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Nein, ich brauche wirklich keinen Partner fürs Leben – ist das so schwer zu verstehen?

Dauernd höre ich folgenden Satz: „Du findest schon auch noch den Richtigen.” Aber was ist eigentlich, wenn ich das gar nicht will? Unsere Community-Autorin hat ein paar Gedanken über eine Gesellschaft aufgeschrieben, die das ewige Zusammenbleiben als Lebensziel bestimmt.

Verliebt sein – das Gefühl kennen wir wohl alle. Ich persönlich habe ein zwiespältiges Verhältnis zu dem heftigen Hormoncocktail. Denn einerseits genieße ich die Schmetterlinge im Bauch sehr, andererseits ist es auch mein Kryptonit, um es mit Super Man zu sagen.

Ich werde unzurechnungsfähig, kann mich schlecht konzentrieren (wurde mal fast von einer Tram angefahren deswegen)  und meine Gedanken kreisen fast schon manisch um die betroffene Person. Verliebt sein ist wie ein heftiger Sturm im Gehirn. Und tatsächlich werden die gleichen Gehirnareale aktiviert, die auch bei einem richtig heftigen Drogenrausch aktiv sind. Nur dass der Drogenrausch nicht über Wochen, Monate oder gar Jahre anhält. Der Mensch ist also wortwörtlich nicht er selbst. Man schmachtet, wie ein Zombie, nach frischem Gehirn – aber ich schreibe auch herrliche, kitschige Gedichte, wenn ich verliebt bin und höre schnulzige Lieder. Nun ja, ihr kennt das sicher.

Liebe macht eben nicht blind

Man sagt, Liebe mache blind – ich sehe das anders. Liebe lässt uns Dinge sehen, die nicht da sind oder nicht in dem Maß, wie wir uns das zusammenphantasieren. Wir idealisieren den von uns geliebten Menschen bis zur Unkenntlichkeit und dann, wenn der ganze Sturm des Verliebtseins nachlässt, sind wir enttäuscht, dass der Mensch, den wir so heiß und innig „vergöttert” haben, nicht der zu sein scheint, für den wir ihn hielten.

Ich glaube, viele neigen dazu, wenn es denn mal zu ein paar Dates gekommen ist und wir dem anderen tatsächlich ein wenig näher gekommen sind, im Kopf bereits die nächsten Szenarien auszumalen.

Dazu muss derjenige es aber erst einmal in die Dating-Area geschafft haben. Denn für viele von uns ist der Beruf, das gesellschaftliche Ansehen, inklusive dem Vermögen immer noch ein wichtiger Faktor. Hast du als Mann oder Frau nichts davon zu bieten, bist du auch schon draußen und landest – wenn du Glück hast – höchstens in der „Friendszone”.

Egal ob Frau oder Mann, lasst euch ein bisschen Zeit!

Wenn es also tatsächlich zum Dating kommt und man sich näher gekommen ist, flüchten manche Frauen mit ihren Gedanken und Hoffnungen direkt in die Zukunft, statt die Gegenwart zu genießen. Nicht selten schlägt das die Männer in die Flucht. Weil sie meinen, Bedürftigkeit zu spüren. Statt den Zauber des Anfangs zu genießen und entspannt zu sehen, wohin das Ganze führt, macht man sich verrückt. Muss verliebt sein überhaupt immer irgendwohin führen? Ist dieses unglaubliche Gefühl, voller Unbändigkeit mit all der Unvorhersehbarkeit und Aufregung nicht schon Geschenk genug?

Dieses Verhalten wird tatsächlich oft vor allem Frauen vorgeworfen, aber auch genügend Männer neigen dazu, sich zu früh in Zukunftsgedanken zu verlieren. Ich hatte zum Beispiel auch mal eine männliche Bekanntschaft, die nach drei Dates bereits Kind, Heirat und Weiteres diskutieren wollte. Und das obwohl er meine Einstellung zu alle dem kannte. Ich muss, glaube nicht, nicht erwähnen, dass wir uns danach nicht mehr sahen. Neun oder zehn Monate später wurde er Vater. Es war also ziemlich egal, welche Frau sich auf ihn einliess, er wollte einfach Vater werden, um jeden Preis.

