Foto: Screenshot Twitter | Edition F

Warum Frauen gerade nicht gefragt sind

Ein Mediendienst veröffentlicht „10 Köpfe, die in der Corona-Krise gefragt sind“ – ausschließlich Männer. Frauen sind in der Krise mit existenzielleren Fragen beschäftigt. Ein Kommentar

Keine Zeit für Antworten

Döpfner, Rabe, Knop, Thomsen, Wegner, Lindner, Gösmann, Kalka, Hogenkamp, Yogeshwar. Nein, das sind nicht die Namen auf einem neuen coolen T-Shirt. Laut kress.de sind das „Die 10 Köpfe, die in der Corona-Krise gefragt sind“. Frauen sind offenbar nicht gefragt. Warum auch? Sie sind es ja bloß, die das Land am Laufen halten.

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Frauen leisten den überwiegenden Teil der systemrelevanten Arbeit in dieser Krise – und auch sonst. In Krankenhäusern arbeiten 76 Prozent Frauen, im Einzelhandel 72,9 Prozent Frauen, in Kindergärten und Vorschulen 92,0 Prozent.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Atemschutzmasken sind gemacht für Männer, auf Frauengesichtern halten sie nicht so gut.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Daten zeigen, dass Frauen überproportional betroffen sind von Konflikten, Naturkatastrophen – und Pandemien. In Pandemien sterben generell mehr Frauen als Männer.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Die ökonomische Krise durch das Virus betrifft alle, aber besonders schmerzlich ist sie für diejenigen, die sich bislang nur gerade so über Wasser halten können. Frauen verdienen in Deutschland ohnehin schon im Durchschnitt 20 Prozent weniger als Männer. Etwa zwei Drittel des Gender Pay Gap lassen sich damit erklären, dass Frauen häufiger in Teilzeit und in sozialen Berufen mit geringerem Verdienst arbeiten und seltener Chefinnen werden. Die sogenannte bereinigte Lohnlücke bekommen Frauen dem Weltwirtschaftsforum zufolge weltweit zu spüren.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Kaum eine Gruppe trifft der Coronavirus-Ausnahmezustand so hart wie Alleinerziehende – zu 90 Prozent Frauen. Für Alleinerziehende sind die Auswirkungen des Coronavirus und die damit verbundenen Schließungen von Kitas und Schulen mehr als eine Herausforderung. Sie sind existenzbedrohend.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Beratungsstellen rechnen infolge der Corona-Krise mit mehr häuslicher und sexualisierter Gewalt. Das könnte Frauen auch das Leben kosten.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Schwangere können gerade nur unzureichend von Hebammen betreut werden. Hebammen haben nicht genug Schutzkleidung. Mal zu schweigen von den miserablen Arbeitsbedingungen, über die sich Hebammen seit Jahren zu Recht beschweren.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Männer an Maschinen verdienen mehr als Frauen an Menschen.

Aber gefragt sind gerade Männer.

Die Coronakrise legt soziale Ungleichheiten gnadenlos offen und verschärft sie. Warum Frauen gerade nicht gefragt sind? Weil sie zwischen Care-Arbeit, emotionaler Arbeit und systemrelevanter Lohnarbeit keine Zeit für die Antworten haben. Und weil weder die Gesellschaft noch die Politik unsere Antworten hören will – geschweige denn unsere Forderungen (Lohngerechtigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, faire Arbeitsbedingungen in all den Berufen, die noch immer vorwiegend von Frauen ausgeführt werden) umsetzen will.

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So lange Männer immer wieder Männer fragen, wird sich daran auch nichts ändern. So lange vor allem Männer Medien führen, Männer Politik machen, Männer als Experten in den Medien auftreten, wird sich daran nichts ändern. So lange sich vor allem Männer bei Mediendiensten zu Experten küren oder gekürt werden, wird sich daran nichts ändern. So lange Menschen vor allem auf Profile von Männern klicken, wird sich daran nichts ändern. Auch nicht an einer Gesellschaft, die von Männern für Männer gemacht ist und in der Schutzmasken nicht auf die Gesichter von Frauen passen.

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