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Ich will so sein wie du – Warum wir Vorbilder brauchen und selbst welche sind

Im Kindesalter sind unsere Vorbilder meist unsere Eltern und älteren Geschwister, ab der Pubertät dann andere Menschen wie Stars oder erfolgreiche Sportler. Idole und Vorbilder begleiten uns ein Leben lang. Doch warum eigentlich und wie treffen wir die Auswahl der Personen, denen wir nacheifern?

Vom Glitzerschmuck zum Skateboard

Ich wollte schon als Kind immer so sein wie meine Oma. Früher, weil sie immer so toll lackierte Nägel hatte und funkelnden Schmuck trug. Und weil sie mit mir auf den Spielplatz mit der großen Rutsche ging und nicht auf den, der direkt neben unserem Haus war, den mit der kleinen Rutsche. Das reichte damals schon, um mein absolutes Vorbild zu werden. Heute bewundere ich sie, weil sie die stärkste, loyalste und stolzeste Frau ist, die ich kenne. Als ich älter wurde verschwand zwar meine Vorliebe für lackierte Nägel und Glitzerschmuck, meine Oma war aber trotzdem immer noch eine Frau, die ich wahnsinnig bewunderte. Ihr Äußeres war eben nur irgendwann nicht mehr so cool. Stattdessen eiferte ich in diesem Bereich anderen Menschen nach und wollte beispielsweise mit 16 aussehen, wie ein amerikanisches Model, das in der Skaterszene sehr bekannt war. Mein neues Outfit also: Baggypants, schwarz gefärbte Haare, Bandshirts und karierte Vans mit Kirschen drauf. Meine Mutter nannte es eine Phase, ich nannte es cool und meine Oma schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Und obwohl ich mir damals schwor, nie wieder etwas anderen zu tragen, weil das genau mein Stil war, änderte sich irgendwann alles. Natürlich. Plötzlich hatte ich neue Vorbilder, kleidete mich anders, hörte wieder andere Musik und wollte auch keine pinken Haare mehr. Aber warum ist das eigentlich so? Warum faszinieren uns andere Menschen immer wieder so sehr, dass wir gerne so wären wie sie und nach welchen Kriterien suchen wir sie uns aus?

Ich will so sein wie du

Bei mir war es immer so, dass die Menschen, die ich besonders inspirierend fand, recht willkürlich von mir ausgesucht wurden. Ich sah einen Film oder las einen Artikel und auf einmal interessierte mich diese Person und ich recherchierte mehr über sie.

Aber auch unterbewusst nimmt man sich Menschen zum Vorbild, zum Beispiel Freunde. Wenn wir eine Freundin haben, die morgens ohne Probleme aus dem Bett kommt und wir uns selbst jeden morgen erst einmal selbst zwei Stunden mit der Snoozetaste quälen, dann kann, in Bezug auf das Aufstehen, diese Freundin unser Vorbild werden. So passiert das ein Leben lang in verschiedensten Situationen. Als Kind eifern wir unseren Eltern und Geschwistern nach, da sie unsere ersten Bezugspersonen sind. Später beschränken wir uns eher auf einzelne Bereiche unseres Lebens und nehmen uns immer die Menschen zum Vorbild, die es unserer Meinung nach schon geschafft haben.

Dabei kommt sehr schnell die Fragen auf, ob es überhaupt gut ist, immer jemand anderes sein zu wollen und ständig anderen Menschen nachzueifern. Macht uns das nicht depressiv? Und gibt es vielleicht Menschen, die man sich überhaupt nicht zum Vorbild nehmen sollte?

Gute Vorbilder, schlechte Vorbilder

Mir selbst haben damals weder die Vans noch die schwarzen Haare weh getan. Zwar bin ich ein paar mal böse vom Skateboard gefallen aber das trug keine bleibenden Schäden mit sich. Meine Vorbilder waren alle immer harmlos und die meisten sogar gut für mich und die Entwicklung meiner Persönlichkeit. Allerdings kann das auch anders sein. In der heutigen Zeit von Germany’s Next Topmodel, Instagram und Co. können Vorbilder leider auch erheblichen Schaden anrichten. Wir alle bekommen den ganzen Tag nur vorgesetzt, wie perfekt andere Menschen aussehen, wie schlank sie sind, was sie für ein tolles Leben haben und wie erfolgreich sie sind. Diejenigen, die einschätzen können, dass einem das Leben die Möglichkeiten und den Erfolg nicht jeden Tag mit Puderzucker bestreut kredenzt, wissen auch, dass bei den Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, nicht alles nur #goals ist. Und sie nicht schon das Optimum in allen Lebenssituationen erreicht haben.

Gerade für jüngere Menschen, die oft noch auf der Suche nach sich selbst sind, kann die Glitzer-#goals-Mentalität sehr gefährlich sein. Wichtig ist es, sich von seinem Vorbild abzugrenzen und immer vor Augen zu haben, dass man selbst nie so werden kann, wie jemand anderes. Jeder Mensch ist ein Individuum – und das ist auch gut so. Sich jemanden zum Vorbild zu nehmen, ist gut und spornt einen zu neuen Leistungen an, inspiriert einen oder macht Hoffnung. Den Wunsch zu hegen, genauso sein zu wollen wie jemand anderer, ist gefährlich und macht meist nur unglücklich oder sogar krank. Oft genug sieht man in den Medien Menschen, die sich mehrere Male unters Messer legen, nur um ihrem Idol so ähnlich wie möglich zu sehen.

Wie viel Vorbild ist also gut für mich?

Die Psychologin Ilona Bürgel sagte gegenüber der Wirtschaftswoche, dass es wichtig sei, bei der Wahl seiner Vorbilder darauf zu achten, dass man sich realistische Ziele steckt.

„Nicht jeder von uns wird in den Weltraum fliegen. Man muss sich klarmachen, dass es bestimmte Grenzen gibt. Vielleicht sind wir auch nicht bereit, den gleichen Einsatz zu zeigen. Man kann auch als 50-Jähriger noch ein toller Pianist werden, wenn man bereit ist, jeden Tag zu üben. Aber oft sind wir das nicht.”

Es ist gut, sich Ziele zu stecken, wenn diese aber zu hoch sind, frustriert uns das nur und schadet uns eher, als dass es uns anspornt.

Selbst zum Vorbild werden

Ohne es oft zu wissen sind auch wir selbst schon Vorbilder. Sei es nun für kleinere Geschwister, Freunde oder die eigenen Kinder. Wahrscheinlich können sich das viele gar nicht vorstellen, aber unser Verhalten und unsere Lebensweise kann andere inspirieren. Deshalb hat sich ein bestimmter Satz bei mir eingebrannt:

„Be who you needed, when you were younger”

Oder auf Deutsch: Sei die Person, die du selbst gebraucht hättest, als du jünger warst.

Irgendwann kommt man in ein Alter, in dem man nicht nur ausschließlich anderen nacheifert, sondern sich seine Vorbilder in verschiedenen Lebensbereichen mit viel Bedacht aussucht. Sich dabei immer vor Augen zu halten, dass man dabei auch Einfluss auf andere hat, bringt einen vielleicht dazu, noch einmal genau nachzudenken, wie man sein möchte und welches Bild man an andere vermitteln will. Denn unser Handeln hat nicht nur Auswirkungen auf uns selbst.

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