„Du hast halt nie Glück gehabt bei Männern”

Meine Freiheit ist mir einfach heilig. Klar, sag niemals nie und so, aber du musst schon ein sehr eigenständiger, selbstbewusster, freiheitsliebender und starker Charakter sein, damit ich mir eine „Zukunft” mit dir vorstellen kann. Und diese Art von Mensch scheint irgendwie Mangelware zu sein. Alle wollen den andern besitzen, ihn einengen, Versprechen und Treueschwüre a lá „Auf immer und ewig”, hören. Versprechen und Schwüre, die niemand wirklich einlösen kann.

Zu späterer Stunde an meinem letzten Geburtstag sagte ein guter Bekannter zu mir: „Ach Annie, du hast halt nie Glück gehabt bei Männern!”

Ich habe nie Glück gehabt bei Männern? Sehe ich anders. Denn ich definiere Glück nicht so wie die Gesellschaft es anscheinend erwartet. Glück beim anderen Geschlecht, würde, laut gesellschaftlicher Definition, bedeuten: eine lange Beziehung, die in der Ehe mündet, mit Haus, Kind, Hund und Kegel. Das alles war aber nie mein Ziel. Auch hat man mir mal gesagt: „So wie du bist, wird dich keiner heiraten und du wirst nie Kinder haben!” Als wäre ein selbst bestimmtes, unabhängiges Leben eine Strafe. Ha! Ich war selbst verlobt und habe bereits zwei Heiratsanträge bekommen, die ich ablehnte. Aber ich bin heute immer noch nicht verheiratet oder habe Kinder, einfach weil ich es so viel.

Mir geht´s gut, vertraut mir!

Und ist mein freies Leben ohne Kind und Ehe wirklich so furchtbar? Hmm ehrlich, dieses ganze Reisen und Ausschlafen und Tun, was auch immer ich will, jederzeit, völlig sorgenfrei, ich weiß gar nicht, wohin mit mir, so „unglücklich” wie ich bin. Menschen assoziieren das Singledasein mit Langweile, Leere und Einsamkeit. Dabei sind so viele Menschen gerade in Ehen und Beziehungen einsam und gelangweilt. Nur, wer würde das schon offen zugeben?

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.” (Vaclav Havel)

Ich habe im Augenblick gelebt. Ich habe Männer geliebt, die jünger waren, älter, anders. Männer, die im ersten Augenblick nichts mit mir gemeinsam hatten, die mich aber zu dem Zeitpunkt sehr glücklich gemacht haben. Ich hatte, bis auf einmal (die Zeit in der ich verlobt war) auch nie wirklich solche Zukunftspläne wie zusammenziehen und all der gleichen. Das habe ich auch immer klar und deutlich kommuniziert. Ja, Frauen wissen sehr wohl, was sie wollen. Ich weiß vor allem, was ich nicht will. Man hat mir nicht immer geglaubt. Wie groß war dann die Enttäuschung, als es nicht „weiter” ging.

Frauen wollen doch immer Beständigkeit, eine sichere Beziehung, etwas aufbauen, oder? Ich persönlich finde, es gibt keine Sicherheit, keine Garantie, auch wenn man zusammen eine Zukunft plant oder sich gemeinsam etwas aufbauen will. Man kann auch glücklich sein, ohne zusammenzuleben oder ein Kind in die Welt zu setzen. Doch muss ja jeder für sich entscheiden, was ihn glücklich macht. Mich macht es glücklich, jedes Gefühl auszuleben. Ob es dann eine Zukunft hat, oder was daraus wird, spielt eine untergeordnete Rolle. Das Gefühl, diese Emotionen, die es freisetzt, die Verbundenheit, die man spürt, das ist mir Geschenk genug. Deshalb habe ich vor, auch in Zukunft jedes Gefühl voll auszukosten, ohne mich bereits mit dem Geliebten in die Zukunft zu phantasieren, um so die Gegenwart zu verpassen. Viele raten mir immer wieder, die Hoffnung nicht verlieren. Moment mal, die Hoffnung? Ich bin doch glücklich, so wie es ist. Und ist nicht der Sinn des Lebens, glücklich zu sein?

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