Ich hatte schon damit gerechnet, dass so ein Baby kein Zuckerschlecken wird. Aber auf die erste Zeit war ich sowas von nicht vorbereitet. Ein ehrlicher Einblick.
Ein ehrlicher Blick auf die Zeit mit einem Säugling
Wenn ich nach einem halben Jahr mit meinem Kind, an die erste Zeit zurückdenke, erinnere ich mich vor allem an: Überforderung, Unsicherheit und viele, viele Tränen. Tränen des Glücks, aber oft auch des Frusts, der Erschöpfung und Enttäuschung. Tränen darüber, dass ich mich so sehr auf den Kleinen gefreut hatte und nun alles so verdammt schwer war. Dass ich einerseits
so unendlich dankbar für meinen gesunden Sohn war, und andererseits kaum
Zeit oder Energie zu haben schien, um mich über unser Glück zu freuen.
Ich hatte psychisch und physisch noch eine ganze Weile an der Geburt zu knabbern. Und den Beckenboden habe ich erst so richtig schätzen gelernt, seit er seinen Geist aufgegeben hat. Vom Rücken gar nicht zu sprechen. Oder den Brustwarzen. Es ist mir schleierhaft, warum etwas, das völlig natürlich sein sollte, von der Natur dennoch so schmerzhaft und frustrierend eingerichtet wurde. Entweder man hat zu wenig Milch und ist enttäuscht, dass das Stillen gar nicht klappt, wie bei einer Freundin. Oder man hat zu viel (so wie ich), sodass einem fast die Brüste explodieren und der Kleine ständig entrüstet protestiert, weil er mit dem Schlucken nicht hinterher kommt (Tipp: Salbeitee hilft beim Runterregulieren).
Das ganze Prozedere dauerte zudem anfangs ewig, pro Brust eine halbe Stunde, und das alle zwei Stunden. Außer Stillen und Wickeln ist da erstmal nicht viel mehr drin. Brusthütchen halfen dem Kleinen ein wenig beim Trinken, gegen die Schmerzen der geschundenen Brustwarzen halfen sie kaum. Einmal war gar das ganze Hütchen voller Blut. Ich konnte den Kleinen zunächst nur anlegen, indem ich mir mit aller Kraft selbst in die Hand biss. Warum, Natur, warum? Haben die Brustwarzen denn nicht genau diese eine Aufgabe, das Kind zu ernähren? Oder so eine Brustentzündung, auch schön.
Gerade die ersten Monate sind nicht einfach
So stellt man sich doch die erste Zeit mit Kind vor – mit Kohl- und Quarkbrüsten auf der Couch liegend. Die Nacht seit vier Uhr morgens vorbei, höchstens eineinhalb Stunden am Stück gedöst, dank stundenlangem Wickeln und Umziehen (wie um Himmels willen kann etwas, das so klein ist, solche Mengen produzieren?!).
Und dann der Kleine, wieso muss er es so schwer haben, in der Welt anzukommen? Koliken, ein Pilz, offene Stellen am Po von der Größe eines Zwei-Euro-Stücks, trotz ständigem Wickeln. Was das große Geschäft angehe, sei alles zwischen zehn Mal täglich und ein Mal in zwei Wochen normal, klärte uns die Hebamme auf. Der kleine Dicke hat diesbezüglich sämtliche Rekorde gebrochen – mit dem Einweichen der Babysachen kamen wir überhaupt nicht mehr hinterher. Auf dem Wickeltisch hat er sich ständig weiter eingepinkelt und gekotet, die dritte Windel konnten wir vielleicht mal anlassen. Wenn der Po so wund ist, tut das natürlich höllisch weh – wir haben meist um die Wette geheult, weil er mir so schrecklich leid tat. Auch nachts war ich, zusätzlich zum Stillen, oft stundenlang mit seiner Verdauung beschäftigt. Und die Bauchschmerzen haben sich natürlich in seiner Laune (und damit in meiner) widergespiegelt.
Dazu die Rückenschmerzen vom Wickeln und Stillen inklusive zwei eingeklemmte Nerven und Hormone, die Achterbahn fahren. Alles zusammen schlaucht enorm, und sagen wir mal so: Spaß ist was anderes – für Eltern und Kind. Auch wenn es natürlich auch die schönen Momente gab: Zum Beispiel wenn wir Haut an Haut kuschelten oder er schließlich milchverschmiert und zufrieden in meinem Arm einschlief. Keine Sekunde hätte ich meinen Sohn wieder hergeben wollen, und meine Liebe zu ihm ist mit nichts vergleichbar. Trotzdem: Die erste Zeit war so viel härter, als ich es mir je hätte vorstellen können.
Irgendwann wird es leichter
Aber dann, nach einigen Wochen, sind die Brustwarzen abgehärtet (oder abgestorben, wer kennt schon den Unterschied), die Milchproduktion spielt sich aufs Baby ein, und das Stillen ist endlich so entspannt und schön, wie es sein soll. Und nach dreieinhalb Monaten verträgt der Dicke urplötzlich die Milch, wodurch sich seine Verdauung reguliert – kein Rumtragen mehr im Fliegergriff, nichts ist mehr wund, dadurch ist der Kleine endlich ausgeglichen und zufrieden. Selbst das Wickeln nachts fällt weg – ich stille nur noch kurz und kann dann gleich wieder einschlafen, wodurch die Nächte so viel erholsamer sind. Die Hormone sind längst wieder im Gleichgewicht, man selbst ist wieder Mensch.
Die Unsicherheit (Was tun? Und wann? Und wie genau?) weicht, wir haben uns kennengelernt. Und wenn man den Haushalt einfach mal liegen lässt, bleibt sogar hier und da wieder etwas Zeit und Energie, um Sport und somit den Rücken wieder stark zu machen.
Das, was man immer wieder von anderen hört – „Ab dem dritten Monat wird‘s besser mit den Bauchschmerzen” – begreift man erst, wenn man es wirklich selbst erlebt. Beim nächsten Kind habe ich dieses Wissen, dass alles zeitlich begrenzt ist und wie schön es danach tatsächlich wird. Dadurch werde ich die Zeit wohl gelassener überstehen können. Denn jetzt weiß ich ja: Es wird wirklich besser.
Dieser Beitrag ist bereits auf Ann-Katrins Blog www.inspiriermich.de erschienen. Wir freuen uns, dass wir ihn auch hier veröffentlichen können.
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