In ihrer Kolumne „Familie und Gedöns“ schreibt Lisa über alles, womit sich Eltern so beschäftigen (müssen), diesmal: Optimiertes Zeitmanagement
Abläufe optimieren
In der „Brigitte“ gab es neulich ein Porträt von Isabel Schnabel zu lesen. Sie ist eine der fünf Wirtschaftsweisen, die die Bundesregierung beraten. Außerdem ist sie Professorin und hat drei Kinder, eins davon recht neu. Mit diesem neuen, damals sechs Wochen alten Baby pendelte sie zwischen Bonn und Mainz, zwischen Wohnort und Büro. Klingt anstrengend, war es wohl auch. Isabel Schnabel jedenfalls berichtete von einer Strategie, die sie früher genutzt hatte: Nämlich die Kinder abends fast fertig angezogen ins Bett zu legen, damit es morgens schneller geht. Respekt! Und ich dachte immer, ICH wäre gut vorbereitet, ICH würde beim Thema „Zeitmanagement für Familien“ in der ersten Liga um die vorderen Plätze mitspielen. Warum bin da nicht ich drauf gekommen? Allerdings: Der Einwand von Schnabels Mutter, die auf die gesundheitsschädigenden Konsequenzen der zeitsparenden Maßnahme hinwies („Wie kannst du nur – Füße müssen doch atmen!” ) hat durchaus auch seine Berechtigung, der hätte auch von meiner Mutter kommen können. Jedenfalls nahm ich den Text aus der „Brigitte“ zum Anlass, darüber nachzudenken, was ich denn sonst noch ablaufmäßig optimieren könnte.
Zeitmanagement mit Kindern ist ein großes Thema, eigentlich seltsam, dass Seminare dazu nicht von den Krankenkassen erstattet werden oder zumindest zu einem Stempel im Bonusheft führen. In der Fachliteratur jedenfalls lauten die Empfehlungen, die auch aus der Feder eines beliebigen Abteilungsleiters stammen könnten, und ich gebe mir wirklich Mühe, diesen Folge zu leisten:
1. Klare Ziele setzen
2. Übersicht verschaffen
3. Prioritäten setzen
4. Planen
5. Motiviert sein
Lückenlose Vorbereitung, wenig Glamour
Im Moment genieße ich ja den Luxus, ohnehin drei Stunden, bevor wir in die Kita und in die Arbeit aufbrechen müssen, wach zu sein. Trotzdem, man weiß nie, was alles an unvorhersehbaren Verzögerungen passieren kann an einem beliebigen Montag- bis Freitagmorgen, deshalb bereite ich jeden dieser Morgen am Vorabend minutiös und lückenlos vor (Achtung, das wird jetzt vielleicht ein bisschen langweilig, aber was soll ich machen? Es gibt wenig Unglamouröseres als die Alltagsorganisation mit kleinen Kindern):
Nun, jedenfalls suche ich jeden Abend zwei kleine, komplette Outfits heraus und ordne sie auf dem Boden körperförmig und in der korrekten Chronologie geschichtet an, so dass sie in der Reihenfolge des erwünschten Anziehens parat liegen (Unterhose oben, Hose unten und so weiter). In Reichweite liegen zwei kleine, alternative Outfits, falls ein Teil aus dem Ursprungsoutfit abgelehnt wird.
Ich stelle zwei Breischüsseln mit jeweiligem Lieblingsmotiv neben den Herd, lege den Gasanzünder in Greifnähe, stelle einen geeigneten Topf auf die Herdplatte, Haferflocken daneben, lege ein Schneidebrett und das erforderliche Messer bereit, Obst wird erst am nächsten Tag aus dem Kühschrank entnommen, wurde aber bereits zur einfachen Entnahme in einem der oberen Fächer positioniert, genau wie die benötigten Joghurtbecher. Löffel und Gläser befinden sich an den Plätzen, Lätzchen und Servietten hängen über den Kindestühlen. Ich stelle zwei Paar dem am Vorabend überprüften Wetter entsprechende Schuhe bereit, genauso wie eventuell notwendige Accessoires (Kinderregenschirm, Matschhosen, Sonnenhüte).
Sauber bleiben? Ganzkörperanzug!
Ich drapiere zwei Pausenbrotboxen geöffnet nebeneinander und schmiere und verpacke Stullen, die am nächstenTag nur noch hineingelegt werden müssen. Ich lege zwei Waschlappen bereit. Die Zahnpasta kann ich leider noch nicht auf die Zahnbürsten tun, weil sie sonst austrockenen würde, vielleicht fällt mir dazu aber noch eine Lösung ein.
Das habe ich bei Isabel Schnabel nicht verstanden: Sie berichtete, sie habe die Kinder früher schon abends gewaschen, um Zeit zu sparen – aber wie hat sie sichergestellt, dass sie nicht mehr schmutzig wurden am nächsten Tag? Ganzkörperanzug aus Plastik? Frühstücksentzug? Ich müsste sie mal fragen, die Frau scheint einige gute Tipps auf Lager zu haben.
Bestimmt könnte man noch einiges mehr besser machen. Ich könnte reich werden mit einem Startup, das fertig gefüllte Kita-Brotboxen frühmorgens an die Haushalte ausliefert, falls es sowas nicht schon gibt, ich glaube, da gäbe es einen großen Bedarf.
Natürlich läuft es dann trotzdem jeden Morgen so: Geschrei („Will ich nicht anziehen, du, Blödmann, uääääh“), Gebrüll „Neeeeein, Blödmann! Blödmann! Blödmann!)“, Erwachsenengebrüll („Verdammt nochmal, du weißt doch, dass ich heute pünktlich im Büro sein muss“), Bestechung („Komm, im Anhänger gibt’s für jeden ein Gummibärchen“), die drohende Mitleidstour („Du weißt doch, Nora und Susann werden echt sauer, wenn ich nicht pünktlich im Büro bin“), am Ende das brüllende Kind an der Kapuze schleifend in die Kita transportieren. Kostet natürlich auch Zeit.
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