Berufstätige Eltern kennen das: Job und Familie unter einen Hut zu bekommen, funktioniert – bis das Kind krank ist. Unsere Community-Autorin fragt sich, warum sie deshalb permanent ein schlechtes Gewissen hat.
Ein System, das darauf baut, dass nie etwas schiefgeht
Mein Kind ist krank. Und mein erster Gedanke ist: „Scheiße, ich muss doch heute arbeiten.” Mein zweiter Gedanke: „…und ich habe verdammt viele verdammt wichtige Termine!” Im nächsten Schritt holt mich mein schlechtes Gewissen ein, denn eigentlich sollte ich doch als allererstes daran denken, dass es meinem Kind schlecht geht und dass mir das das Herz bricht. Dem ist ja auch so, definitiv. Ich kann und will mein Kind nicht leiden sehen. Und dennoch: Als Teilzeitmama und Teilzeitangestellte hängt man irgendwie immer dazwischen.
Vor allem, wenn man – wie ich – mit Menschen zusammenarbeitet. In meinem Fall sind das zumeist traumatisierte Kinder mit beängstigenden Geschichten, die in neuen Familien leben. Diese Arbeit macht mir sehr viel Spaß, sie erfüllt mich, sie stellt mich immer wieder vor neue Herausforderungen. Sie führt aber andererseits auch dazu, dass ich das Gefühl habe, immer präsent sein zu müssen. Unzuverlässigkeit haben diese Menschen (egal ob groß oder klein) doch schon so oft erlebt. Hinzu kommt noch der nicht weniger wichtige Aspekt, dass ich, wenn ich meine Termine absage, diese irgendwann nachholen müsste und meine Arbeitstage doch so schon vollgestopft genug sind.
Also gibt es in meinem Kopf in dem Moment, in dem mein Kind krank wird, diese hämmernden Schuldgefühle, die sich ob meiner scheinbaren Unzuverlässigkeit breit machen. Ich weiß, rational betrachtet ist das völliger Blödsinn. Termine kann man nachholen und wirkliche Krisen bearbeitet eine andere Kollegin. Natürlich ist mir das klar. Und wo, wenn nicht bei meinem Arbeitgeber, könnte ich von jetzt auf gleich fehlen? Ich weiß das alles. Und doch.
Das ständige Gefühl nicht genug zu sein
Es ist nicht die Angst um meinen Arbeitsplatz, denn der ist ziemlich sicher. Es ist auch keine übermäßige Loyalität gegenüber meinem Arbeitgeber, die mich dazu bringt, oft entgegen meinem Bauchgefühl zu entscheiden. Es ist vielmehr die Angst davor, unzulänglich zu sein. Ich (also wir) habe mich schließlich für diese Konstellation entschieden: Arbeiten und Kind. Und ich kriege es dann (aufgrund des Kindes?!) nicht hin, so zu arbeiten wie vorher? Das möchte ich nicht.
Niemand sonst denkt so. Nicht eine einzige Kollegin, nicht ein einziger Kollege, auch nicht mein Chef, haben jemals durchblicken lassen, dass es doof ist, wenn ich mit krankem Kind Zuhause bleibe. Ist dieses Gefühl also eher hausgemacht als von Außen ausgelöst?
Vielleicht. Vielleicht aber ist es einfach ein Gefühl, das man als Teilzeitangestellte*r so hat. Ein Gefühl, das aufkommt, wenn Kolleg*innen sagen „Ach, schon Feierabend?”, oder „Ach ja, da bist du ja nicht da …”, oder auch ein liebgemeintes „Mit dir möchte ich gern tauschen, du hast immer so viel frei!”. Ja, vielleicht ist es das wenige Verständnis, das allgemein für die Belastung und Anstrengung von Teilzeitmamas und den wenigen Teilzeitpapas da ist.