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Warum man sich als reflektierter Mensch oft selbst im Weg steht

Sich über sich selbst, seine Mitmenschen und seine Entscheidungen Gedanken zu machen, ist gut. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Denn steckt man einmal in dem Gedankenstrudel drin, kommt man da so schnell nicht wieder raus.

Zwischen Fürs und Widers

Ich würde behaupten, ich bin ein sehr reflektierter Mensch. Ich mache selten unbedachte Handlungen, wäge vor Entscheidung immer das Für und Wider ab, schlafe zwei Nächte drüber, bevor ich mir bei einer Sache nicht ganz sicher bin, lasse meine Handlungen Revue passieren, drehe Worte anderer, die vielleicht nur beiläufig und ohne Hintergedanken ausgesprochen wurden, von der einen Seite auf die andere und beginne dann wieder von vorne.

An sich eigentlich keine schlechte Eigenschaft. Denn: ich lasse mich selten von Impulsen verleiten, weiß, woran ich bin, und, wo meine Schwächen und Stärken liegen. Umso mehr habe ich gelernt, dass Ehrlichkeit alles ist – dass es hilft, offen zu reden und Probleme, die man zumindest selbst als solches wahrnimmt, direkt und ehrlich anzusprechen, anstatt meine Energie auf Gedanken zu verschwenden, die ich mir auch sparen könnte.

Und wieder auf Anfang

Der Nachteil an der ganzen Sache: Es ist anstrengend. Es zehrt einfach extrem an den Nerven, tausend Gedanken pro Tag aufzuwenden, sich in einer Spirale von Gedanken verlieren, die eigentlich gar keine Substanz haben, oder so, wie ich sie aufgefasst habe, nicht gemeint waren. Oder mich über Sätze, die ich ohne große Hintergedanken ausgesprochen habe, noch drei Tage später aufzuregen.

Und das vor allem bei Beziehungen mit Menschen, die mir am Herzen liegen. Bei Menschen, die ich nicht verletzen will und, von denen ich genauso wenig verletzt werden will. Genauso bei Hobbys, Leidenschaften oder Arbeitsprojekten, in die ich viel Herzblut investiere.

Ab morgen bin ich wieder für euch da, okay?

Und genau deswegen ist Selbstreflexion eine Eigenschaft, die einem gut tut, die jeder zum Teil erlernen sollte (ich bin da auch sicherlich noch nicht an meinen Grenzen). Und andererseits eine Eigenschaft, die ich manchmal gerne abschalten könnte. Nach dem Motto, ihr vielen schönen Gedanken, jetzt seid ihr mal leise, ich bin dran. Ab morgen bin ich wieder für euch da.

Was mir auf jeden Fall hilft: Mit Freunden und Freund darüber zu sprechen und meinen Gedanken die Stärke nehmen lassen. Musik hören – da bin ich mit meinem Kopf ganz schnell woanders. Podcasts hören. Lesen. Und: Sport machen. Und, wenn es mal mit dem Schlafen nicht gleich klappt: nicht verzagen, tief durchatmen, meine Gedanken akzeptieren, irgendwie auch froh darüber sein, dass ich genau diese haben kann, und ganz langsam von 1 bis 100 zählen.

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