotelbuchungen immer unheimlich praktisch, ein Kind unterschlagen zu können mit dem Hinweis, dass das dritte kein eigenes Bett braucht, allerdings befürchte ich, dass wir das nicht mehr allzu lang ausreizen können. So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass nicht wenige Leute es seltsam finden, wenn ich mit dem Hinweis „schläft eh bei uns in der Ritze“ ein fünftes Bett für unnötig erkläre. Mein Mann hat im letzten Urlaub sogar das Alter des jüngsten Kindes gefälscht, um unangenehmen Nachfragen aus dem Weg zu gehen.
Ich brauche Platz!
Das Familienbett führt leider auch zu mehr Streit. Beide Erwachsenen haben das Gefühl, der*die andere würde sich unheimlich breit machen, weil: Nur an diesem kleinen Kind kann es ja wohl nicht liegen, dass man sich nur Millimeter von der Bettkante entfernt kaum rühren kann, in einem 1,80 Meter breiten Bett. Unser standardmäßiger abendlicher Dialog geht so: „Boah, jetzt rutsch mal gefälligst, du hast doch mindestens einen Meter auf deiner Seite!“ – „Du spinnst ja wohl, ich fall gleich aus dem Bett“ – „Was für ein Quatsch, jetzt beweg dich gefälligst!“ Die kleine Person im Lama-Schlafanzug schaltet sich dann manchmal schlaftrunken ein, flüstert „Nich streiten!“ und dreht sich genüsslich um 90 Grad quer.